Читать книгу Evolution 5.0 - Roy O'Finnigan - Страница 13
Оглавление1 Annäherung
Rob kommt schnell dahinter, dass Vilca einen neuen Tanzpartner hat. Er selbst hatte das auch versucht, gab aber bereits nach ein paar Wochen wieder auf. Ihm fehlt es an Talent und Ausdauer, um regelmäßig mit ihr diesen Sport zu betreiben. Bisher machte er sich über Vilcas Tanzpartner keine großen Gedanken. Bei Sam spürt er, dass etwas anders ist.
Rob ist nicht der Typ, der lange wartet. Kurzerhand stellt er Sam auf dem Uni-Campus zur Rede. Seinem Charakter entsprechend sucht er sich einen passenden Moment, um Sam vor Vilca bloßzustellen. Mit möglichst vielen Zeugen. Einen friedlicheren Ort hätte er sich dafür nicht aussuchen können: Auf der kleinen Wiese stehen Liegen und Bänke im Schatten der alten Linden.
Eine der Liegen ist von Sam belegt. Er geht seiner Lieblingsbeschäftigung nach. Wie immer ist er darin so versunken, dass er Rob und sein Gefolge erst bemerkt, als der ihn anspricht.
»Sehr mutig von dir, dich auf meine Liege zu legen«, raunzt dieser ihn an.
Sam lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen. »Deine Liege? Wo steht das? Gehört wohl eher der Uni.«
Rob baut sich breitbeinig vor Sam auf und verschränkt die Arme.
»Du verstehst wohl nicht, wie das hier läuft. Da du neu bist, erkläre ich es dir. Aber nur einmal. Also sperr deine Indianerohren auf und pass auf.«
Zwischendurch muss selbst jemand wie Rob Luft holen. Geduldig wartet Sam ab. Er ahnt, was kommen wird.
«Das hier ist mein Stammplatz und die anderen Sitzgelegenheiten sind für meine Freunde reserviert.«
Sam wirft einen kurzen Blick auf Vilca. Die bemerkt das und schaut zur Seite. Das nimmt er ihr nicht übel. Sie sind lediglich Tanzpartner. Mit wem sie befreundet ist, geht ihn nichts an.
»Kein Grund, mit mir zu streiten. Es gibt freie Plätze für uns alle. Niemand macht dir etwas streitig.«
»Ich glaube, du hast noch immer nicht verstanden. Für Primitivlinge wie dich gibt es hier keinen Platz. Also verschwinde.«
Sam weiß, dass es keinen Sinn hat nachzugeben. Typen wie Rob geben keine Ruhe, bis man ihnen ihre Grenzen aufzeigt. Obwohl der Campus lückenlos von Kameras und Drohnen überwacht wird, beschließt er das sofort zu erledigen. Was immer die Konsequenzen sind, alles ist besser als sich auf Dauer von ihm belästigen zu lassen.
»Ich denke nicht daran. Ich habe die gleichen Rechte wie jeder andere hier.«
Mehr braucht es nicht um Rob zu provozieren. Mit einem Knurren stürzt er sich auf Sam und versucht ihn von der Liege zu reißen. Doch Sam hat Erfahrung mit solchen Typen. Er rechnete mit einem Angriff: Blitzschnell rollt er sich seitlich von der Liege so, dass die Attacke ins Leere geht.
Von seinem eigenen Schwung getragen stürzt Vilcas Freund nach vorne auf die Pritsche. Nur mit Mühe kann er sich rechtzeitig abstützen. Ungeschickt stößt er mit dem Schienbein gegen die Kante. Der tollpatschige Angriff verbunden mit einem ‚Aua' entlockt seiner Gefolgschaft herzhaftes Gelächter.
Das stachelt Rob erst recht an. Er verzerrt sein Gesicht zu einer Fratze und geht mit Schlägen und Fußtritten auf den Kalifornier los. Der verteidigt sich eine Zeitlang, aber Vilcas Freund ist ein erfahrener Kampfsportler. Schließlich landet er einen Treffer an Sams Schläfe, der ihn zu Boden schickt. Obwohl der Kalifornier bewegungslos liegen bleibt, gibt ihm Rob noch einen Tritt in die Rippen. Als er zu einem weiteren Kick ausholt, packt ihn Vilca am Arm und reißt ihn zurück.
Es kommt immer wieder vor, dass sich Jungs wegen Vilca prügeln. Schon früh hatte sie es sich zur Regel gemacht, sich rauszuhalten. Für die groben Sachen hat sie ja Rob. Aber sie kann nicht zusehen, wie jemand, der wehrlos am Boden liegt, getreten wird. Noch dazu bei einem Jungen, der ihr etwas bedeutet.
»Hör auf, Rob«, beschwört sie ihn. »Du siehst doch, dass er bewusstlos ist und sich nicht wehren kann. Was soll denn das? Das hast du doch gar nicht nötig«.
Rob ist in Fahrt und verwaltet einen gehörigen Überschuss an Testosteron.
»Von dir lasse ich mir gar nichts vorschreiben«, schreit er und versucht ihr den Arm auf den Rücken zu drehen.
