Читать книгу Romanpaket Spezial 8/2021: Die mitreißendsten Liebesromane im August 2021 - Sandy Palmer - Страница 28
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ОглавлениеZwei Tage lang hörte Claudia Sennreicher nichts mehr von Patricia Hinzberg - wenn man einmal von allerlei Gerüchten absah, die inzwischen über die junge Frau in Umlauf waren.
Darunter auch die Nachricht, dass Patricia zusammen mit Markus Rieder in der Wirtschaft des Kornhubers gesehen worden war und die beiden sich offenbar ganz prächtig verstanden hatten.
Wahrscheinlich alles nur dummes Gerede, wie es schnell aufkam, wenn jemand wie Patricia auftauchte und sich jemand länger als ein paar Minuten mit ihr unterhielt. So dachte Claudia zunächst.
Sie selbst hatte vom Markus allerdings in diesen zwei Tagen nichts gesehen. Das war an und für sich nicht verwunderlich, denn er hatte im Augenblick alle Hände voll zu tun. Am Abend hatte Markus kurz beim HINZBERGER HOF vorbeigeschaut, aber da war Claudia gerade nicht dort gewesen.
Sie hatte nämlich in der nahen Stadt den Rechtsanwalt und Notar Dr. Wiedner aufgesucht, der auch das Testament eröffnet hatte.
Die Sache mit dem Testament hatte ihr nämlich keine Ruhe gelassen. Sie hatte sich vergewissern wollen, dass wirklich alles in Ordnung sei und sie nichts zu befürchten hätte.
"Das haben Sie auch net", hatte Dr. Wiedner ihr versichert. "Es sei denn, es würde ein gültiges Testament auftauchen, dass später datiert ist als jenes, dass Sie zur Alleinerbin bestimmt hat."
Sehr erleichtert war Claudia heim gefahren.
Dass sie den Rieder-Markus 'verpasst' hatte, erfuhr sie bei ihrer Rückkehr von Zenzi Gärtner, ihrer unermüdlichen Gehilfin.
"Mei, sonderlich zufrieden wirkte er net, der Rieder-Markus", gestand Zenzi. "Ich weiß auch net, was mit ihm los war."
Claudia atmete tief durch.
"Wir hatten einen kleinen Disput und seitdem ist zwischen uns ein bisserl Sand im Getriebe."
Zenzi machte eine wegwerfende Handbewegung. "Der wird sich schon wieder beruhigen", war sie überzeugt.
"Ich weiß net..." Claudia war da etwas skeptischer. "Es wär schon gut gewesen, wenn wir uns hätten aussprechen können."
Es war am frühen Nachmittag des folgenden Tages, als dann ein sportliches Coupe auf dem knappen Parkplatz vor dem HINZBERGER HOF vorfuhr. Ein Leihwagen, den sich jemand in der Stadt gemietet hatte, wie man sofort an der Firmenaufschrift erkennen konnte.
Claudia sah den Wagen durch das Fenster des kleinen Büros, dass sie sich in einem abgetrennten, winzigen Erker eingerichtet hatte. Die junge Wirtin war nämlich gerade damit beschäftigt gewesen, die Bücher des HINZBERGER HOFS auf dem laufenden zu halten.
Sie staunte nicht schlecht, als sie niemand anderen als Patricia Hinzberg aus dem Coupe steigen sah.
Sie trug heute das Haar offen.
Der kräftige Wind, der von den Bergen herab wehte, wirbelte es regelrecht durcheinander.
Claudias Herz klopfte bis zum Hals.
Mei, was will die denn jetzt hier!, durchzuckte es sie.
Andererseits - hatte der Anwalt nicht klipp und klar gesagt, dass überhaupt kein Anlass dafür bestand, sich irgend welche Sorgen zu machen?
Claudia atmete tief durch und versuchte sich selbst zu beruhigen.
Erstmal abwarten, was diese Schlange jetzt für Gift verspritzen will!, überlegte sie dann.
Wenige Augenblicke später kam dann die Zenzi zu ihr in das kleine Büro hereingerannt.
"Die Patricia Hinzberg!", entfuhr es ihr ganz atemlos. "Sie sitzt im Schankraum und will unbedingt mit dir sprechen! Und sie macht den Eindruck, als würde sie sich in keinem Fall abweisen lassen wollen..."
"Sag ihr, dass ich gleich komme", erklärte Claudia dann, nach einer kurzen Pause des Nachdenkens.
"Gut." Zenzi wandte sich zum gehen, blieb dann aber noch einmal kurz stehen und drehte sich herum. "Lass dich net unterkriegen, Claudia!"
