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4.1.5. Rückschritt durch erzwungenen „Fortschritt“

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Fortschritt ist kein objektiv messbarer Begriff. Fortschritt kann für einen Rennfahrer etwas ganz anderes bedeuten als für einen Veganer. Das einzige, was mit Sicherheit über den Fortschritt gesagt werden kann, ist, dass er das Resultat eines persönlichen oder kollektiven Lernprozesses ist. Eben deshalb haben indigene außereuropäische Völker, bei denen im Hinblick auf kollektive Lernprozesse zuvor Jahrhunderte langer Stillstand geherrscht hatte, die Ankunft der sich stets weiter entwickelnden Europäer meist nicht lange überlebt.

Daraus folgt, dass Fortschritt so lange entbehrlich ist, wie eine Gemeinschaft Subsistenz ohne ständigen Kontakt zur Außenwelt betreibt. Fällt eine dieser beiden Bedingungen weg, werden kollektive Lernprozesse und Weiterentwicklungen zwingend.

Subsidiarität im politischem Kontext bezeichnet ein Regelwerk, das für sich in Anspruch nimmt, alle gesellschaftlichen Fragen auf der Ebene der Kleingruppe (Stamm/Sippe) ohne das Erfordernis einer Herleitung irgendwelcher Legitimität, final regeln zu können. Diese Form der Subsidiarität verhindert, übergeordneten Entitäten, wie zum Beispiel dem Staat, irgendwelche Form von Legitimität zuzusprechen.

Sie wirkt also in engerem Sinne staatsverhindernd, was einer der wichtigsten Gründe dafür ist, dass die meisten afrikanischen Staaten in einem tribalistischen Umfeld funktionsunfähig und damit bitterarm sind. Seit 1960 sind dort sämtliche Versuche, durch technischen, sozialen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Fortschritt die Dinge zum besseren zu wenden, genau aufgrund dieser Strukturen wieder und wieder gescheitert.

Letztlich haben diese Versuche die Dinge zum schlechteren gewendet. Sie haben, vor allem im landwirtschaftlichen Bereich, aber nicht nur dort, alte Strukturen zerschlagen ohne eigenständig funktionsfähige neue Strukturen zu schaffen und somit die wirtschaftliche Abhängigkeit Afrikas nach der Entkolonialisierung noch verstärkt. Dass die Afrikaner unseren gängigen Fortschrittsbegriff, der sich für sie eher wie ein Rückschritt angefühlt hat, als blanken Hohn empfinden, darf da nicht weiter verwundern.

Die Aufgabe, eine Form von Fortschritt nach Afrika zu bringen, die von den Afrikanern auch als echter Fortschritt empfunden wird, bleibt auch für die Zukunft eine Daueraufgabe für die Europäische Union. Wie diese zu bewältigen ist, wird in Abschnitt 12.2 diskutiert werden.

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