Читать книгу Der rote Brunnen - Rita Renate Schönig - Страница 21

Montag / 19:20 Uhr

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„Wo bist du gestern Abend gewesen? Als ich aufwachte warst du nicht hier und auch auf deinem Handy nicht zu erreichen.“

„Du weißt doch, dass ich am Nachmittag starke Kopfschmerzen hatte. Später konnte ich dann nicht mehr schlafen und bin in die Klinik gefahren, um ein wenig zu arbeiten. Mein Handy hatte ich abgestellt.“

„Lüg mich nicht an. Du warst nicht in der Klinik … ich aber. Ich habe dich gesucht.“

„Geht das schon wieder los? Deine ewige Eifersucht ist kaum noch zum Aushalten. Es … gibt … keinen … anderen Mann.“

„Wenn es so wäre, würdest du es mir aber sagen, oder?“

Auch diesen Satz hatte Dr. Claudia Scherer schon so oft von ihrem Ehemann gehört und er ging ihr ebenso auf die Nerven wie das ständige Misstrauen. Anfangs war sie geschmeichelt, wenn Jochen Zweifel an ihren Gefühlen hegte. Immerhin war der Altersunterschied zwischen ihnen enorm und alle Bekannten und Freunde, sowie auch ihre Eltern schüttelten den Kopf, als sie ihnen eröffnete, den viele Jahre älteren Arzt heiraten zu wollen.

Aufgewachsen in einem behüteten, liebevollen und kultivierten Elternhaus – ihre Mutter war Professorin für Biochemie an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz und ihr Vater Professor der Physik und Mathematik an selbiger Lehrstätte – verspürte sie ab und an den Drang, aus dieser heilen Welt ausbrechen zu wollen.

Er, Professor Dr. Jochen Rössner, ehemaliger Frauenarzt und Psychiater, seit 2000 Leiter der psychiatrischen Klinik in Hofheim, gab ihr die Chance dazu. Und, sie liebte ihn … diesen 1 Meter 82 großen, gut aussehenden Mann mit dem markanten Gesicht und den welligen, bereits ins Weiß tendierenden schulterlangen Haaren. Zumindest hielt sie es für Liebe.

Hinzu kam seine dunkle Vergangenheit, die sie faszinierte und die er ihr nicht vorenthielt. Sie hatte sogar den Eindruck, dass er ihr gegenüber damit kokettierte.

„Also, wo warst du wirklich?“, klang leise seine Stimme nun dicht an ihrem Ohr.

Sie wusste, was er jetzt erwartete und es machte ihr nichts aus. Auch wenn es keine Liebe mehr war – so war da noch immer dieser besondere Reiz, dem sie sich nicht entziehen konnte – nicht wollte.

Auch mit seinen mittlerweile 54 Jahren war Jochen noch immer sehr attraktiv, trieb regelmäßig Sport und legte auch sonst viel Wert auf sein Äußeres. Manch eine Frau würde ihn mit Kusshand nehmen; das wusste Claudia. Und das war der springende Punkt. Er gehörte ihr … ihr ganz allein, und daran würde sich auch niemals etwas ändern; trotzdem auch er sie belogen hatte. Dafür würde sie ihn büßen lassen – wenn auch nicht in der Art wie alle anderen.

„Ich bin nur ein bisschen herumgefahren. Dabei habe ich wohl die Zeit vergessen. Ich weiß nur“, drehte sie jetzt den Spieß um, „als ich nach Hause kam, warst du nicht hier. Also, wo warst du?“

„Wie gesagt … ich habe dich gesucht und bin, genau wie du … herumgefahren. Ich musste den Kopf freibekommen. Der Lambrecht machte gestern mächtigen Rabatz. Es ging sogar so weit, dass ich ihn in den Kriseninterventionsraum bringen lassen musste. Ich kann mir sein Verhalten nicht erklären. Auch darüber wollte ich mit dir reden.“

Von dem Medizinfläschchen, das der Pfleger ihm gegeben hatte, sagte er nichts … vorläufig.

„Ich war heute den ganzen Tag in der Klinik“, unterbrach Claudia. „Du hättest einfach zu mir kommen können.“

„Wollte ich ja. Dann sah ich Philipp Keilmann in dein Behandlungszimmer huschen … mal wieder. Warum hängt der hier noch herum? Er wurde doch als geheilt entlassen. Also, was will er noch von dir?“

Der rote Brunnen

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