"Keine Angst." Über Claudias Gesicht glitt ein mattes Lächeln. Doch in ihrem Inneren tobte das Chaos.
Sie wartete noch einige Augenblicke lang ab.
Soll diese Frau sich ruhig ein bisserl gedulden, überlegte Claudia. Dann wagte sie sich schließlich in den Schankraum hinaus. Sie rief sich noch einmal die Worte ins Gedächtnis, die der Rechtsanwalt Dr. Wiedner zu ihr gesagt hatte.
Es kann dir nix passieren!, versuchte sie sich zu beruhigen.
Als Claudia den Schankraum betrat, stolzierte Patricia darin herum, als wäre sie die Besitzerin. Mit kritischem Blick begutachtete sie die Wandvertäfelung und die Qualität des Mobiliars.
Der Gesichtsausdruck, den sie dabei aufgesetzt hatte, war reichlich geringschätzig.
"Guten Tag, Frau Hinzberg", sagte Claudia dann betont förmlich.
Patricia drehte sich herum.
"Ah, schön dass Sie da sind. Es wird sie nicht freuen, was ich Ihnen zu sagen habe - darum werde ich es kurz und schmerzlos machen. Allerdings lasse ich mich diesmal nicht so einfach hinauswerfen wie beim letzten Mal..."
Claudia nickte. "Ist mir recht, wenn's net lang und breit um den heißen Brei herumred'n wollen", stimmte sie ihrer Kontrahentin zu. "Also dann heraus mit der Sprach! Was gibt's zwischen uns zweien zu besprechen?"
"Es geht darum, dass Sie net die rechtmäßige Erbin des HINZBERGER HOFS sind und ich das auch beweisen kann..." Die Stimme Patricia Hinzbergs klang wie klirrendes Gletschereis.
Claudia starrte ihr Gegenüber fassungslos an.
"Mei, und was sind das nun für Beweise?", verlangte sie dann zu wissen.
"Es existiert ein Testament, das ganz bestimmt nach jenem datiert ist, dass Sie - vorläufig! - zur Alleinerbin machte."
"Das ist unmöglich!", stieß Claudia hervor. "Vollkommen unmöglich!"
Patricia machte eine weit ausholende Bewegung. "Es muss hier hier irgendwo sein, denn wie die Testamentseröffnung ja beweist, ist es net mehr zum Notar gelangt..."
"Mei, was rede'n Sie denn da..."
"Ich erhielt einen Brief von Tante Maria. Sie schickte ihn am Tag ihres Todes ab. Darin schrieb sie, dass sie gerade ihren letzten Willen noch einmal geändert habe..."
"Zu Ihren Gunsten natürlich!", sagte Claudia.
Patricia nickte. "Ja, genau!"
"Aber warum sollte Tante Maria das getan haben? Schließlich war sie doch erst kurz zuvor beim Notar gewesen, um mich als ihre Erbin einzusetzen!"
Patricia musterte ihr Gegenüber abschätzig.
Schließlich sagte sie nach einer quälend langen Pause in gedämpftem Tonfall: "Ich dachte, Sie könnten mir das sagen... In dem Brief gibt es lediglich ein paar Andeutungen."
"Kann ich den Brief einmal sehen?"
"Bitte..." Patricia öffnete ihre Handtasche und holte ein Kuvert hervor. Dies reichte sie Claudia. Mit zitternden Händen nahm Claudia den Brief heraus.
Er war tatsächlich in Tante Marias Handschrift geschrieben.
Daran konnte kein Zweifel bestehen.
Genau so wenig wie daran, dass in dem Schriftstück von einem neuen Testament die Rede war.
Claudia hatte den Brief gerade überflogen, da nahm Patricia ihn ihr wieder aus der Hand. "Dies ist ein wichtiges Beweisstück. Sie werden verstehen, dass ich es ungern länger als unbedingt notwendig aus der Hand gebe..."
Claudia war ganz verstört.
Eine Welt brach in ihr zusammen.
Warum?, dachte sie. Warum hatte die Hinzberger Maria das getan? Welchen Grund konnte sie dazu nur gehabt haben?
"Es hat niemals ein Zerwürfnis zwischen mir und Tante Maria gegeben", flüsterte Claudia. "Ich verstehe das net... Im Gegenteil, sie vertraute mir, ich machte die Bücher des Wirtshauses und wie oft hat sie gesagt, dass sie den HINZBERGER HOF gar net ohne meine Hilfe hätt' führen können. Die Arbeit war ihr doch längst und lange über den Kopf gewachsen..."
"Vielleicht erinnerte sich Tante Maria einfach an ein altes Versprechen, dass Sie mir mal gegeben hat..."
