Читать книгу Romanpaket Spezial 8/2021: Die mitreißendsten Liebesromane im August 2021 - Sandy Palmer - Страница 25
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ОглавлениеEs war schon sehr spät. Die letzten Gäste des HINZBERGER HOFS waren gerade dabei, ihre kaum noch halbvollen Gläser auszutrinken und Claudia war gerade damit fertig, die Tageseinnahmen zu zählen.
Da hörte die junge Frau draußen vor der Tür ein Motorengeräusch.
Ein Wagen fuhr vor.
Zenzi Gärtner, ein braunhaariges Madl in Claudias Alter, das die neue Wirtin als Gehilfin eingestellt hatte, stand in der Nähe des Fensters. Zenzi strich sich eine Strähne ihrer dunkelbraunen Haare aus dem Gesicht und blickte angestrengt hinaus in die Nacht.
"Mei, da ist ein Taxi vorgefahren!", stieß sie dann überrascht hervor. "Und das um diese Zeit... Wer das wohl sein kann?"
Augenblicke später öffnete sich die Tür.
Eine Frau trat mit elegantem Schritt ein. Sie war kaum älter als Claudia. Ihre Jeanshosen saßen sehr knapp, das Gleiche galt für ihr T-Shirt. Die rotblonden Haare hatte sie zu einer Hochfrisur aufgesteckt.
Die wenigen noch anwesenden Gäste stierten sie an wie ein Wesen von einem anderen Stern.
Die junge Frau ließ abschätzig den Blick schweifen. Sie strotzte nur so vor Selbstbewusstsein. Die Blicke der anwesenden Mannsbilder beachtete sie nicht weiter. Sie schien daran gewöhnt zu sein, in jedem Raum, den sie betrat, sogleich der Mittelpunkt zu sein.
Noch jemand betrat den Schankraum es HINZBERGER HOFS.
Es war der Taxifahrer, der sich mit den Koffern abquälte und sie sorgfältig in der Nähe des Tresens abstellte.
Die junge Frau bezahlte ihn, gab ihm dabei ein großzügiges Trinkgeld und meinte dann sehr von oben herab: "Sie können jetzt gehen!"
"Nix für ungut!", meinte der Taxifahrer, bedankte sich dann noch einmal für das Trinkgeld und verschwand.
"He, Sie müssen ihn zurückrufen", meinte Claudia, die einen Augenblick lang wie erstarrt dagestanden hatte.
Die fremde junge Frau lächelte kühl und trat dann gemessenen Schrittes an Claudia Sennreicher heran.
"Ich muss gar nichts", sagte sie dann.
"Aber wir schließen gleich!", wandte Claudia ein.
"Ich beabsichtige, hier zu übernachten!"
"Das ist unmöglich!"
Von draußen her war zu hören, wie das Taxi davonfuhr.
Claudias Puls ging spürbar schneller. Schon im ersten Moment hatte sie gespürt, dass sie diese Frau nicht mochte. Woran das genau lag, konnte sie nicht sagen. Sie hatte etwas an sich, dass sämtliche Alarmglocken in der frisch gebackenen Wirtin klingeln ließ.
Nimm dich vor dieser Person in Acht!, ging es Claudia durch den Kopf.
Das Lächeln der Rotblonden wirkte kalt und geschäftsmäßig.
"Für mich ist hier nichts unmöglich!", erklärte sie dann.
"Tut mir leid, aber die wenigen Fremdenzimmer, die wir haben, sind belegt. Sie können es höchstens im Dorf beim Kornhuber versuchen... Außerdem gibt es noch jede Menge private Unterkünfte hier in der Ge..."
"Es scheint, dass Sie mich nicht richtig verstanden haben!", schnitt die junge Frau Claudia dann das Wort ziemlich rüde ab. "Für mich ist alles möglich, was den HINZBERGER HOF betrifft. Denn ich bin die rechtmäßige Besitzerin..."
"Da muss ein Missverständnis vorliegen", stieß Claudia verwundert hervor.
"Ihrerseits vielleicht", lautete die eisige Erwiderung.
"Mein Name ist Patricia Hinzberg. Ich gebe zu, nur sehr weitläufig mit der verstorbenen Maria Hinzberg verwandt gewesen zu sein. Aber dafür hat sie mich als ihre Universalerbin eingesetzt!"
Claudia wechselte einen kurzen Blick mit Zenzi, die natürlich alles mit angehört hatte.
"Das kann net sein!", erklärte die junge Wirtin dann so gelassen, wie ihr das in dieser Lage nur irgend möglich war.
"Das ist völlig unmöglich!"
Patricia lächelte geringschätzig.
"Ich nehme an, Sie sind hier angestellt. Es wäre nett, wenn Sie mir meinen Besitz zeigen würden!"
"Ich bin hier keinesfalls 'angestellt', sondern die neue Wirtin", erklärte Claudia dann und versuchte dabei so selbstsicher wie nur möglich zu wirken.
Innerlich kochte sie.
Was bildete sich diese Person eigentlich ein? Führte sich hier wie die Hausherrin auf, ohne bislang irgendeinen Beweis dafür vorzulegen, dass sie das Recht dazu hatte!
