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3.2.5. Der Vertrag von Dayton (seit 1995)
ОглавлениеDas jüngste Kind aus der politischen Requisitenkammer von Länderteilungen ist die sogenannte „weiche Teilung“ Bosnien-Herzegowinas durch das Abkommen von Dayton 1995. Diesem Vertrag vorausgegangen ist ein blutiger, vier Jahre dauernder Konflikt zwischen drei Volksgruppen im Zuge der Auflösung Jugoslawiens. Bis 1990 war Bosnien-Herzegowina ein „Jugoslawien im kleinen“, in dem Serben, Kroaten und moslemische Bosniaken ohne Gebietsabgrenzung miteinander gelebt, geliebt, geheiratet und Kinder bekommen haben.
Dies hätte auch so weiter gehen können, hätten sich im Zuge dieser Auflösung die Serben nicht als Sachwalter des untergehenden „großen“ Jugoslawiens verstanden und somit sämtlich Versuche einer Staatsbildung durch die beiden anderen Volksgruppen zu hintertreiben versucht. Die Einmischung Kroatiens auf Seiten der bosnischen Kroaten und Serbiens auf Seiten der bosnischen Serben ließ die muslimischen Bosniaken in der Mitte als Opfer zurück. Sie hatten die Sympathie der Europäer und auch der Türkei, die aber zu jenem Zeitpunkt noch nicht die militärischen und politischen Mittel hatten, wirksam einzugreifen. Auch die Institutionen der EU waren zu jenem Zeitpunkt mit der Situation an ihrer Grenze überfordert.
Dieser Konflikt wäre möglicherweise noch viele Jahre so weiter gegangen, wären die USA nicht an die Seite der Europäer getreten und hätten die Kontrahenten mit mehr oder weniger energischem Druck an den Verhandlungstisch gezwungen. Die Quadratur des Kreises bestand letztlich darin, einen Staat, der aus zwei Ländern besteht, zu schaffen. Und so kam es letztlich auch. Bosnien-Herzegowina besteht also aus der Republika Srpska für die Serben und aus der Föderation Bosnien und Herzegowina für die Kroaten und moslemischen Bosniaken.
Voraussetzung, dass solch ein Staatsgebilde funktioniert, ist die klare Abgrenzung der Zuständigkeiten nach politischen Sachgebieten. Bundesangelegenheiten sind hier Außenpolitik, Geldpolitik, Außenwirtschaftsbeziehungen, Verteidigung, Zoll, indirekte Steuern, Verfolgung und Aburteilung von Kriegsverbrechern und Bekämpfung der Schwerkriminalität. Alles andere fällt in die Zuständigkeit der beiden Entitäten.
Ein Sonderfall ist der Distrikt Brčko, das West-Berlin Bosniens. Es ist sowohl der Korridor zwischen den östliche und den westlichen Gebieten der Republika Srpska als auch der Korridor zwischen der Föderation und dem kroatischen Slawonien.
Bosnien-Herzegowina ist Mitglied der CEFTA und offizieller Beitrittskandidat zur EU. Der bisherige Verbleib von Staaten in der CEFTA bis zur Erlangung der Beitrittsreife und der Vollmitgliedschaft in der EU betrug 8-12 Jahre. Demzufolge werden alle Balkanstaaten, so auch das geteilte Bosnien-Herzegowina in seiner Gesamtheit, spätestens 2019 Vollmitglied der EU sein. Und spätestens dann wird die Art der inneren Verfasstheit in größerem Kontext auch keine politisch beherrschende Rolle mehr spielen. Die Teilung zum Zwecke der Befriedung hätte also auch hier ihre Aufgabe erfüllt.