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4.1.1.1 Frühlatein

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Die erste Phase der lateinischen Sprachgeschichte wird meistens als ‚Frühlatein‘160 bezeichnet und umfaßt die Zeit von den ersten schriftlichen Zeugnissen bis zum Beginn der literarischen Textproduktion, woraus sich eine Datierung vom ca. 7./6. Jh. – 240 v. Chr. ergibt. Voraussetzung für die Verschriftung des Lateins war die Übernahme der Alphabetschrift von den Etruskern, deren Schriftsystem wiederum auf ein westgriechisches zurückgeht, nämlich das euböisch-chalkidische (cf. Aigner-Foresti 2003:18; Haarmann 2004:66). Die Übernahme des etruskischen Alphabets durch die Römer und dessen Weiterentwicklung auch unter direktem griechischen Einfluß (cf. Brekle 1994:185) zu einem eigenen lateinischen Alphabet, welches der zu verschriftenden Sprache möglichst gerecht wird, ist dabei eine kaum zu unterschätzende Kulturleistung für die westliche Welt, wenn man aus einer ex post-Perspektive die heutige Verbreitung dieser Alphabetschrift und die damit geschaffene Literatur und ihre Verwendung bei Gebrauchstexten betrachtet.

Die ersten Inschriften sind oft in scriptio continua, links- oder rechtsläufig, verfaßt – manche auch boustrophedon – und zeugen von einer Entstehungsphase vor der orthographischen Normierung, d.h. z.B. Verwendung von Buchstaben wie z oder k und Schriftzeichen, die eher als griechisch oder etruskisch zu klassifizieren sind (cf. Poccetti/Poli/Santini 2005:191–192; Brekle 1994:185). Zu den wichtigsten frühen Dokumenten in lateinischer Sprache werden mit stark schwankender Datierung üblicherweise die folgenden gerechnet: die Manios-Spange (Fibula Praenestina, 7. Jh. v. Chr.),161 die Duenos-Inschrift (2. Viertel 6. Jh. v. Chr.) auf einem Drillingsgefäß, der Lapis Satricanus (6. Jh. v. Chr.), die Altarbasis von Tibur (6. Jh. v. Chr.), die Madonetta von Lavinium (Bronzeplatte, 6. Jh. v. Chr.), das Gefäß von Ardea (2. Hälfte 6. Jh. v. Chr.), der Lapis Niger (ca. 1. Viertel 6. Jh. v. Chr.),162 die Cista Ficoroni (cista aus Bronze, 315 v. Chr.) und das Scipionenelogium (Grabinschrift der Scipionen, Ende 3. Jh. v. Chr.) (Schmidt 1996:3; Meiser 2010:2–9, § 2–5).163

Ein wichtiges, aber nicht unproblematisches Zeugnis des Frühlateins ist das Zwölftafelgesetz (Leges duodecim tabularum), der erste längere zusammenhängende Text des Lateinischen. Ursprünglich auf Bronzetafeln festgehalten, die auf der Rednerbühne (rostra) vor dem Senatsgebäude (curia) am Forum Romanum aufgestellt waren, wurden sie womöglich im Zuge der Gallierkatastrophe (dies ater von 387 o. 390 v. Chr.) zerstört. Die uns überlieferten Textpassagen (Paraphrase oder Zitat), wie sie beispielsweise in Werken Ciceros (Marcus Tullius Cicero, 106–43 v. Chr.; De re publica, De legibus) und anderen Autoren zu finden sind, wurden partiell „modernisiert“, d.h. dem jeweiligen Sprachstand angepaßt, wodurch sie als Referenz für die Frühzeit nur eingeschränkten Wert haben (cf. Palmer 1990:67; Steinbauer 2003:511).

