Читать книгу Seewölfe Paket 3 - Roy Palmer - Страница 30
7.
ОглавлениеSullivan ließ drüben auf der „War Song“ die Gangway einholen. Die Festmacher zwischen den beiden Schiffen wurden losgeworfen, dann löste sich die Karavelle von der Isabella V.“ und setzte die Segel. Bei immer noch aus Nordwesten einfallendem Wind segelte sie nach Ostnordost davon.
Die Schaluppe war längsseits der Backbordseite der „Isabella“ gegangen. Gary Andrews, Al Conroy, Matt Davies und Stenmark waren aufgeentert und hatten mittlerweile auch ausführlich erzählt, was sich seit ihrem Fortgang von der „Isabella“ im Hafen von Plymouth zugetragen hatte.
„Gut“, sagte Ben Brighton jetzt. „Wir können die Schaluppe nicht an Bord nehmen, dazu ist sie zu groß. Ich will sie aber auch nicht aufgeben.“
„Sie könnte uns noch von Nutzen sein“, sagte Gary.
„Eben. Natürlich könnt ihr während der ganzen Fahrt nicht nur zu viert an Bord der Schaluppe bleiben. Wir bemannen sie stärker.“
„Aber es mangelt dir auf der ‚Isabella‘ doch schon an Leuten“, wandte Matt Davies ein.
„Sie ist so und so zahlenmäßig unterbesetzt. Was ändert es schon, wenn ich ein paar Mann mehr oder weniger habe? Ed!“
Carberry, der auf der Kuhl und dem Quarterdeck das große Aufklaren nach dem Kampf leitete, wandte den Kopf.
„Ed, du übernimmst ab sofort die Führung der Schaluppe. Suche dir noch drei Männer aus, die du außer Al, Gary, Matt und Stenmark mit hinüberwechseln läßt.“
„Aye, aye. Jeff Bowie und die beiden Holländer“, entschied der Profos schnell.
Wenig später enterten sie auf die Schaluppe ab. Dann trennten sich beide Schiffe voneinander, und sowohl die Schaluppe als auch die Galeone setzten ihre Segel, gingen auf Westkurs und liefen über Backbordbug ihrem unbestimmten Ziel entgegen.
Die Stunden verstrichen rasch. Am Morgen wechselte der Wind auf West, und die beiden Schiffe mußten kreuzen. Es war eine beschwerliche Art zu segeln: zwei Schritt vor, einen zurück. In der folgenden Nacht sprang der Wind glücklicherweise wieder um und wehte aus nördlichen Richtungen. Am nächsten Tag fiel er immer noch aus Norden ein. Die „Isabella V.“ und die zweimastige Schaluppe hatten bis zum Abend wieder ein ansehnliches Stück Strekke zurückgelegt.
Sie standen südlich von Falmouth vor Lizard Head, dem südlichsten Zipfel Englands.
In der Nacht enterte Jean Ribault wieder in den Hauptmars auf. Er hatte sich einen kleinen Beutel voll Rosinen in die Tasche gesteckt. Arwenack mußte es geahnt oder gerochen haben – jedenfalls hockte auch er bald wieder bei dem Franzosen im Großmars. Er saß ganz ruhig, nahm nicht den Blick von Jean und bohrte sich angelegentlich in der Nase.
„Mon ami“, sagte Jean seufzend. „Du hast die Erziehung nicht gerade mit Löffeln zu dir genommen. Oder anders gesagt, du hast ein saumäßiges Benehmen.“
Arwenack ließ ein beunruhigtes Grunzen vernehmen.
Jean hob mahnend den Zeigefinger. „Siehst du, ich bin ein adliger Hugenotte, falls dir das noch niemand verraten hat. Nach der Bartholomäusnacht verließ ich Frankreich und wurde Abenteurer. Deswegen habe ich aber nicht meine Herkunft abgelegt, und es liegt mir fern, sie zu leugnen.“
Der Schimpansenjunge legte den Kopf schief. Er vergaß, in der Nase zu bohren. Er legte die Stirn in Falten und gab sich alle Mühe, etwas von Jeans Vortrag zu verstehen.
