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a) Reform des institutionellen Systems der Gemeinschaften

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Die EGKS war, wie es auch in dem durch den Fusionsvertrag (FusV, s. Rn 270) gestrichenen Art. 9 aF EGKSV expressis verbis zum Ausdruck kam, supranational dahingehend, dass die Hohe Behörde (= gem. Art. 9 Abs. 1 S. 2 FusV aF, später Art. 7 EGKSV: Kommission) das Hauptrechtsetzungsorgan war. EAG und EG waren dagegen anders, nämlich insoweit ähnlich wie internationale Organisationen im Allgemeinen, strukturiert. Hauptrechtssetzungsorgan war (und ist neben dem Europäischen Parlament bis heute) der Rat (s. Rn 349), der sich aus Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten zusammensetzt, während der Kommission neben Durchführungsbefugnissen die Aufgabe der Initiative, dh des Ingangsetzens der Integration, und der Kontrolle, dh des Inganghaltens der Integration, zukommt (s. Rn 398). Das Europäische Parlament, das in den Gründungsverträgen „Die Versammlung“ hieß und erst seit der Einheitlichen Europäischen Akte auf vertraglicher Grundlage so heißt (vgl Art. 3 EEA), soll eine demokratische Repräsentation der Völker der Mitgliedstaaten auf Gemeinschaftsebene (vgl Art. 189 EGV) bzw jetzt der „Unionsbürgerinnen und Unionsbürger“ auf Unionsebene (Art. 14 Abs. 2 EUV) gewährleisten. Zum Ausgleich für eine derartige sog. „Exekutivmacht“ ohne (zumindest damals) hinreichende demokratische Kontrolle auf Gemeinschaftsebene bzw jetzt Unionsebene wurde die Einrichtung eines Gerichtshofs für unerlässlich gehalten, dem die weite Befugnis übertragen wurde, über die Wahrung des Rechts bei der Ausführung des Gemeinschaftsrechts bzw jetzt des Unionsrechts zu wachen (vgl Art. 220 EGV; Art. 19 Abs. 1 UAbs. 1 S. 2 EUV).

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Die Pläne zu institutionellen Reformen der Gemeinschaften verfolgten von Anfang an vor allem folgende Ziele:

1. Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments (Mitgesetzgeber; „Investitur“ der Kommission);
2. Verbesserung des Entscheidungsverfahrens im Rat (Mehrheitsabstimmung);
3. Steigerung der Effizienz der Arbeitsweise der Kommission (Komitologie).

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Die Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments (EP) wurde vor allem von diesem selbst gefordert. Grundlegend war die Entschließung vom 27.6.1963[11], in der es ein Mitentscheidungsrecht bei der Gesetzgebung und bei der Ernennung der Kommission, ein Recht zur „Ratifizierung“ internationaler Abkommen sowie verstärkte Haushaltsbefugnisse verlangte. Die Reformberichte unterstützten dies teilweise: Der Vedel-Bericht (1972)[12] forderte eine parlamentarische Mitentscheidung dahingehend, dass Entscheidungen des Rates nicht ohne Zustimmung des Parlaments in Kraft treten können. Der Marjolin-Bericht zur Wirtschafts- und Währungsunion (1975)[13] forderte ein unmittelbar gewähltes Parlament mit echten gesetzgeberischen Befugnissen. Seit 1972 gehört die Bekräftigung, die Kontrollrechte des Parlaments zu verstärken, zum ständigen Repertoire von Erklärungen des Rates zu institutionellen Fragen. Tragweite und Ernsthaftigkeit solcher Forderungen lassen sich an den tatsächlich ergriffenen Maßnahmen, zu denen die Initiative von den Regierungen ausgehen muss, ablesen. Bis hin zum Maastrichter Unionsvertrag (s. Rn 42) zeigt sich hier eine Diskrepanz. Gleichwohl wurde die Rechtsstellung des EP erheblich ausgebaut. Hervorzuheben sind insbesondere die 1975 eingeführte Beteiligung am Haushaltsverfahren, die Übung, das Parlament auch in nicht zwingend vorgeschriebenen Fällen zu hören (fakultative Anhörung), das Fragerecht gegenüber Rat und Kommission, die durch den Vertrag von Maastricht eingeführte und seither verstärkte, zudem vom EP extensiv genutzte Beteiligung an der Besetzung der Kommission (s. dazu Rn 394), die Beteiligung an bestimmten völkerrechtlichen Verträgen der Gemeinschaften bzw Union sowie schließlich die Beteiligung an der Gesetzgebung durch das Verfahren der Zusammenarbeit, das die Einheitliche Europäische Akte eingeführt hat, und das durch den Unionsvertrag eingeführte Verfahren der Mitentscheidung, das im Amsterdamer Vertrag noch verstärkt wurde und durch den Vertrag von Lissabon zum „ordentlichen Gesetzgebungsverfahren“ (Art. 289 Abs. 1, Art. 294 AEUV) und damit zum Regelverfahren erklärt wurde. Seit 1979 wird das EP direkt gewählt, wobei jedoch bis jetzt trotz gewissen Vereinheitlichungen (insbesondere Verhältniswahlrecht)[14] kein einheitliches Wahlverfahren zustande gekommen ist, obwohl das EP dafür das (einzige) Initiativrecht hat (vgl Art. 223 Abs. 1 AEUV). Eine noch weiter gehende Übertragung echter Legislativbefugnisse auf das EP kann allerdings nicht ohne weiteres bejaht werden (s. Rn 385). Der Beitritt von 13 neuen Mitgliedstaaten zum 1.5.2004 bzw 1.1.2007 und 1.7.2013 erschwert den Erhalt (bzw überhaupt erst die Herstellung) annähernd angemessener (dh proportionaler) Repräsentation zusätzlich. Der Vertrag von Lissabon legt als Höchstzahl 750 Abgeordnete zuzüglich des Präsidenten[15] fest und bekennt sich jetzt ausdrücklich zum Prinzip der degressiven Proportionalität (Art. 14 Abs. 2 S. 2 und 3 EUV), das durch die Einführung eines demographischen Faktors bei der Beschlussfassung im Rat austariert werden soll (s. Rn 362).