Ebenfalls nur indirekt überliefert sind die rituellen Gesänge der carmina salinaria und des carmen arvale. Letzteres ist ein altes Kultlied, welches die Priesterkooperation der fratres Arvales zu Ehren des Kultes der Dea Dia am 2. Festtag sang bzw. aufführte (Tanz mit Dreischritt). Überliefert ist es dank des Brauches der Bruderschaft (12 Mitglieder), Acta zu führen, so daß es in einer Inschrift auf Marmor aus dem Jahre 218 v. Chr. erhalten ist, die wahrscheinlich aber eine Kopie einer älteren Vorlage darstellt; die Sprache ist so archaisch, daß sie in historischer Zeit bereits nicht mehr verstanden wurde (cf. Kleiner Pauly IV:1511). In gleicher Weise unverständlich, auch den Priestern selbst, waren die carmina salinaria (cf. Quintilian, Inst. orat. I, 6, 40; 2001 I:180), die von den salii zu Ehren des Mars und Quirinus gesungen wurden und nur in verschiedenen späteren Fragmenten erhalten sind (cf. z.B. Varro, De ling. lat. VII, 26, 27; 1958 I:292–294).164

Das für uns in Dokumenten faßbare Latein der Frühzeit und die Umstände seiner Entstehung sind vor dem Hintergrund der kulturellen Vielfalt und des Austausches innerhalb der italienischen Halbinsel bzw. kleinräumiger gesehen am Unterlauf des Tibers zu betrachten. Hier entsteht eine pluriethnische Gesellschaft, bestehend aus zu dieser Zeit autochthonen Elementen wie der faliskischen Kultur, der sabinischen, etruskischen und schließlich der latinischen sowie aus kolonialen wie der griechischen und phönizischen Kultur. In diesem Umfeld entsteht und formt sich die lateinische Sprache im Sprachkontakt mit ihren Nachbarn, bevor sie sich zur koiné Italiens und der westlichen Welt entwickelt:

Die ‚Herausbildung‘ des Lateins der Stadt Rom (so wie parallel dazu der verschiedenen lokalen Varietäten des Lateins außerhalb Roms) schon in archaischer Zeit ist daher das Ergebnis eines sprachlich-kulturellen Pluralismus […]. (Poccetti/Poli/Santini 2005:65)

Diese Durchdringung der einzelnen Kultur- und Sprachgemeinschaften zeigt sich beispielsweise daran, daß man sowohl etruskische Inschriften auf latinischem Gebiet gefunden hat (in Roma, Praeneste, Satricum), als auch lateinische (Tita Vendia-Vase in Caere) und altitalische (Setums-Krater in Tolfa) auf etruskischem Territorium sowie griechische (Gabii) und phönizische (Caere-Pyrgi) in beiden Regionen.165 Weitere Indizien für die Kohabitation der Kulturen sind z.B. die etruskische tessera hospitalis aus Rom (6. Jh. v. Chr.) sowie im Bereich der Anthroponomastik die sabinischen und etruskischen Namen (sab. Titus Tatius, Numa Pompilius; etrusk. Tarquinius, Servius Tullius) der stadtrömischen Geschichte (cf. Poccetti/Poli/Santini 2005:64–68). Die wie Meier-Brügger (2002:32, E426) es formuliert „kulturelle Koine“ unter Beteiligung der Etrusker, Latiner, Falisker und Sabeller ist dadurch charakterisiert, daß es sich um plurilinguale Gesellschaften handelt, Mehrsprachigkeit war also der Normalfall und nicht die Ausnahme.166

Poccetti/Poli/Santini (2005:66) gehen demgemäß davon aus, daß in Rom sowohl eine sabinische167 Varietät gesprochen wurde als auch eine etruskische Varietät. Dies ist vor dem Hintergrund der „Homogenisierung“ der wichtigsten Sprachräume Mittelitaliens zu sehen (mit entsprechenden Konvergenzen), dem des Etruskischen, dem des Latinischen und dem des Sabinischen (Oskischen) sowie in Zusammenhang mit den damit verbundenen gemeinsamen Akkulturationsprozessen, wie z.B. der Alphabetisierung (ibid.:76).