Mit der Anwendung seiner Judotechnik unterschätzt er seine Freundin. Diese befreit sich mit einer eleganten Drehung aus seinem Griff und kontert. Per meisterhaft ausgeführten Armhebel wirft sie ihn zu Boden. Obwohl der Grasboden den Sturz abfedert, bleibt er benommen liegen.
Vilca beugt sich über Sam, der gerade wieder zu Bewusstsein kommt.
»Ahh«, stöhnt er«, und greift sich an den Kopf. Dann sieht er Rob am Boden liegen. »Oh, wer hat den denn flach gelegt«?
Vilca sieht ihn besorgt an. »Bist du okay?«
Sam blinzelt. »Ich denke schon. Allerdings dröhnt mir der Schädel«.
»Kein Wunder«, stellt sie trocken fest. »Wenn du vorhast, dich weiterhin mit solchen Typen zu prügeln, solltest du besser vorher üben. Ich kann dir Lo Hoon Kwoons Dojo wärmstens empfehlen.«
Mittlerweile kommt der Sicherheitsdienst der Universität angelaufen. Der Trupp besteht aus einem Anführer in schwarzer, polizeiähnlicher Uniform und drei kräftig gebauten, humanoiden Robotern, die nicht so aussehen, als ob sie Spaß verstünden. Man fackelt nicht lange und nimmt Vilca, Sam und Rob kurzerhand mit. Jeder der Streithähne wird von einem Roboter am Handgelenk gehalten.
Die Aufzeichnungen zeigen schnell, dass Rob mit der Schlägerei anfing. Der versucht, sich herauszureden, und behauptet, dass er provoziert wurde, aber das interessiert den Präsidenten nicht.
Er zitiert die einschlägigen Regeln der Universität und betont die notwendige Strenge. Mit einer Weltbevölkerung von über elf Milliarden wird aggressives Verhalten nirgendwo toleriert. Der Leiter verkündet, dass er Rob im Wiederholungsfall von seiner Lehranstalt verweist.
Da sowohl Vilca als auch Sam auf eine Anzeige verzichteten, kommt Rob mit einhundert Stunden Sozialdienst und der Teilnahme an einer Aggressionsbewältigungstherapie noch gut weg.
Auf dem Weg nach Hause brütet Sam über Vilcas Rat. Einerseits widerstrebt es ihm wertvolle Zeit für Kampfsport zu verschwenden. Andererseits gerät er als Halbblut immer wieder in Situationen, in denen er sich verteidigen muss. Deshalb würde es nicht schaden, ein paar Tricks zur Selbstverteidigung zu kennen. Außerdem nagt Robs K.O.-Schlag an seinem Selbstbewusstsein.
Dass er im Dojo auf Vilca trifft, wundert ihn kaum. Ein wenig erstaunt ist er jedoch, dass ihr Training immer nach seinem stattfindet. So kann sie ihm ausführlich zusehen, wie er sich als Anfänger abmüht. Ob das Zufall ist?
Nach einigen Wochen ist sich Vilca noch immer nicht über ihr Verhältnis zu Sam im Klaren. Nachdem er nun auch mit regelmäßigem Kampfsporttraining begann, sehen sie sich fast jeden Tag. Trotzdem hat er sie noch nicht einmal gefragt, ob sie mit ihm ausgehen möchte. Das ist ihr noch nie passiert. Das kratzt an ihrem Stolz.
Anfangs wollte sie abwarten, ob er das Programm mit ihr länger als vier Wochen durchhalten würde. Der Rekord unter Tanzpartnern von der Uni liegt bisher bei knapp einem Monat. Jetzt tanzen sie schon über sechs Wochen zusammen ohne, dass etwas passiert ist.
Sie fragt sich, ob er es nicht heimlich mit seiner KI treibt. Er wäre nicht der Einzige, der heutzutage nur noch Cybersex mit Computergeschöpfen hat. Vilca zieht eine Schnute. Kann sie es mit einer intelligenten Computeranimation aufnehmen? Möchte sie das überhaupt? Diese Enola ist gefährlich perfekt.
Das Mädchen wirft einen Blick in ihren Ankleidespiegel. Sie hat mehr zu bieten als jede Cybertussi. Viel mehr. Sie ist ein Mensch aus Fleisch und Blut mit echten Gefühlen für Sam. Außerdem ist sie hochbegabt und steht kurz davor mit ihrer Gesangskarriere durchzustarten.
Sie dreht sich einmal um ihre Achse und streicht mit den Händen über ihr Designerkleid. Es passt wie angegossen. Vilca betrachtet ihr Ebenbild von unten nach oben. Hübscher als diese Enola ist sie allemal.
Die Sängerin schüttelt den Kopf, dass die Locken fliegen. Sie versteht nicht, wie jemand sie so lange zappeln lassen kann. So blind kann er doch nicht sein, dass er die Zaunpfähle, mit denen sie ihm winkt, nicht sieht.
Schließlich beschließt sie, den ersten Schritt zu unternehmen. Das hatte sie noch nie nötig. Für Sam wird sie eine Ausnahme machen. Am Wochenende geben ihre Eltern eine Party für Geschäftsfreunde. Dafür braucht sie ohnehin eine Begleitung. Nachdem mit Rob Schluss ist, lädt sie Sam ein und will ihn ihren Eltern vorstellen. Sie findet es passend, dass er für Rob einspringen muss. Er schuldet ihr das.