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5. Aktuelle Probleme der Europäischen Union
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Die Europäische Union befindet sich derzeit in der wohl schwersten Krise seit ihrem Bestehen. Dies hat vielfältige Ursachen, weshalb Kommissionspräsident Jean Claude Juncker von einer „Polykrise“ sprach[57]. Dazu gehören die Finanz- und Schuldenkrise der Wirtschafts- und Währungsunion, die zwar entschärft, aber kaum nachhaltig gelöst erscheint (s. Rn 1154, 1171), die Flüchtlingspolitik, in der die nötige Solidarität fehlt (s. Rn 1054), Defizite bei der Beachtung der durch Art. 2 EUV vorgegebenen Werte der EU, insbesondere der für die Rechtsstaatlichkeit grundlegenden richterlichen Unabhängigkeit (s. Rn 112) mit Folgen für das für die EU grundlegende Prinzip des gegenseitigen Vertrauens, dessen Grenzen in der Asylpolitik (s. zur unzulässigen Rückführung Rn 1052) und beim Europäischen Haftbefehl (s. zur unzulässigen Überstellung Rn 233) aufgezeigt wurden. Schließlich der „Brexit“, der einerseits Probleme der EU aufzeigt, andererseits Initiativen zu deren Lösung angeregt und in einem wichtigen Punkt die sonst fehlende Einigkeit der verbleibenden Mitgliedstaaten gezeigt hat. Das Weißbuch zur Zukunft Europas, das die Kommission 2017 vorgelegt hat[58], stellt fünf „Szenarien“ vor:
– | „Weiter wie bisher“ (Realistisch mit Modifikationen, aber sicher nicht unter diesem Leitwort) |
– | „Schwerpunkt Binnenmarkt“ (Besinnung auf dieses Kernstück, dessen Ausgreifen auf andere Bereiche aber angesichts der Entwicklung der EU unausweichlich ist) |
– | „Wer mehr will, tut mehr“ (Formen der Verstärkten Zusammenarbeit (VZ); s. Rn 583 ff.) |
– | „Weniger, aber effizienter“ (Konzentration auf die nur gemeinsam zu lösenden Fragen; Verzicht auf weniger bedeutsame Aktivitäten – „big in big, small in small things“) |
– | „Viel mehr gemeinsames Handeln“ (Generell „mehr Europa“. Stößt auf Widerstände, die eine Balance zwischen EU- und mitgliedstaatlichen Kompetenzen fordern). |
Am wahrscheinlichsten sind Kombinationen zwischen diesen Szenarien[59]. Die „Finalität“, dh das Ziel der Union bleibt offen – auch angesichts unterschiedlicher Vorstellungen der und in ihren Mitgliedstaaten.
Literatur:
Calliess, C., Bausteine einer erneuerten Europäischen Union, NVwZ 2018, 1; Schorkopf, F., „Europas neue Ordnung“ – eine plurale Union, NVwZ 2018, 9.
§ 2 Entwicklung und Stand der Europäischen Integration › IV. Erweiterungen der Europäischen Gemeinschaften und der Europäischen Union