Dabei besteht insofern ein wichtiger Unterschied zwischen den beteiligten Kontaktsprachen, als aufgrund der engen Verwandtschaft die gegenseitigen Interferenzen zwischen dem Sabinischen und Lateinischen recht groß waren und im Zuge der Expansion des Lateinischen das Sabinische wie auch das Faliskische Teil des lateinischen Diasystems wurden. Die sich herausbildende Standardsprache selegiert dabei aus allen Varietäten dieses erweiterten Sprachsystems. Das Etruskische hingegen, dessen Andersartigkeit auch im Sprachbewußtsein der Latiner verankert war, hatte in Rom noch längere Zeit den Status einer wichtigen Prestigesprache bis ins 4. Jh. v. Chr., dokumentiert bei Livius (IX, 36), der davon berichtet, daß der Nachwuchs der Oberschicht in den etruskischen litterae unterwiesen wird (cf. Poccetti/Poli/Santini 2005:67).

Versucht man die Sprachsituation im Rom der Frühzeit im Lichte des sozio-linguistischen Modells von Ferguson (1959) und Fishman (1967) zu erfassen, so ergeben sich mehrere low-varieties mit dem wohl mehrheitlich verwendeten Latein sowie weiteren italischen Sprachen (Faliskisch, Sabinisch bevor sie vom Latein absorbiert wurden) und einem „umgangssprachlichen Etruskisch“, während auf der Seite der high-varieties wohl vor allem zwei Sprachen zu verorten sind, nämlich Etruskisch als lokale Distanzsprache in Etrurien sowie Griechisch als quasi omnipräsente Adstratsprache und Distanzsprache von „internationaler“ Reichweite mit einem übergeordneten Prestige. Hinzu kommt nun an dieser Bruchstelle der Sprachgeschichte das nun nach und nach verschriftete Latein, welches sich aber wohl letztlich erst mit Beginn der literarischen Periode (Altlatein) und einer konzeptionell elaborierten Verschriftlichung den Status einer vollgültigen Distanz- und Prestigesprache erarbeiten kann.

Betrachtet man nun die Frage nach dem Ausbaugrad des Lateins im Zuge der Konzeption von Kloss (1978, 1987), so ist zu konstatieren, daß sich das Latein, was die Schriftlichkeit anbelangt, zunächst nur in wenigen Diskurstraditionen bewegt, dort aber bereits einen beachtlichen Grad an sprachlicher Elaboriertheit aufweist. Steinbauer (1996:510–511), der das komplexe Bedingungssatzgefüge der Duenos-Inschrift analysiert,168 charakterisiert diese Tatsache sogar als „verblüffend“ und erklärt den scheinbar ebenfalls ex nihilo entstandenen komplexen juristischen Text des Zwölftafelgesetzes aus einer „vorhistorischen“ Fähigkeit,169 derartige Rechtsinhalte adäquat auszudrücken.

Bei genauerer Betrachtung läßt sich jedoch relativ klar nachzeichnen, daß die ersten Schriftprodukte des Lateinischen im Rahmen von verschiedenen bereits etablierten Diskurstraditionen entstanden sind, es sich dabei jedoch um eine Verschiebung der Sprache und/oder von der Mündlichkeit zur konzeptionellen Schriftlichkeit vollzogen hat.

Die wichtigsten Diskurstraditionen werden dabei von der im östlichen Mittelmeer und Vorderen Orient dominierenden griechischen Kultur übernommen, und zwar bereits vor der Zeit des Hellenismus, in der griechische Staaten politische Großmächte wurden. Es scheint wohl kein Zufall, daß der Beginn der griechischen Kolonisation (ab ca. 750 v. Chr.) mit dem Beginn der Schriftlichkeit in Italien zusammenfällt, denn der daraus entstehende Kultur- und Sprachkontakt ist in dieser Hinsicht entscheidend. Im Bewußtsein der Römer sind die Griechen nicht nur Nachbarn in der Magna Graecia (Μεγάλη ʾΕλλάς),170 sondern übergeordnete Referenzkultur mit dem Zentrum in Griechenland selbst; aber auch die Griechen selbst vereinnahmen Rom als πόλις ʾΕλληνίς (Herakleides Pontikos, Fr. 102) und sehen die Völker Italiens als Teil ihres Kosmos.