„Brav“, sagte Jean. „Sehr brav. Es mangelt dir also nicht an Intelligenz, mon ami. Weißt du, in gewisser Weise bist du sogar weniger schwer von Begriff als der Kutscher. Wirklich. Ich bin ein Gourmet – ein Feinschmecker. Aber der Kutscher, allmächtiger Gott im Himmel, hat es bis heute nicht fertiggebracht, meinen Anforderungen gerecht zu werden. Wie findest du das?“
Arwenack schnaufte. Wie gern hätte er die Menschen verstanden. Seine Menschen auf seinem Schiff. Er betrachtete die „Isabella“ als sein Eigentum, und wer sie kriegerisch betrat, der kriegte eine Kokosnußschale auf den Kopf gepfeffert – oder einen Belegnagel. Ansonsten, seine Menschen konnte er wirklich gut leiden, und sie leisteten ihm so nett Gesellschaft. Aber sie waren zu kompliziert. Sicher, irgendwie schienen sie verwandt mit ihm zu sein, aber die Laute, die sie von sich gaben, waren für einen Affen das allerschlimmste Kauderwelsch.
„Ich danke dir, daß du mit dem Nasebohren aufgehört hast“, sagte Jean. „Dan wird es nicht glauben, daß wir uns so gut verstehen.“
Arwenack grunzte besorgt.
Jean lächelte und griff in die Tasche. Arwenack hatte keine Sprache, aber er wußte sich zu verständigen. Als Jean ihm jetzt Rosine um Rosine in die aufgehaltenen Affenhände schüttete, nahm sein Gesicht einen zufriedenen Ausdruck an.
„Du bist kein Gourmet“, sagte Jean. „Du hast es leicht.“
Er stand auf und hielt Rundblick. Mit dem Spektiv ließ sich in der Nacht kaum etwas anfangen, es sei denn, der Mond schickte sein Licht aus oder irgendwo gab es eine andere Helligkeitsquelle, die man anvisieren konnte.
Wolken verdeckten den Mond, aber sie waren nicht mehr so dicht wie in der Nacht, als sie gegen die „War Song“ gekämpft hatten. Jean wußte, daß sie, wenn sie noch ein Stückchen weiter nach Süden gezogen waren, die blasse Scheibe des Mondes freigeben würden.
Was brachte die Nacht? Würde sie so ruhig wie die vergangenen bleiben? Vor Überraschungen war man nie sicher. Ständig mußte man auf der Hut sein. Ein Ausguck war ein miserabler Ausguck, wenn er nicht wie ein Luchs aufpaßte. Wie oft hatte der Seewolf spanische Galeonen überfallen, deren Ausguck schlief. Die Folgen waren für die Spanier immer fatal gewesen. Und: Hatten Hasard und seine Männer nicht schließlich selbst böse Erfahrungen mit einem schlechten Ausguck gemacht?
Patrick O’Driscoll hatte auf Cayman Grae Landwache geschoben, während sie mit der „Isabella V.“ vor dem Inselchen südlich von Kuba geankert hatten. Dann hatte sich Caligu, der Pirat, mit seiner Karavelle vorbeigeschlichen. O’Driscoll hatte auf seinem Posten gepennt, und Caligu war ungesehen vorbeigezogen. Hätte sie dann Valdez, der tapfere spanische Soldat, nicht in der Nacht gewarnt, wäre Caligu mit seinen Schurken über sie hergefallen und hätte sie niedergemetzelt.
O’Driscoll war zu den Piraten übergelaufen und später im Kampf gefallen. Jean dachte an dies und anderes und hielt die Augen offen. Man mußte im Leben Lehrgeld bezahlen. Erfahrungen waren dazu da, daß man sie sinnreich anwendete.
Arwenack zupfte ihn am Stiefel, weil er mehr Rosinen haben wollte, aber Jean Ribault stand plötzlich stocksteif. Da, im Süden, war da nicht etwas? Er glaubte einen Funken gesehen zu haben. Rasch hob er doch das Spektiv ans Auge. Durch die Optik erkannte er, daß es sich bei dem Funken um die Laterne eines Schiffes handelte.
Die Wolken gaben den Mond frei. Jean hatte mehr Licht und das Schiff segelte näher heran. Dann schluckte der Franzose ein paarmal heftig. Im Kieker gewahrte er ein zweites Licht, dann ein weiteres, und allmählich ließen sich die Konturen mehrerer Schiffe erkennen.
„Deck!“ rief er. „He, pennt ihr denn alle?“
„Du träumst wohl“, gab Blacky von der Kuhl zurück. „Was ist los? Hast du Wanzen im Großmars?“
„Schlamassel, Blacky. Von Süden ziehen Schiffe heran.“
„Himmel – wie viele?“
„Warte. Sie segeln in Kiellinie. Ich sehe zwei dicke Galeonen und zwei, nein, drei Karavellen.“
„Engländer?“
„Das weiß der Teufel.“
Ben Brighton und Ferris Tucker waren auf den Beinen, ebenso Big Old Shane und der alte O’Flynn. Sie hatten mitgehört, was Jean und Blacky sich zugerufen hatten. Ben begab sich aufs Achterdeck, zog das Spektiv auseinander und blickte hindurch. Nur ganz schwach vermochte er an der südlichen Kimm zunächst einen grauschwarzen Schatten und dann ein Licht zu erkennen.
