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2. Bundesrepublik Deutschland

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Für die Gründung von Integrationsgemeinschaften sind völkerrechtliche Verträge erforderlich. Die Befugnis zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge weist Art. 59 Abs. 1 GG dem Bundespräsidenten zu[20]. Praktisch bedeutsamer ist die Regelung des Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG, wonach Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, der Zustimmung bzw Mitwirkung der für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in Form eines Bundesgesetzes bedürfen. Unter diese Voraussetzungen fallen auch die Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaften und der Europäischen Union, da sie als „hochpolitische“ Verträge die politischen Beziehungen des Bundes regeln und darüber hinaus zu ihrer Verwirklichung Gesetze im formellen Sinn (Parlamentsgesetze) erfordern. Das Vertragsgesetz gibt dem Bundespräsidenten die Erlaubnis zur Ratifikation des völkerrechtlichen Vertrages. Ob zu einem solchen Vertragsgesetz die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist oder seine bloße Mitwirkung genügt, bestimmt sich nach dem Inhalt des völkerrechtlichen Vertrages, zu dem es ergeht, anhand der Kriterien, die das Grundgesetz für die Zustimmungsbedürftigkeit vorsieht[21]. Hinsichtlich des Zustimmungs-(= Vertrags-)Gesetzes zur EEA wurde vom Bund die Zustimmungsbedürftigkeit konzediert, die von den Ländern zur Durchsetzung einer Verbesserung ihrer Position bei der Vorbereitung der Ratsentscheidung genutzt wurde (s. Rn 388). Der Unionsvertrag bedurfte schon wegen des 1992 eingefügten Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG der Zustimmung des Bundesrats. Gleiches galt für seine Fortentwicklungen (Amsterdam und Nizza) und für den Vertrag von Lissabon.

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Das Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Maastricht bedurfte wegen der dadurch notwendigen Änderungen des GG (Art. 23 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 S. 4 sowie Art. 88 S. 2 GG) einer verfassungsändernden Mehrheit (Art. 79 Abs. 2 GG). Seither richtet sich das Mehrheitserfordernis gemäß Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG nach Art. 79 Abs. 2 GG, soweit durch eine Änderung des Primärrechts oder vergleichbare Regelungen das Grundgesetz seinem Inhalt nach geändert oder ergänzt wird. Das ist zu bejahen, soweit durch eine Vertragsänderung Hoheitsrechte übertragen werden[22]. Dies traf auf die Zustimmungsgesetze zu den Verträgen von Amsterdam und Nizza[23] und auf das Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Lissabon[24] zu.

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Für die Gründung von Integrationsgemeinschaften, denen Hoheitsrechte übertragen werden, findet daneben Art. 24 Abs. 1 GG Anwendung. Dieser ermächtigt den Bund zur Übertragung von Hoheitsrechten durch Gesetz. Das Zustimmungsgesetz zu einem solchen Integrationsvertrag ist zugleich Gesetz im Sinn des Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG und Gesetz im Sinn des Art. 24 Abs. 1 GG (Doppelfunktion)[25]. Hinsichtlich der Verwirklichung der Europäischen Union wurde in Art. 23 Abs. 1 GG eine eigene Integrationskompetenz des Bundes geschaffen, die insoweit lex specialis zu Art. 24 Abs. 1 GG und hinsichtlich der gesteigerten Anforderungen auch zu Art. 59 Abs. 2 GG ist. Diese kommt schon wegen Art. 48 EUV auch bei der Fortentwicklung der Europäischen Union zum Tragen[26]. Von Art. 23 GG erfasst werden auch völkerrechtliche Verträge, die „in einem Ergänzungs- oder besonderen Näheverhältnis“ zum Recht der EU stehen, wenn die darin geschaffenen Befugnisse der Übertragung von Hoheitsrechten gleichkommt[27]

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Die Integrationsermächtigung des Art. 24 Abs. 1 GG ist nicht schrankenlos. Hinsichtlich der Verwirklichung der Europäischen Union sind die Schranken der Integrationsermächtigung in Art. 23 Abs. 1 GG ausdrücklich festgeschrieben. S. dazu Rn 232 ff.

§ 3 Grundlagen der Europäischen Union › III. Räumlicher Geltungsbereich

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