Die Übernahme von Diskurstraditionen durch die Römer bzw. Latiner sei dabei zunächst anhand von zwei Beispielen der frühesten Schriftlichkeit illustriert: So zeitigt ein Tonkrug (Ende 7. Jh. v. Chr.) aus der latinischen Stadt Gabii die lateinische Inschrift salvetod Tita (‚zum Wohl/auf das Wohl von Tita‘), was im Zuge eines convivium wohl als an eine Frau gerichtetes Hochzeitsgeschenk zu interpretieren ist. Der Brauch des wohlmeinenden Grußes auf einem Trinkgefäß ist auch durch ähnliche griechische Funde in Lavinium und Rom dokumentiert, wobei die Aufschrift hier χαῖρε (‚seid gegrüßt‘) lautet. Auch wenn hier die Diskurstradition in ihrer konkreten sprachlichen Realisierung nur aus ein bis zwei Lexemen besteht, ist sie doch als eine solche anzusehen, da hier eine gewisse nicht zufällige Formelhaftigkeit im Sinne einer Wiedergebrauchsrede dokumentiert ist.

Auch im Text der Inschrift des Duenos-Gefäßes, eines der ältesten Dokumente des Lateinischen, finden sich sprachliche Elemente, die auf eine griechische Vorlage deuten, und zwar gemahnt einerseits das duenos (lat. bonus) an die griechische Formel171 καλός καὶ ἀγαθός und die Zweigliedrigkeit der Konstruktion mit duenos …duenoi entspricht Verschriftungen auf griechischen Gefäßen mit καλός …καλῷ, und andererseits ist auch die Schlußformel ne med malos tatod an eine ähnliche apotropäische bei griechischen Funden angelehnt (zu den Exempla cf. Poccetti/Poli/Santini 2005:97–98).

Bezüglich des ersten längeren und bereits elaborierten Text, des Zwölftafelgesetzes, verweist die römische Tradition der Entstehung selbst explizit darauf, daß man sich bei der Konzeption von Gesetzestexten verschiedener griechischer poleis hat inspirieren lassen, insbesondere von denen Solons in Athen, zu welchem Zweck vom Senat eine Zehnmännerkollegium (decemviri) ausgesandt wurde. Auch sprachlicher Einfluß wie die lexikalischen Entlehnungen dolus (δόλος) oder poena (ποινή) sowie syntaktische Übereinstimmungen dokumentieren das diskurstraditionelle Vorbildmodell im griechischen Kulturraum.

Da es sich bei den genannten Beispielen, auch denen aus den frühen Inschriften, keinesfalls um zufällige sprachliche Übereinstimmungen handelt, sondern um tragende Versprachlichungsstrategien bestimmter Kommunikationsformen (cf. die Exempla supra), ist es hier durchaus legitim, von der Übernahme von Diskurstraditionen zu sprechen. Der dafür notwendige Kultur- und Sprachkontakt im Sinne einer Prämisse für die Tradierung von Diskurstraditionen läßt sich insofern belegen, als das Griechische nicht nur an sich früher verschriftet (und verschriftlicht) wurde, sondern auch in Latium die griechischen Schriftzeugnisse vor den lateinischen nachweisbar sind, so z.B. in Gabii (1. Hälfte 8. Jh. v. Chr.) und auch in Rom selbst (7. Jh. v. Chr.), aber auch rein sprachlich gesehen an den Gräzismen, die schon in der ersten lateinischen Dokumenten auftreten (cf. Poccetti/Poli/Santini 2005:98–99).172

