Читать книгу Seewölfe Paket 17 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 40
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Оглавление„Zurück!“ brüllte Mac Pellew. „Willst du wohl abhauen, du Mistvieh!“
Big Old Shane, schon im Begriff, durch die Grätingsluke abzuentern, grinste breit. Plymmie ließ sich nicht abschütteln. In Ermangelung der Zwillinge, die sonst ihre ständigen Begleiter waren, hatte sie sich dem Mann aus der Kombüse angeschlossen, zumal auch Arwenack und Sir John nicht verfügbar waren. Denn der Schimpanse und der karmesinrote Arara-Papagei turnten wieder einmal hoch oben in den Wanten herum.
„Laß sie in Ruhe“, sagte Shane und winkte ab, „ein Hund ist nicht gern allein.“
„Weiß ich doch.“ Mac Pellew zog hilflos die Schultern hoch. Mit Trinkwasserkanne in der einen und Henkeltopf in der anderen Hand war er ohnehin nicht in der Lage, sich die Wolfshündin vom Hals zu halten. „Aber ich entsinne mich, daß es mit dem Knilch da unten schon mal Schwierigkeiten gegeben hat. Ihretwegen.“ Er hob die Kanne und deutete auf den grauen Vierbeiner, der auf einstimmigen Beschluß der Seewölfe zum Bordhund ernannt worden war.
„Hunde sind manchmal wie Menschen“, entgegnete Shane, „an unsympathische Zeitgenossen müssen sie sich erst gewöhnen.“
„Zeit genug hatte sie dazu allerdings.“ Mac Pellew bewegte sich in Richtung Grätingsluke und gab seinen Widerstand endgültig auf, als Plymmie prompt hinter ihm herhechelte.
„Sie wird ihn nicht gleich auffressen.“ Big Old Shane setzte seinen Weg in den Bauch des Schiffes fort. „Wie auch immer, unser Freund Woyda wird langsam zum Klotz am Bein. Wie lange haben wir ihn jetzt an Bord?“
„Mindestens zehn Tage. So lange kochen der Kutscher und ich nun schon zusätzliche Rationen.“
„Stimmt. Das war am Abend des 29. März, als Woyda in Hapsal eins auf den Schädel gekriegt hat.“
In der späteren Auseinandersetzung mit Kriegsschiffen der polnischen Krone hatte Witold Woyda, seines Zeichens Generalkapitän im Dienst des Polenkönigs Sigismund, Hasard und Arne und ihren Männern als Geisel gedient.
Big Old Shane hatte eine Öllaterne angezündet. Nach dem Weg durch die Unterdecksräume öffnete er das Schott zur Vorpiek und hielt die Laterne in den engen Raum.
Witold Woyda sah ganz und gar nicht mehr eindrucksvoll aus. Seine goldbetreßte Uniform war schmutzig und zerknittert, die vornehme Lockenperücke saß nicht mehr richtig, denn das ehedem kurzgeschorene Haar des Generalkapitäns war bereits zu sehr nachgewachsen. Sein Gesicht war eingefallen und bleich, die Augen waren flackernd auf den bärtigen Hünen gerichtet.
„Kein Grund zur Panik“, sagte Big Old Shane beruhigend, obwohl Woyda ihn nicht verstehen konnte. „Zeit zum Essenfassen, sonst nichts.“
Der Pole reagierte nicht. Er schien nicht einmal wahrgenommen zu haben, daß der hünenhafte Schmied von Arwenack etwas gesagt hatte. Big Old Shane zuckte mit den Schultern und wich zur Seite, um Mac Pellew hereinzulassen.
Woydas unruhiger Blick wanderte an dem Mann aus der Kombüse vorbei, als dieser die Kanne und den Topf vor ihm auf die Planken stellte. Jäh zuckte der Generalkapitän zusammen, seine Gesichtsmuskeln bewegten sich krampfartig. Abwehrend hob er die Hände. Die Fesseln hatte der Seewolf ihm abnehmen lassen, da er längst nicht mehr in der Lage war, Widerstand zu leisten.