„Die Schiffe kreuzen gegen den Nordwind“, sagte er. „Bald sind sie näher heran und entdecken uns, wie wir sie entdeckt haben. Ferris, lösche bitte die vordere Laterne, ich kümmre mich um das Hecklicht. Es ist in jedem Fall klüger, wenn wir unsichtbar werden.“
„Aber wie kriegen wir ’raus, ob das Freund oder Feind ist?“ fragte der alte O’Flynn mit einem besorgten Blick nach Süden.
„Wir wahrschauen die Schaluppe und schicken sie vor“, sagte Ben Brighton. „Sie ist klein genug, um nicht gleich gesehen zu werden. Außerdem ist sie schnell und wendig und kann sich gleich wieder verholen, wenn sie die Herkunft der fremden Schiffe erforscht hat.“
Shane trat ans Steuerbordschanzkleid des Achterdecks. Er steckte zwei Finger in den Mund und stieß einen schrillen Pfiff aus. Drüben auf der zweimastigen Schaluppe regte sich etwas. Profos Carberry hob die Hand zum Zeichen, daß er verstanden hatte.
Die Schaluppe segelte in Luv der „Isabella“, und zwar rund eine Kabellänge von ihr entfernt. Carberry ließ jetzt abfallen und näherte sich der Galeone.
„Ed“, rief Ben. „Jean hat fünf Schiffe gesichtet, die von Süden heransegeln. Ihr habt mit der Schaluppe die besseren Möglichkeiten, euch anzupirschen und wieder zu verdrükken. Seht nach, um was für Landsleute es sich da handelt.“
„Wird erledigt“, gab Carberry zurück.
„He“, sagte Ed Carberry. „Seid ihr wach, ihr alten Rübenschweine?“
„Hellwach“, erwiderte Gary Andrews.
Matt Davies erschien in der Luke des Kajütenniederganges und sagte: „Was ist denn los?“
„Nimm dir die Petersilie aus den Ohren“, schnappte Carberry. „Kannst du mich hören?“
„Nicht, wenn du so flüsterst“, sagte Matt grinsend.
„Wir gehen platt wie eine Flunder vor den Wind“, brüllte der Profos, daß es bis zur „Isabella“ hinüber zu vernehmen war. „Und daß ihr gesengten Säue mir bloß keinen Lärm macht. Wir spüren nämlich einen Schiffsverband auf, falls ihr das noch nicht kapiert habt.“
„Hier lärmt bloß einer“, nörgelte Matt Davies, aber er hütete sich, zu laut zu sprechen. Solange Carberry schrie, war er gesund, aber er konnte auch verdammt grantig werden, wenn ihm jemand Kontra gab.
Die kleine Schaluppen-Crew ließ die „Isabella“ an sich vorüberrauschen, dann fiel sie ab und klüste vor dem frisch bis handig blasenden Nordwind nach Süden. Natürlich brannte kein Licht an Bord, und bald wurde auch kein Ruf mehr ausgestoßen, denn sie waren dem Verband binnen kurzem so nahe, daß sie sich leicht hätten verraten können. Sogar Carberry schaffte es, sein Organ zu dämpfen.
„Zwei dicke Galeonen und drei Karavellen“, raunte er Al Conroy und Gary Andrews zu. „Der Henker mag wissen, wer sie sind und was sie wollen, doch eins steht fest: Sir John ist es nicht. Schließlich kann der nicht zaubern – nach Plymouth zurückkehren, in aller Eile einen kleinen Konvoi zusammenstellen und uns dann nachjagen.“
„Unmöglich“, pflichtete Gary ihm bei. „Aber auch Burton konnte es nicht schaffen, uns zu folgen und den Weg abzuschneiden. Nein, das Zusammentreffen hier erfolgt ganz zufällig.“
„Na schön“, flüsterte Matt. „Aber wer sind die Burschen?“
Carberry hantierte mit dem Kieker, aber durch die Optik ließ sich wenig erkennen. Die beiden breiten, behäbigen Galeonen führten den Verband an. Sie wirkten klotzig und fast ein bißchen unheimlich. Carberry sah auch die drei Karavellen in ihrem Kielwasser, denn gerade segelte der Verband einen Kreuzschlag nach Nordwesten, über Backbordbug also. Eine halbe Meile, so schätzte der Profos, trennte sie noch von den Schiffen.
