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b) Gerichtsstand der gerichtlichen Bestimmung

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aa) Ist eine örtliche Zuständigkeit nach §§ 7–11 StPO nicht gegeben, bestimmt der BGH das zuständige Gericht (§ 13a StPO[48]). Keine gesetzliche Zuständigkeitsvorschrift ist zB dann einschlägig, wenn eine Straftat im Ausland begangen wurde und unbekannt ist, an welchem Ort sich der Täter in der Bundesrepublik aufhält.

bb) Bei Kompetenzkonflikten entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht über die Zuständigkeit (§ 14 StPO).

cc) Ist das zuständige Gericht tatsächlich (zB durch Krankheit) oder rechtlich (zB wegen Ausschlusses nach §§ 22 ff StPO, dazu u. Rn 106 ff) verhindert, oder ist durch die Verhandlung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu befürchten (zB Androhung eines terroristischen Anschlags[49]), so bestimmt das nächsthöhere Gericht die Zuständigkeit (§ 15 StPO).

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Lösung Fall 7 (Rn 65):

a) Stark vereinfacht ergeben sich folgende sachliche Zuständigkeiten in Strafsachen:

Beim AG entscheidet der Strafrichter als Einzelrichter in Fällen der leichteren Kriminalität, dh bei Vergehen mit einer Straferwartung bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe (§§ 24 I, 25 Nr 2 GVG), das Schöffengericht in Fällen der mittleren Kriminalität, dh bei Straftaten mit einer Straferwartung bis zu vier Jahren Freiheitsstrafe (§§ 24 I Nr 2, 25, 28 GVG). Das Schöffengericht ist idR mit einem Berufsrichter und zwei Schöffen besetzt (§ 29 I GVG).

Über die Fälle der schwereren und schwersten Kriminalität, dh bei Straftaten mit einer Straferwartung über vier Jahre Freiheitsstrafe oder bei Kapitaldelikten entscheidet in erster Instanz die große Strafkammer beim LG (§ 74 GVG). In den in § 76 II 3 Nr 1–3 GVG abschließend genannten Fällen verhandelt sie mit drei Berufsrichten und zwei Schöffen, andernfalls mit lediglich zwei Berufsrichtern (vgl § 76 II 4 GVG). Zwingend ist die Dreierbesetzung in der Hauptverhandlung ua, wenn die Strafkammer als Schwurgericht tätig ist (vgl § 76 II 3 Nr 1 GVG, Kapitaldelikte iSv § 74 II GVG), sowie bei umfangreichen, schwierigen Fällen (vgl § 76 II 3 Nr 3, III GVG). Außerhalb der Hauptverhandlung entscheidet die große Strafkammer immer in der Besetzung mit drei Berufsrichtern ohne Schöffen (§ 76 I 2 GVG).

Das OLG entscheidet erstinstanzlich in einer Reihe von Staatsschutzdelikten und bei einigen anderen schweren Delikten, deren Verfolgung der Generalbundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles übernommen hat (§ 120 GVG). Die Senate sind dann mit drei bzw fünf Berufsrichtern besetzt (§ 122 II GVG).

b) Gegen die immer erstinstanzlichen Urteile der AGe (Einzelrichter oder Schöffengericht) gibt es nach Maßgabe der §§ 312 ff StPO das Rechtsmittel der Berufung, über das die Strafkammer beim LG entscheidet (§ 74 III GVG). Sie ist idR mit einem Berufsrichter und zwei Schöffen besetzt, sog. kleine Strafkammer (§ 76 I 1 GVG).

Gegen erstinstanzliche Urteile des LG (große Strafkammer) und des OLG gibt es nur das Rechtsmittel der Revision (§ 333 StPO), über das idR ein Senat des BGH (§ 135 I GVG) in der Besetzung mit fünf Berufsrichtern (§ 139 I GVG) entscheidet.

Gegen zweitinstanzliche Urteile des LG (kleine Strafkammer) steht ebenfalls das Rechtsmittel der Revision zur Verfügung (§ 333 StPO). Revision kann an Stelle der Berufung auch sofort gegen erstinstanzliche Urteile des AG eingelegt werden, sog. Sprungrevision (§ 335 StPO). Über diese Revisionen entscheidet ein Senat des OLG (§ 121 I Nr 1 GVG) in der Besetzung mit drei Berufsrichtern (§ 122 I GVG).

Einzelheiten s.o. Rn 71 ff.

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Lösung Fall 8 (Rn 66): Hier hat der Staatsanwalt bei einer (damaligen) Straferwartung von bis zu 2 Jahren Freiheitsstrafe zu Recht beim Strafrichter Anklage erhoben (§§ 24 I Nr 2, 25, 28 GVG). Auch der entsprechende Eröffnungsbeschluss war rechtmäßig. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens steht dem Einzelrichter jedoch in Fällen der vorliegenden Art, bei denen sich neue Straferschwerungsgründe ergeben haben, ein Strafrahmen von bis zu 4 Jahren zur Verfügung (§ 24 II GVG). Deshalb wäre eine Verweisung iSv § 270 I StPO an das Schöffengericht unzulässig. Einzelheiten s.o. Rn 71, 74.

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Lösung Fall 9 (Rn 67): Innerhalb der Hauptverhandlung müssten gem. § 76 I 1 GVG die Schöffen mitentscheiden. Damit hätten die beiden Berufsrichter keine Mehrheit. Bei Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung wirken die Schöffen nicht mit (§ 76 I 2 GVG), mit der Folge, dass die beiden „U-Haft-Gegner“ ihren anders denkenden Kollegen überstimmen könnten. Nach hA ist über die Haftfrage im Regelfall außerhalb der Hauptverhandlung zu entscheiden. Die Aufhebung des Haftbefehls wäre somit möglich. Richtiger Ansicht zufolge muss hingegen innerhalb der Hauptverhandlung entschieden werden, also unter Einbeziehung der Schöffen, weil hier keine zwingenden Gründe für ein anderweitiges Vorgehen sprechen. Einzelheiten s.o. Rn 81.

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