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3. Fehler im Ablehnungsverfahren

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a) Fehler im Ablehnungsverfahren begründen die Revision nur dann, wenn das Ablehnungsgesuch fehlerhaft gem. § 26a Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen worden ist und entweder die das Ablehnungsgesuch verwerfende Entscheidung sich mit den zur Begründung vorgetragenen tatsächlichen Behauptungen überhaupt nicht auseinandergesetzt hat[31] oder aber die Grenzen der Vorschrift des § 26a StPO, die den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) gewährleistet, willkürlich überschritten worden sind.[32] Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der abgelehnte Richter zur Prüfung des Ablehnungsgesuchs sein eigenes Verhalten beurteilen und somit eine Entscheidung „in eigener Sache“ treffen muss.[33] Letzterenfalls muss der Verfahrensfehler auch in solchen Fällen zur Urteilsaufhebung und Zurückverweisung führen, in denen das Ablehnungsgesuch nach Auffassung des Revisionsgerichts in der Sache nicht erfolgreich gewesen wäre.[34]

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b) Ansonsten kann der Umstand, dass das über die Ablehnung beschließende Gericht unzuständig oder nicht ordnungsgemäß besetzt war, die Revision nicht begründen.[35] Das gilt dann nicht, wenn ein zunächst erfolglos abgelehnter Richter an der Entscheidung über ein weiteres Ablehnungsgesuch gegen die das ursprüngliche Ablehnungsgesuch zurückweisenden Richter mitwirkt und der Ablehnungsantrag das im ersten Gesuch beanstandete Verhalten zum Gegenstand hat.[36] Auch darf ein Richter an der Entscheidung über ein Befangenheitsgesuch gegen einen erkennenden Richter nicht mitwirken, wenn in seiner Person die Voraussetzungen für einen Ausschlussgrund gem. § 22 StPO gegeben sind.[37] Die Verwerfung eines in der Hauptverhandlung gestellten Befangenheitsgesuchs als unzulässig (§ 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO) darf nur in der für die Hauptverhandlung vorgeschriebenen Besetzung, also ggf. unter Beteiligung der Schöffen, erfolgen; das gilt auch im Falle der Unterbrechung zur Beratung über die Zulässigkeit des Befangenheitsantrags.[38] Anderenfalls ist der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO gegeben.

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c) In welcher Reihenfolge über mehrere Ablehnungsgesuche zu entscheiden ist, die sich gegen verschiedene Richter eines Spruchkörpers richten, ist nicht eindeutig geklärt.[39] Eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter ist aber nur bei einer willkürlichen Vorgehensweise revisibel.[40]

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d) Wurde es unterlassen, dem Angeklagten bzw. seinem Verteidiger die dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters zur Kenntnis (§ 26 Abs. 3 StPO) bzw. diesem Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, kann der Antragsteller darauf die Revision nicht stützen, wenn er die Möglichkeit hatte, sein Ablehnungsgesuch zu erneuern, nachdem der sein Gesuch zurückweisende Beschluss bekanntgegeben worden ist.[41] Bestand diese Möglichkeit nicht, kann der Ablehnungsberechtigte die Revision auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs stützen.[42] Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt aber nicht darin, dass das Gericht über das Ablehnungsvorbringen keine förmliche Beweisaufnahme durchgeführt hat.[43] Ist es unterblieben, eine dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters einzuholen, obwohl sich der Ablehnende zur Glaubhaftmachung darauf bezogen hat, begründet dies einen – allerdings nur relativen – Verfahrensfehler, weil dem Revisionsgericht eine wesentliche notwendige Entscheidungsgrundlage zur Beurteilung der Verwerfung des Ablehnungsgesuchs fehlt.[44]

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e) Der Verstoß gegen § 29 Abs. 1 StPO, indem ein wegen Befangenheit abgelehnter Richter entgegen dieser Vorschrift vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs an aufschiebbaren Verhandlungen mitgewirkt hatte, kann allein die Revision nicht begründen.[45] Ist die Zurückweisung des Befangenheitsgesuchs zu Unrecht erfolgt, begründet schon dies den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO. In den Fällen, in denen das Befangenheitsgesuch nicht zu Unrecht als unbegründet zurückgewiesen worden ist, kann nach Auffassung des BGH[46] ausgeschlossen werden, dass sich der Verstoß gegen die Wartepflicht des § 29 Abs. 1 StPO zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt habe[47], zumal der Vorsitzende bei der Beurteilung der Unaufschiebbarkeit einen Spielraum habe.[48]

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f) Bei Anwendung des § 29 Abs. 2 S. 1 StPO kann die Überschreitung der dort bestimmten zeitlichen Grenzen mit der Verfahrensrüge beanstandet werden, wenn die Entscheidung einen Ermessensfehler erkennen lässt.[49] Es handelt sich aber nach Auffassung des BGH um einen relativen Revisionsgrund,[50] bei dem es in der Regel ausgeschlossen sein wird, dass das Urteil auf dem Verstoß beruhen kann.[51]

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