„Fang nicht an, verrückt zu spielen, du Stint“, sagte Mac Pellew knurrend, „ich sorge dafür, daß du was zwischen die Kiemen kriegst, und du tust so, als ob ich dir Böses will!“
Woyda stieß einen schrillen Angstschrei aus.
Erst jetzt begriff Mac Pellew. Er mußte grinsen, als er sich umdrehte und Plymmie zwischen den Beinen Big Old Shanes stehen sah. Die Wolfshündin fletschte das Gebiß, nichts weiter. Und es schien ihr mächtig zu gefallen, daß sie allein dadurch einen ausgewachsenen Mann zum Zittern bringen konnte.
Der Schrei des Generalkapitäns wollte nicht enden.
Mac Pellew machte kurzen Prozeß. Er packte ihn am Kragen und versetzte ihm eine Ohrfeige, daß es klatschte. Es wurde still.
„Hier!“ brüllte Mac. Er stieß den Schlotternden von sich und deutete auf die Kanne und den Topf. „Essen! Kapiert? Von Heulen hat keiner was gesagt. Das kannst du Plymmie überlassen, die kann’s nämlich besser.“
Woyda schluckte, holte tief Luft, und dann antwortete er mit einem Wortschwall, der ebensowenig abreißen wollte wie sein Geschrei. Mac Pellew und Big Old Shane wechselten einen Blick. Das einzige Wort, das sie verstanden, war „Stenmark“. Und der Pole dachte nicht daran, seine Litanei zu beenden.
„Sieht so aus, als ob er uns einen Vortrag halten will.“ Big Old Shane blies die Luft durch die Nase. „Holen wir also unseren Dolmetscher.“
„Das bleibt natürlich an mir hängen“, sagte Mac Pellew ärgerlich.
„Erraten.“ Shane grinste. „Für die Bewachung des Gefangenen bin ich zuständig. Also los, tu unserem hochwohlgeborenen Generalkapitän den Gefallen.“
Mac Pellew begab sich seufzend auf den Weg. Während der Wartezeit forderte Shane den Polen mehrmals mit Gesten auf, sich um sein leibliches Wohl zu kümmern. Doch Woyda rührte keinen Bissen an.
„Will der Bastard etwa in den Hungerstreik treten?“ sagte Shane, als Mac Pellew mit Stenmark, dem blonden Schweden, zurückkehrte.
„Das werden wir gleich haben.“ Stenmark wandte sich in seiner Muttersprache an den Generalkapitän. Woyda war es bereits gewohnt, sich an Bord der „Isabella“ auf Schwedisch zu verständigen – seit dem Verhör durch den Seewolf, das Stenmark übersetzt hatte.
Wieder ergoß sich ein Wortschwall aus der engen Vorpiek.
Stenmark drehte sich schließlich, und er mußte an sich halten, um nicht in Gelächter auszubrechen.
„Er bittet mich in aller Form, Kapitän Killigrew seinen Protest zu übermitteln.“
„Protest?“ Big Old Shane rieb sich das Kinn. „Gegen was?“
„Gegen die schlechte Behandlung. Er fühlt sich als Kriegsgefangener und möchte als solcher behandelt werden. Er sagt, er brauche sich nicht gefallen zu lassen, ständig von einem reißenden Wolf bedroht zu werden.“
Die Männer starrten sich sekundenlang stumm an. Dann prusteten sie los. Mac Pellew kniete nieder und kraulte der Hündin das Fell.
„Hast du das gehört, Lady? Du bist soeben zum reißenden Wolf befördert worden.“
Plymmie hatte längst aufgehört, die Zähne zu fletschen. Statt dessen schloß sie die Augen und genoß es, gestreichelt zu werden.
Big Old Shane hatte sich von seinem Heiterkeitsausbruch erholt.