"Davon glaube ich kein Wort", erwiderte Claudia sofort.
Gleich darauf schalt sie sich selbst eine Närrin. Siehst du net die Beweise? Es passt doch alles zusammen! Wie kannst du da so etwas sagen?
"Warum haben Sie mir den Brief net schon vor zwei Tagen gezeigt?", fragte Claudia dann, denn dieser Umstand kam ihr doch reichlich eigenartig vor.
Patricia hob die Augenbrauen.
"Wie hätte ich das denn tun sollen?"
"Naja..."
"Sie haben mich doch gleich hinausexpediert und mir bedeutet, dass Sie von der ganzen Angelegenheit nix wissen wollen."
"Trotzdem - Sie hätten mir den Brief zeigen sollen, dann hätte ich Ihre Aussagen auch ernster nehmen können."
Patricia lachte hell auf.
"Das wollen Sie mir doch net im Ernst weismachen!" Sie hob das Kinn, strich sich mit einer eleganten Bewegung ein paar verirrte Haarsträhnen aus dem Gesicht.
"Sie haben ganze zwei Tage damit gewartet!", gab Claudia zu bedenken.
"Ja", nickte Patricia. "Ich habe einen Anwalt aufgesucht, um mich beraten zu lassen. Der Klageweg wäre für alle Beteiligten natürlich die teuerste Variante. Es wäre besser, wenn wir das so klären könnten. Ich denke, Sie sollten mir jetzt das Testament herausgeben..."
"Wie bitte?"
Claudia glaubte im ersten Moment, sich verhört zu haben.
"Ganz recht. Es muss sich hier im HINZBERGER HOF befinden. Wo sonst sollte Tante Maria es aufbewahrt haben? Bei den Sachen, die man nach ihrem Unfall bei ihr fand, war es net..."
c"Woher..?"
"Ich habe mich erkundigt!" Patricia Hinzberg streckte ihre geöffnete Hand aus. "Geben Sie es heraus. Es muss sich unter Tante Marias Sachen befunden haben... Oder sollte es etwa der Fall sein, dass Sie den letzten Willen unserer gemeinsamen Tante vernichtet haben?"
Dieser Vorwurf traf Clasudia wie ein Schlag vor den Kopf.
Wie konnte jemand nur so etwas von ihr denken? Ihr unterstellen, dass sie den letzten Willen ihrer geliebten Tante nicht respektiert hätte?
Hatte sie sich denn jemals um dieses Erbe gerissen?
War es nicht vielmehr so, dass es zu Anfang eher eine Bürde gewesen war?
"Ich habe dieses mysteriöse Testament nicht", erklärte Claudia, während ihr Herz wie wild klopfte. "Und ich hatte auch net die geringste Ahnung von seiner Existenz..."
"...die Sie ja jetzt wohl net mehr bestreiten werden!"
Patricias dunkle Augen funkelten Claudia an. Die junge Städterin ließ schließlich den Arm sinken.
"Gut", sagte sie. "Ich versteh' Sie schon. Sie wollen auf stur stellen und meine Ansprüche auch weiterhin net anerkennen. Dann werde ich mit einem Anwalt zurückkehren müssen..."
"Hören Sie!"
"...und wenn das net hilft einen gerichtlichen Beschluss erwirken müssen, den HINZBERGER HOF nach dem Verbleib des Testaments zu durchsuchen!"
Damit drehte Patricia sich um, ging mit grazilen Schritten in Richtung des Ausgangs.
Dort angekommen, drehte sie sich noch einmal kurz herum.
Sie ließ den Blick über die Holzvertäfelung, die rustikalen Tische und die großformatigen Landschaftsbilder an den Wänden schweifen, die ein Maler aus der Umgebung auf die Leinwand gebracht hatte. "Besser, Sie verändern hier einstweilen nix! Sonst mache ich Sie später regresspflichtig!"
Und mit dieser Drohung ging sie dann hinaus.
Claudia stand wie angewurzelt da, starr vor Schrecken.
Draußen hörte sie, wie der Motor des Coupes angelassen wurde und die junge Städterin davonfuhr.
Zenzi Gärtner, die alles mit angehört hatte, trat jetzt hinter dem Schanktisch hervor. "Mei, von dem, was diese Dame sagt wird doch wohl nix der Wahrheit entsprechen", murmelte sie.
Aber Claudia war nicht in der Lage, ihr irgendeine Antwort zu geben.
Das darf doch alles net wahr sein!, durchzuckte es sie. Der schlimmstmögliche Fall war eingetreten. Und das, obwohl ihr alle Welt gesagt hatte, dass dies vollkommen unmöglich wäre.