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Die Zusammensetzung des Rates aus Staatenvertretern brachte eine gewisse Schwerfälligkeit des Entscheidungsverfahrens mit sich, weil diese im Gegensatz zur Kommission nicht nur dem Unionsrecht, sondern auch dem nationalen Recht verpflichtet sind und auch nationale Interessen vertreten dürfen, solange sie ihrer Verpflichtung aus Art. 4 Abs. 3 EUV (Art. 10 EGV) nachkommen, das Unionsinteresse zu wahren und zu fördern (s. Rn 386). Zwar sah bereits der EWGV von 1957 mit Ablauf der einzelnen Stufen der Übergangszeit Mehrheitsentscheidungen vor (vgl zB Art. 43 Abs. 2 UAbs. 3 aF EGV). Dies wurde jedoch durch die sog. Luxemburger Vereinbarung vom 29.1.1966 praktisch außer Kraft gesetzt, wonach gegen den Willen eines Mitgliedstaates keine Mehrheitsentscheidungen mehr zu Stande kamen (s. Rn 367 ff). Die Berichte zur Reform des institutionellen Systems der Gemeinschaften (insbes. Bericht der Drei Weisen, 1979) bemühten sich daher, eine Forderung des Europäischen Rates vom Pariser Gipfel 1974 aufgreifend, um eine Verbesserung des Beschlussverfahrens im Rat. Erst seit Mitte der 80er-Jahre kommt es aber auch in gewichtigen Bereichen zunehmend zu Mehrheitsentscheidungen, wofür Art. 11 der Geschäftsordnung des Rates (vgl Rn 374) institutionelle Vorkehrungen trifft. Durch den Vertrag von Nizza und erweitert durch den Vertrag von Lissabon wurden die Mehrheitsentscheidungen auf fast alle Regelungsgegenstände des EGV ausgedehnt; mit Ausnahme von als (zumindest von einzelnen Mitgliedstaaten) besonders sensibel empfundenen Bereichen (vgl Rn 372). Bei Mehrheitsentscheidungen musste, wenn ein Mitgliedstaat diese Nachprüfung forderte, seit 1.1.2005 die qualifizierte Mehrheit der gewichteten Stimmen zusätzlich 62% der Gesamtbevölkerung umfassen (galt gem. Art. 16 Abs. 5 EUV iVm Art. 3 Abs. 3 Protokoll Nr 36 bis 31.10.2014). Seit dem 1.11.2014 (mit Übergangsbestimmungen bis 31.3.2017) müssen generell als „demographisches“ Quorum 65% der Bevölkerung der EU neben 55% der Mitglieder des Rates, gebildet aus mindestens 15 Mitgliedern (Art. 16 Abs. 4 UAbs. 1, Abs. 5 EUV) erreicht werden.

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Interne Reformen der Kommission hatte insbesondere der Spierenburg-Bericht (1979) im Auge. Ihre Rolle wurde durch die Einheitliche Europäische Akte vor allem mit der Ausweitung der Übertragung von Durchführungsbefugnissen gestärkt (zur weiteren Stärkung durch den Vertrag von Lissabon s. Rn 571 ff). Den Herausforderungen, die die Erweiterung der Europäischen Union auf bis zu 27 Mitgliedstaaten an die Arbeitsfähigkeit der Kommission stellt, versuchte der Vertrag von Nizza dadurch zu begegnen, dass nach (zum 1.1.2007 erfolgten) Erreichen dieser Mitgliederzahl die Zahl der Kommissionsmitglieder vom Rat einstimmig festgesetzt wird. Sie sollte unter der Zahl der Mitgliedstaaten liegen und die Kommissionsmitglieder sollten auf der Grundlage einer gleichberechtigten Rotation ausgewählt werden. Dies wurde vom Vertrag von Lissabon aufgegriffen (vgl Art. 17 Abs. 4 und 5 EUV: zwei Drittel der Zahl der jetzt (noch) 28 Mitgliedstaaten, also derzeit 19 Kommissare), allerdings wegen Irland anlässlich des erforderlichen zweiten Referendums zum Vertrag von Lissabon gegebene Zusicherungen dahingehend unterlaufen, dass der Europäische Rat gemäß Art. 17 Abs. 5 UAbs. 1 EUV „einstimmig eine Änderung dieser Anzahl beschließt“[16]. Dies ist auch erfolgt[17]. Dies läuft zwar der Intention der Vorschrift zuwider, lässt sich aber – anders als die Bestimmung des Vertrags von Nizza – mit ihrem Wortlaut vereinbaren. Die Rolle des Kommissionspräsidenten wurde weiter gestärkt (s. Rn 395).

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