„Sag ihm, wir werden künftig auf seine zarten Nerven Rücksicht nehmen und den bösen Wolf an die Leine legen, solange der Mister Generalkapitän seine kärglichen Mahlzeiten einnimmt.“
Stenmark übersetzte wortgetreu.
Witold Woyda verstand den Spott sehr gut. Beleidigt riß er den Topf an sich und begann, Bohnen und Speck in sich hineinzustopfen. Die Männer würdigte er keines Blickes mehr.
Rodriguez de Coria legte die Hände auf den Rücken und durchmaß den Kapitänssalon mit kurzen, gestelzten Schritten. Die blütenweißen Rüschen seines Hemdes wippten auf und ab und bildeten einen grellen Kontrast zum öligen Schwarz seiner Lockenperücke.
„Wollen Sie sich nicht setzen, Don Rodriguez?“ fragte Kapitän de Frias. Er verharrte unschlüssig vor dem Tisch, auf dem eine Weinkaraffe und funkelnde Kristallgläser wie immer bereitstanden.
De Coria drehte sich um und wedelte fahrig mit der rechten Hand.
„Nein, nein, schon gut.“ In der Furchenlandschaft seines hageren Gesichts zuckte es. „Ich verzichte. Aber tun Sie sich keinen Zwang an.“
Der Kapitän der „Santissima Madre“ zog irritiert die Augenbrauen hoch. Er war um etliches jünger als de Coria, doch ebenso gepflegt und gepudert.
„Fühlen Sie sich nicht wohl, Don Rodriguez? Sie sind doch sonst nicht abgeneigt.“
„Was nehmen Sie sich heraus!“ De Corias Gesicht rötete sich in aufbrausender Wut. „Unterlassen Sie solche Andeutungen, de Frias. Wenn wir gelegentlich zusammen trinken, bedeutet das noch lange nicht, daß ich Ihnen solche primitiven Vertraulichkeiten gestatte. Ich bin keineswegs auf Sie angewiesen.“
Wenn du dich da nur nicht täuschst, alter Halunke, dachte de Frias, doch er hütete sich, seine Gedanken auszusprechen. Ohne mich wärst du hier in fremden Gewässern ziemlich hilflos. Aber das ist noch das Nebensächlichste. Wenn ich wollte, könnte ich dich auffliegen lassen, und du wärst für alle Zeiten erledigt. Madre mia, was bist du doch für ein alter Narr, de Coria! Der Heimweg nach Spanien ist noch verdammt lang. Ich denke, ich werde dich erst dein sauberes Geschäft abschließen lassen. Dann habe ich immer noch Zeit genug, den Gewinn einzustreichen. Ärgere mich nur weiter, de Coria, und deine Chancen, Spanien lebend wiederzusehen, werden immer geringer!
Laut sagte de Frias: „Verzeihen Sie vielmals, Don Rodriguez. Es war nicht meine Absicht, Sie zu beleidigen. Wenn Sie erlauben, werde ich einen aufmunternden Schluck zu mir nehmen.“
„Bitte“, sagte de Coria steif. Er wandte sich abrupt ab, blieb vor dem Fenster an Backbord stehen und starrte durch die Bleiglasscheiben, als könne er auf diese Weise die Lösung eines Rätsels finden, das nur ihm selbst bekannt war.
Kapitän de Frias setzte sich und ließ den Wein in eins der Gläser perlen. Nach dem ersten Schluck gab er einen wohligen Laut von sich und lehnte sich zurück.
„Ein elendes Wetter ist das, nicht wahr, Don Rodriguez? Ehrlich gesagt, an solchen Tagen kriegt selbst ein alter Seefahrer wie ich eine Ahnung davon, was Heimweh ist. Was für ein gottverlassenes Land dies doch ist! Die Menschen hier müssen mit Schwimmhäuten zwischen den Zehen und den Fingern geboren werden.“
Rodriguez de Coria antwortete nicht sofort. Immer noch starrte er hinaus. Der andauernde Regen war wie ein trübgrauer Vorhang, der sich über den Mastenwald der Schiffe im Hafen von Kolberg gelegt hatte. Selbst die Frachtsegler in unmittelbarer Nähe der spanischen Galeone waren nur schemenhaft zu erkennen. Schließlich wandte de Coria sich um.