„Matt, du Schlaumeier“, brummte Carberry. „Woran erkennt man ein spanisches Schiff?“
„Du meinst ...“
„Gar nichts meine ich. Antworte auf meine Frage.“
„Also, es gibt da Unterschiede in der Bauweise.“
„Bei Nacht sind alle Katzen grau.“
„Und die Dons, diese eingebildeten Kastanienfresser, führen an jedem Schiff ein Holzkreuz, das unter der Galion baumelt – weil sie doch so gläubig sind.“
Carberry fluchte. „Glaubst du, man kann bei Nacht Holzkreuze baumeln sehen? Dann hättest du ja gleich vorschlagen können, nach den Flaggen der Kähne zu äugen, du Aal.“
„Darf ich mal?“ fragte Gary.
Carberry händigte ihm bereitwillig den Kieker aus. Gary beobachtete eine Weile. Seine sieben Kameraden schwiegen und blickten Steuerbord voraus zu dem schemenhaft dahinziehenden Verband. Gary peilte eine Positionslaterne auf der Führergaleone an, und dann, ganz unversehens, entdeckte er gleich neben dem Licht etwas matt Blinkendes.
„Da haben wir’s“, stieß er hervor. „Ein spanischer Helm. Da, noch einer! Jetzt haben sich die Philipps verraten. Auf den Galeonen fahren spanische Soldaten, verdammt noch mal.“
„Hab ich’s doch gewußt“, sagte Matt Davies – und handelte sich einen Seitenblick von Carberry ein. Der Profos schnitt eine Grimasse, als wolle er den guten Matt mit Haut und Haaren fressen.
„Was haben die vor, diese miesen Hunde?“ fragte Piet Straaten.
Carberry schnaufte erbost. „Könnte sein, daß sie nach Irland segeln. Wäre ja nicht das erste Mal. Oder sie planen ein Landeunternehmen, womöglich wieder auf Falmouth. Wir werden ja sehen, wohin sie sich wenden, diese miesen Kakerlaken, Rübenschweine und Kanalratten.“
Die Männer blickten sich an.
Was der Profos da ausgesprochen hatte, war wirklich keine reine Utopie. Im November 1578 hatten die Spanier Falmouth überfallen und den halben Hafen zerstört. Sie hatten Gefangene abgeführt, und Sir John hatte seelenruhig dabei zugesehen. Er hatte sich damals auf Arwenack eingeigelt und nicht im entferntesten daran gedacht, für die anderen einen Finger zu krümmen.
So waren die Gefangenen zunächst nach Spanien und dann über den Atlantik in die Neue Welt gebracht worden. Die Gruppe von Unglücklichen hatte aus dem alten O’Flynn, Shane, Baldwin Keymis sowie fünf Fischern, drei Handwerkern, Stallknecht Dick Stable und Stadtschreiber Robert Rowe bestanden. Und ein Mädchen war dabeigewesen: Gwendolyn Bernice O’Flynn, die heute Killigrew hieß und eine junge Frau geworden war.
Dem alten O’Flynn war die Flucht mit einem Beiboot gelungen, bevor die Reise im Kerker von Santo Domingo, Hispaniola, endete. Von dort aus sollten die Gefangenen später zur Zwangsarbeit ins Inselinnere verfrachtet werden. O’Flynn aber war durch puren Zufall auf die „Isabella“ gestoßen, mehr tot als lebendig. Ferris Tucker hatte ihm neue Krücken gezimmert, der Kutscher hatte ihn wieder hochgepäppelt, und dann hatten sie alle Mann den Kerker von Santo Domingo gestürmt und die Landsleute befreit. Im Nachhinein bereute die Crew der „Isabella“ nur eins – daß. sie Baldwin Keymis, dieses falsche Aas, nicht auf Hispaniola zurückgelassen hatten. Ein bißchen Zwangsarbeit hätte ihm gutgetan.
Bahnte sich jetzt etwas Ähnliches an wie im November 1578?
Jan Ranse hatte den Kieker zur Hand genommen. Er kauerte im Bug der Schaluppe und hielt nach dem Verband Ausschau.
„Zappenduster“, sagte er plötzlich. „Die Dons haben die Lichter gelöscht.“
„Was soll das denn?“ sagte Jeff Bowie.
„Sie gehen über Stag und kreuzen nach Nordosten“, sagte der Holländer.