"Das kann alles nur ein Missverständnis sein", meinte Claudia dann und versuchte dabei, einen versöhnlichen Ton zu treffen. Schließlich war ihr keineswegs an irgendeinem Streit gelegen. Ganz im Gegenteil. In sachlichem Tonfall berichtete sie dann von der Testamentseröffnung und dem letzten Willen von Maria Hinzberg, den diese bei einem Notar hinterlegt gehabt hatte. "Es ist alles den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend vor sich gegangen", erläuterte Claudia. "Und wenn Sie jetzt irgendwelche Ansprüche haben, so fürchte ich, kommen Sie damit zu spät."
Patricia Hinzbergs Gesicht veränderte sich. Es wurde starr und maskenhaft. "Zu spät?", echote sie. "Keineswegs! Man kann ein Testament auch anfechten! Und genau das werde ich tun!"
"Daran werde ich Sie wohl nicht hindern können!"
"Ganz recht!" Patricia beuge sich etwas vor. Ihre dunklen Augen funkelten wütend. "Ich weiß nicht, wer Sie sind und wie Sie es geschafft haben Tante Maria dazu zu überreden, ein Testament zu Ihren Gunsten aufzusetzen, aber..." Sie sprach nicht weiter.
"Mein Name ist Claudia Sennreicher - und wenn Sie wollen, können Sie das Testament gerne einsehen!"
"Darauf werde ich gewiss zurückkommen!"
"Aber ganz gleich, wer Sie auch sein mögen --- eine Übernachtung im HINZBERGER HOF ist völlig ausgeschlossen. Selbst ich wohne zur Zeit nicht hier, sondern bei meinen Eltern."
Patricia verzog leicht spöttisch den Mund. "Was Sie nicht sagen!" Sie warf den Kopf in den Nacken. "Und wo soll ich jetzt hin?"
"Wenn Sie wollen, rufe ich für Sie beim Kornhuber an, ob dort noch etwas frei ist."
"Zu gütig!", meinte Patricia hochnäsig. Dann zuckte sie die Schultern. "Es scheint so, als ließen Sie mir keine andere Wahl..."
Claudia wandte sich an Zenzi. "Erledigst du das eben?"
"Ja, freilich", beeilte sich die noch immer völlig konsternierte Gehilfin zu sagen. Sie lief hinter den Tresen und nahm den Telefonhörer ab.
Claudia musterte Patricia unterdessen kritisch. "Meine Mutter war die Schwester der Maria Hinzberg", sagte sie dann.
"Darf ich fragen, in welchem Verwandtschaftsverhältnis Sie nun eigentlich genau zur Verstorbenen standen?"
Patricia wich aus. Mit nervös wirkenden Bewegungen zupfte sie sich ihre Frisur zurecht und meinte: "Vom Verwandtschaftsgrad her haben sicherlich Sie die besseren Karten..."
"Dann weiß ich ehrlich gesagt net, was der Schmarrn soll! Von wegen Testament anfechten und dergleichen!"
Patricia hob den Kopf und sah Claudia dann direkt in die Augen. Ein bohrender, unangenehmer Blick, dessen finstere Entschlossenheit Claudia regelrecht zusammenzucken ließ.
"Tante Maria hat mich die ganzen Jahre über immer sehr unterstützt. Auch wenn wir fast nur brieflichen Kontakt hatten, so hat sie doch regen Anteil an meinem Leben genommen. Tante Maria hatte keine eigenen Kinder - vielleicht hat sie in mir so etwas wie eine Art Tochter gesehen - auch wenn es mir leider nicht vergönnt war, sie in den letzten Jahren persönlich zu sehen. Aber das liegt daran, dass meine Eltern lange im Ausland lebten..." Sie atmete tief durch.
"Ich will Ihnen diese lange Geschichte ersparen."
"Wie kommt es, dass Tante Maria nie eine Patricia erwähnte?" fragte Claudia. "Tante Maria und ich haben in den letzten Jahren sehr eng zusammengearbeitet und uns gegenseitig alles erzählt, was im Leben der jeweils anderen eine Bedeutung hatte. Aber der Name Patricia Hinzberg ist dabei bestimmt net gefallen! Daran hätte ich mich sonst erinnert!"
Patricias Erwiderung war schneidend.
"Vielleicht haben Sie einfach nicht richtig hingehört, Claudia! Manchmal hört man ja auch nur das, was man hören will!"
Claudia wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, da kam ihr Zenzi zuvor.
"Beim Kornhuber ist noch ein Kammerl frei!", meldete sie.
Sie hatte den Hörer noch in der Hand. "Was soll ich dem Kornhuber sagen? Kann er heute Abend noch mit einem Gast rechnen?"
"Was bleibt mir anderes übrig!", zischte Patricia Hinzberg.
"Wenn einem das rechtmäßige Eigentum einfach vorenthalten wird..."
"Wenn Sie wollen, dann bringe ich Sie sogar noch ins Dorf", versprach Claudia. "Allerdings müssten Sie dann noch ein kleines bisserl warten - solange, bis ich hier aufgeräumt habe. Aber ein Taxi, dass Sie aus der Stadt rufen müssten, wäre auch net schneller hier und würde Sie obendrein ein halbes Vermögen kosten!"
"Das lassen Sie mal meine Sorge sein!", zischte Patricia.
"Wie Sie wollen!"
Dann schien sie sich eines Besseren zu besinnen und fügte etwas versöhnlicher hinzu: "Ich nehme Ihr Angebot an."