„Sie reden zuviel, de Frias, besonders heute. Ich überlege, ob ich mich nicht in meinen eigenen Salon zurückziehe.“
„Oh, ich bitte abermals um Vergebung, Don Rodriguez.“ De Frias erhob sich halb, deutete eine Verbeugung an und setzte sich wieder. Er bemühte sich, seinen Spott nicht herausklingen zu lassen. „Aber, mit Verlaub gesagt, was schadet es Ihnen, solange ich belangloses Zeug rede?“
De Corias Augen verengten sich.
„Was wollen Sie damit andeuten?“
„Nichts, absolut nichts.“
„Halten Sie mich nicht zum Narren.“ Die Stimme de Corias war wie ein Zischen. „Sie glauben, Sie haben mich in der Hand, weil ich Sie in meine Pläne eingeweiht habe.“
„Ich habe das als eine Ehre aufgefaßt, Don Rodriguez. Im übrigen denke ich, daß Sie mich einweihen mußten. Denn ohne meine Hilfe stehen Sie hier in der Ostsee auf verlorenem Posten.“
„Allerdings“, entgegnete de Coria verächtlich, „erwähnen Sie es nur oft genug, damit ich es nicht vergesse.“
Kapitän de Frias hob sein Glas und nahm einen langen Schluck.
„Don Rodriguez“, sagte er besänftigend, „warum hören wir nicht auf, uns gegenseitig anzustacheln? Ich denke, Sie sind ein wenig nervös. Liegt das am Wetter?“
Einen Moment schien es, als wollte de Coria erneut aufbrausen. Doch er besann sich, zog die Schultern hoch und ließ sie wieder sinken. Dann gab er sich einen Ruck und setzte sich zu de Frias an den Tisch.
„Geben Sie mir ein Glas. Sie haben recht. Ich fange an, mich selbst verrückt zu machen.“
De Frias nickte, lächelte und schenkte ein.
„So gefallen Sie mir schon besser. Ehrlich gesagt, ich fing an, mich zu wundern. Denn ich hatte nie einen angenehmeren Trinkgenossen als Sie.“
„Dabei soll es auch bleiben.“ De Coria hob sein Glas. Nachdem sie sich zugeprostet hatten, fuhr er fort: „Irgend etwas ist mir auf den Magen geschlagen. Bestimmt nicht das Wetter. Vielleicht hängt es mit dieser englischen Galeone zusammen.“
„Dem muß ich zustimmen. Der Anblick eines Engländers kann einem die beste Laune verderben. Aber mit unserer Angelegenheit sollte das doch nichts zu tun haben, oder?“
„Nein, überhaupt nicht. Nur – wenn ich richtig gesehen habe, haben der Engländer und die andere Galeone am Liegeplatz der von Manteuffels vertäut. Es scheint so, als unterhalte das Handelshaus von Manteuffel Beziehungen zur englischen Krone. Ein Umstand, der zumindest Unwohlsein hervorruft.“
„Zugegeben. Aber ich beharre darauf, daß dies Ihr Vorhaben in keiner Weise beeinträchtigen wird, Don Rodriguez. Der alte von Manteuffel hat keine Möglichkeit, die Wahrheit herauszufinden. Spanien ist weit. Und in England gibt es niemanden, der uns gefährlich werden könnte.“
Rodriguez de Coria sah sein Gegenüber stumm und sinnierend an. Er war noch nicht imstande, jenes Unbehagen in Worte zu kleiden, das ihn befallen hatte.
Aber, verdammt, es ließ sich nicht wegwischen.