„Wenn die nach Irland wollten, hätten sie längst ganz nach Westen geschwenkt“, erklärte Gary Andrews. „Somit wird wahrscheinlich, was Ed gemeint hat.“
„Was tun wir?“ fragte Al. „Kehren wir zur ‚Isabella‘ zurück und warnen Ben?“
„Nein“, erwiderte Carberry. „Ben weiß schon selbst, was er zu tun hat. Er wird seinen Kurs weiter nach Osten verlegen und vor tintenschwarzer Nacht auf Parallelkurs mit dem Verband laufen, ohne daß die Philipps ihn entdecken. Wir bleiben so dicht wie möglich an den Spaniern und sehen, was sie unternehmen.“
„Wie die Zecke am Hintern einer Kuh“, sagte Matt Davies.
„Verflucht, du wiederholst dich“, sagte Stenmark.
Die Fahrt verlief fortan schweigend, alles konzentrierte sich auf die Verfolgung des spanischen Schiffsverbandes. Und wie die Schaluppe von Sir John auf der „War Song“ nicht gesichtet worden war, so bemerkten jetzt auch die Dons nicht, daß ihnen jemand auf den Fersen saß.
Etwa eine Stunde verging, dann sagte Carberry: „Also, Lizard Head liegt längst Backbord achteraus. He, Jan, du holländischer Dickschädel, kannst du schon Land sehen?“
„Nein, Sir.“
„Und doch“, sagte Carberry düster. „Die Gegend hier kommt mir so bekannt vor.“
„Gegend?“ wiederholte Jeff Bowie verwundert. „Wie kannst du von Gegend sprechen? Rundum ist nur verdammtes, schwarzes, salziges Seewasser, und man sieht kaum die Hand vor Augen, wenn der Mond weg ist.“
„Du bist eben nicht in Cornwall zu Hause“, meinte Gary.
„Na dann“, erwiderte Jeff ziemlich verdrossen. „Dann verrate mir doch mal, wo wir uns befinden.“
„Ich will nicht mehr auf die ‚Isabella‘ zurückkehren, wenn wir nicht bald in Falmouth sind“, sagte Gary Andrews.
Etwas später meldete Jan Ranse: „Der Verband wird langsamer und zieht eine Schleife nach Nordwesten, Holla, jetzt geien die Dons die Segel auf, wenn mich nicht alles täuscht.“
„Gary“, sagte Carberry. „Noch dichter ’ran an die Halunken.“
„Land“, verkündete der Holländer wenige Augenblicke darauf. „Und ich sehe auch eine Burg.“
Carberry nickte. Seine Miene war grimmig. „Na bitte, Jeff, du alter Stinkstiefel. Da haben wir’s. Die Burg heißt Pendennis Castle, und sie wurde von dem alten Hurenbock Heinrich VIII., Elizabeths Vater, errichtet, falls dich jemand fragt. Sie steht auf einer zipfeligen Spitze, die in die Falmouth Bay ragt. Dahinter verläuft in Ost-West-Richtung die schlauchartige Mündungsbucht des Fal.“
„Somit liegt der Fall klar“, sagte Al Conroy. „Die Dons überfallen wieder Falmouth, und diesmal gelingt es ihnen vielleicht auch, die Feste Arwenack zu stürmen.“
„Geschieht Sir John ganz recht“, meinte Matt Davies.
„Stimmt“, sagte Carberry, „aber deswegen können wir noch lange nicht zulassen, daß die Spanier in aller Seelenruhe an Land gehen, Häuser niederbrennen, Menschen töten und plündern.“
Der Mond zeigte sich in einem Wolkenloch. Gespannt blickten die Männer über das Backbordschanzkleid der Schaluppe und gewahrten, wie der Verband allmählich stoppte. Kurz darauf konnten sie nicht nur sehen, sondern auch hören, wie Bug- und Heckanker der Schiffe an ihren schweren Trossen ausrauschten und ins Wasser klatschten.
Carberry ließ sich den Kieker geben. So wurde er Zeuge, wie die Spanier Beiboote abfierten. Sie belegten Jakobsleitern an den Oberkanten der Schanzkleider, dann enterten reihenweise Soldaten ab und besetzten die Boote. Carberry sah noch etwas anderes und kriegte mit einem Mal beinahe Stielaugen.
„Jetzt hört aber alles auf!“ stöhnte er. „Die mannen Fässer in die Boote – Pulverfässer. Himmel, Arsch und Zwirn, die wollen Pendennis Castle in die Luft sprengen. Gary, dreh nach Steuerbord! Wir setzen Vollzeug und rauschen mit achterlichem Wind zur ‚Isabella‘ zurück. Ich will doch hier nicht hocken und Daumen drehen, während der Feind England besetzt.“