Читать книгу Strafprozessrecht - Sabine Swoboda - Страница 89

II. Organisation der Staatsanwaltschaft

Оглавление

135

Die StA ist parallel zu den Gerichten organisiert. Aufbau und sachliche Zuständigkeit ergeben sich aus den §§ 141–142a GVG. Die örtliche Zuständigkeit der Staatsanwälte wird durch diejenige des Gerichts bestimmt, bei dem die StA errichtet wurde (§ 143 I GVG).

136

1. Auf Bundesebene ist parallel zum BGH die Bundesanwaltschaft etabliert worden, mit dem Generalbundesanwalt (derzeitiger Amtsinhaber: Dr. Peter Frank) an der Spitze (§ 142 I Nr 1 GVG). Ihm sind weitere Bundesanwälte zugeordnet.

Die Bundesanwaltschaft erfüllt zum einen die klassische Aufgabe einer „Staatsanwaltschaft beim BGH“, dh sie vertritt die Anklage bei allen Verfahren, die vor dieses Gericht gelangen (s. §§ 135, 121 II GVG). Zum anderen eröffnet § 142a GVG eine Sonderzuständigkeit der Bundesanwaltschaft für die Fälle der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberlandesgerichte (s. § 120 I, II GVG, dazu o. Rn 80), dh insbes. bei Staatsschutz- und Terrorismussachen sowie sonstiger länderübergreifender Schwerkriminalität. Wenn der Generalbundesanwalt gem. § 142a GVG beim OLG das Amt der StA ausübt, wird die Strafverfolgung eine solche des Bundes, deren Aburteilung gleichwohl durch Gerichte der Länder erfolgt (§ 120 VI GVG iVm Art. 96 V GG). Im Falle der „normalen“ Delinquenz gibt es keine bundesweit operierende StA, da die Strafverfolgung insoweit Ländersache ist. Zwischen der Bundesanwaltschaft und den Staatsanwaltschaften der Länder an den Oberlandes- und Landgerichten besteht keinerlei Über-/Unterordnungsverhältnis.

Durch Vereinbarungen der Landesjustizminister bzw -senatoren wurde eine länderübergreifende Institution geschaffen: Die Zentralstelle in Ludwigsburg dient der Erfassung und Aufklärung nationalsozialistischer Gewalttaten. Hat die Zentralstelle ihre Ermittlungen abgeschlossen, klagt sie nicht selbst an, sondern gibt die Strafsache zwecks Anklage an die StA des für den Wohnort des Täters örtlich zuständigen Gerichts weiter[8].

137

Durch die per EU-VO 2017/1939 auf EU-Ebene eingerichtete Europäische Staatsanwaltschaft (EuStA)[9] zur Verfolgung der in der sog. PIF-Richtlinie bestimmten Straftaten gegen die finanziellen Interessen der Europäischen Union[10] sind den nationalen Staatsanwaltschaften zusätzliche Aufgaben und Kompetenzen zugewachsen. Auf dezentraler, nationaler Ebene muss jeder Mitgliedstaat mindestens zwei Delegierte Europäische Staatsanwälte benennen, die in ihrem jeweiligen Mitgliedstaat im Namen und innerhalb der ausgeübten Zuständigkeit der EuStA (Art. 22 f, 25 der VO) die Ermittlungen leiten und dabei ua den Weisungen der Ständigen Kammer der EuStA auf zentraler EU-Ebene unterstehen (Art. 13 der VO). Ein deutscher Staatsanwalt, der zugleich als Delegierter Europäischer Staatsanwalt benannt ist, kann nun also je nach Verfahren entweder als nationaler Staatsanwalt agieren, wobei er dann der entsprechenden innerstaatlichen Behördenhierarchie unterliegt, oder er tritt bei der Verfolgung von (schwerwiegenden) Taten zulasten der finanziellen Interessen der EU und bei ausgeübter Zuständigkeit der EuStA als Delegierter Europäischer Staatsanwalt auf. In letzterem Fall überlagern die europarechtlichen Regelungen das nationale Verfahrensrecht. Der deutsche Staatsanwalt handelt dann mit den entsprechenden besonderen Befugnissen und Pflichten eines Delegierten Europäischen Staatsanwalts (Art. 28 der VO) und ist den Weisungen der zentralen Ebene der EuStA unterworfen. Ferner hat jeder Mitgliedstaat einen Europäischen Staatsanwalt zu entsenden, der zentral auf EU-Ebene arbeitet. Er beaufsichtigt die Delegierten Europäischen Staatsanwälte bei ihren Ermittlungen innerhalb der von der EuStA ausgeübten Zuständigkeit und kann ihnen unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbar Weisungen erteilen (Art. 12 III der VO). In Ausnahmefällen besitzt er eine Art Devolutionsrecht, kann das Verfahren also an sich ziehen (Art. 28 IV der VO). Zur Implementierung der EuStA in das deutsche Strafverfahrenssystem wurden ergänzend zur unmittelbar in der deutschen Rechtsordnung geltenden EU-VO das Europäische-Staatsanwaltschaft-Gesetz (EuStAG) sowie neue Zuständigkeitsnormen im GVG erlassen (§§ 142b, 143 VI GVG)[11].

138

2. Auf Landesebene ist die StA wie folgt aufgebaut:

a) Der Generalstaatsanwalt beim OLG mit den ihm unterstellten Staatsanwälten (§ 142 I Nr 2 GVG) ist – parallel zum Gerichtsaufbau – zuständig in erster Instanz für die Staatsschutzdelikte des § 120 GVG, soweit der Generalbundesanwalt die Sache gem. § 142a II GVG an die Landesstaatsanwaltschaft abgegeben hat. Ferner ist er zuständig für die Rechtsmittel an das OLG, also insbes. für die Revision.

b) Die sachliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaften bei den Landgerichten, denen jeweils ein Leitender Oberstaatsanwalt vorsteht, orientiert sich ebenfalls am Gerichtsaufbau, umfasst also die Ausübung aller staatsanwaltschaftlichen Tätigkeiten am LG als erst- und zweitinstanzlichem Strafgericht (§ 142 I Nr 2 iVm §§ 73 ff GVG). Entsprechend der Konzentration der Wirtschaftsstrafsachen bei einem Landgericht für mehrere LG-Bezirke gem. § 74c III GVG können auch Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität gebildet werden (§ 143 IV GVG).

c) Auf der Ebene des Amtsgerichts existiert die Amtsanwaltschaft, § 142 I Nr 3 GVG. Nach den Regeln des Landesrechts ist ihre Zuständigkeit jedoch sehr begrenzt, nämlich auf bestimmte, zur Zuständigkeit des Einzelrichters gehörende Delikte. Entgegen der Konzeption des § 142 I Nr 3 GVG wird ein großer Teil der staatsanwaltschaftlichen Funktionen beim AG von der StA beim LG mit ausgeübt.

§ 5 Die Staatsanwaltschaft › III. Funktionsweise der Staatsanwaltschaft

Strafprozessrecht

Подняться наверх