Ein anderer Entstehungsstrang der frühen lateinischen Zeugnisse ist auf italische bzw. italisch-etruskische Diskurstraditionen zurückzuführen. Für den Bereich des Rechts, der erstmals in den genannten 12 leges seinen Niederschlag fand, ist eine von Rechtsformeln- und -verfahren bestimmte mündliche Diskurstradition zu konstatieren, die lateinischen bzw. italischen Ursprung hat. Dies ist u.a. an der Etymologie und Verwendungsweise einzelner Fachtermini ersichtlich. Das mündliche Element der lateinischen Rechtsprechung schwingt in Lexemen und Ausdrücken wie ius dicere, testamentum nuncupare, provocatio, appellatio oder advocatus mit sowie in solchen, die die Gestik zum Gegenstand haben, wie z.B. manu missio. Diese „versteckte“ Mündlichkeit läßt auf eine Rechtstradition mit festgelegten Verfahren und sprachlichen Formeln schließen, die bereits vor der Schriftlichkeit existiert haben, dann aber in den Verschriftlichungsprozeß miteingeflossen sind (cf. Poccetti/Poli/Santini 2005:205–206).

Eine weitere Art der diskurstraditionellen origo der lateinischen Schriftlichkeit ist im religiös-rituellen Bereich der italischen Kultur zu verorten, und zwar im carmen. Diese Art des Gebets besteht üblicherweise aus einem rezitativ-rhythmischen Gesang, der mit einer Prozession oder Tanzdarbietung einhergeht. Auch hier liegen die Wurzeln in der Mündlichkeit, wobei hier von einer „distanzsprachlichen, elaborierten Mündlichkeit“ (Koch/Oesterreicher 1985:31) auszugehen ist,173 die einerseits fortgeführt wird, andererseits aber auch der schriftlichen Fixierung unterliegen kann (cf. carmen Arvale, carmina salinaria, carmen von Livius Andronicus an Iuno regina, v. infra) (cf. Gärtner 1990:101; Poccetti/Poli/Santini 2005:215–217).174

Ebenfalls im religiösen Bereich anzusiedeln ist der im etruskischen, samnitischen und römischen Umfeld anzutreffende Brauch der libri lintei (nicht erhalten), listenartige Zusammenstellungen der Amtspersonen sowie weitere kurze Ausführungen, die die Grundlage der späteren Annalistik bildeten. Die tabulae Iguvinae (6.–1. Jh. v. Chr.)175 enthalten Sühne- und Reinigungsformeln, stehen also auch in einem Kontext einer etruskisch-italischen Diskurstradition bezüglich religiöser, ritualisierter Texte, die zunächst mündlich (z.B. pompa funebris), später schriftlich konzeptionalisiert wurden (zu den Exempla cf. Poccetti/Poli/Santini 2005:219; Albrecht 2012 I:314–315).176

Resümiert man nun noch einmal die Frage nach dem Ausbau des Frühlateins, so ist festzustellen, daß die ersten Zeugnisse zum einen nur bestimmte Bereiche mit spezifischen Textsorten abdecken (Jus: Gesetztestexte; Religion: Weihegeschenke, Grabinschriften, Kultlieder), andererseits dort aber partiell bereits einen gewissen Grad an Elaboriertheit erreicht haben, der sich auf der Übernahme von schon vorhandenen Diskurstraditionen gründet, und zwar mündlichen wie schriftlichen, etruskisch-italischen und auch griechischen.

Charakteristisch für die Frühzeit ist also parallel zu den Prozessen die Koch/Oesterreicher (2011:136) in Anlehnung an Kloss für die romanischen Sprachen herausgearbeitet haben, die Erarbeitung erster Distanzdiskurstraditionen im Rahmen eines extensiven Ausbaus der Sprache und dem damit verbundenen intensiven Ausbau, d.h. der Erweiterung der Ausdrucksmittel. Bezüglich des Ausbaugrades ist zunächst noch von einem insgesamt eher niedrigen auszugehen, auch wenn bereits gewisse Ansätze sprachlicher Elaboriertheit in bestimmten Kontexten auftreten. In Anlehnung an die bei Krefeld (1988:749–750) beschriebene „Vorausbaustufe“ und die bei Kloss (1987:304) für die deutschen Varietäten beschriebenen Phasen muß man das Lateinische dieser Epoche entsprechend der Art der auftretenden Schriftlichkeit zwischen zunächst Vorausbau und dann erster Ausbauphase situieren.

Das Verständnis von Vulgärlatein in der Frühen Neuzeit vor dem Hintergrund der questione della lingua

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