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b) Grenzen des Weisungsrechts

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Zwar ist der Staatsanwalt grundsätzlich gem. § 146 GVG an die Weisungen seines Vorgesetzten gebunden, nach dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III GG) dürfen jedoch nur rechtmäßige Weisungen ergehen. Rechtswidrig sind insbes. Weisungen, die gegen das Legalitätsprinzip (s.o. Rn 47) oder ein gesetzliches Verbot (zB § 344 StGB: Verfolgung Unschuldiger; § 258a StGB: Strafvereitelung im Amt) verstoßen, oder solche, die mit einer Überschreitung des Beurteilungsspielraums oder mit einem Ermessensfehler behaftet sind. Nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Regeln (vgl §§ 63 II 1, 2 BBG, 36 II 1, 2 BeamtStG) kann der Staatsanwalt über die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Weisung nicht frei entscheiden, vielmehr hat er seine Bedenken dem unmittelbaren Vorgesetzten vorzutragen. Wird die Anordnung aufrechterhalten, so hat er sich, wenn seine Bedenken gegen ihre Rechtmäßigkeit fortbestehen, an den nächsthöheren Vorgesetzten zu wenden. Bestätigt dieser die Anordnung, so muss er sie ausführen, es sei denn das ihm aufgetragene Verhalten ist strafbar, stellt eine Ordnungswidrigkeit dar oder verletzt die Menschenwürde. Der Gesichtspunkt der Menschenwürde wird im Strafverfahren, bei dem es häufig für den Betroffenen um existenzbedrohende Maßnahmen geht, besonders aktuell. Man wird jedem Staatsanwalt, der glaubt, eine Entscheidung nicht mit seinem Gewissen vereinbaren zu können, das Recht einräumen müssen, die Sache abgeben zu dürfen. Das Ermessen des Vorgesetzten im Rahmen seines Devolutions- bzw Substitutionsrechts gem. § 145 GVG reduziert sich in einem solchen Fall entsprechend. Dies darf für den Staatsanwalt auch keine beamtenrechtlichen Konsequenzen haben. De facto bedeutet das, dass hinsichtlich individueller Entscheidungen des Staatsanwalts gegen dessen Willen keine Weisungen ergehen können, dass dann vielmehr der Konflikt durch Ausübung des Devolutions- und Substitutionsrechts gelöst werden muss[16]. Die hM im Schrifttum hält hingegen im Rahmen der Rechtmäßigkeit jede Weisung nicht nur für zulässig, sondern meint auch, dass der Staatsanwalt ihr Folge leisten müsse[17].

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c) Besonderheiten bestehen für die Situation der Hauptverhandlung, denn hier müssen viele Entscheidungen getroffen werden, die den unmittelbaren Eindruck der Hauptverhandlung voraussetzen. Aus dem in § 261 StPO verankerten Unmittelbarkeitsprinzip folgt, dass insoweit das Recht des Sitzungsstaatsanwalts auf eine eigenverantwortliche Entscheidung besonders extensiv gehandhabt werden muss. Entsprechend der hier vertretenen Lösung (s.o. Rn 143) kann der Vorgesetzte zwar jede Weisung erteilen – zB nachdem er sich durch den Vortrag des bzw der Sitzungsstaatsanwälte ins Bild gesetzt hat –, im Konfliktfall muss der Sitzungsstaatsanwalt jedoch immer die Möglichkeit haben, der Weisung nicht nachzukommen. Dann kann der Vorgesetzte ggf von seinen Devolutions- und Substitutionsrechten Gebrauch machen. Für die konkrete Ausgestaltung des Schlussplädoyers dürfen nach heute schon herrschender Meinung überhaupt keine Weisungen erteilt werden[18].

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d) Vereinfacht lassen sich Aufbau und Funktionsweise der StA graphisch wie in der Übersicht 2 darstellen.

Übersicht 2:

Aufbau und Funktionsweise der Staatsanwaltschaft


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§ 5 Die Staatsanwaltschaft › IV. Stellung der Staatsanwaltschaft

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