Читать книгу Der Riesen Arztroman Koffer Februar 2022: Arztroman Sammelband 12 Romane - Sandy Palmer - Страница 25

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Derweil ging der Kampf im Doktorhaus weiter. Rüdiger hatte nach dem Gespräch mit den Damen endlich Vertrauen zum Arzt gefunden. Zwei Wochen später fand das erste Gespräch statt. Es ging Rüdiger jetzt schon besser, die schrecklichen Schmerzen kamen nur noch ganz selten. Jetzt musste er noch gegen die Sucht ankämpfen.

Sein Bein heilte auch recht gut. Alles war eigentlich zufriedenstellend.

Dr. Burgstein und Rüdiger saßen beisammen und unterhielten sich. Rüdiger erzählte dem Doktor seine ganze Geschichte und entschuldigte sich auch dafür, dass er bis jetzt geschwiegen hatte.

»Ich wollte einfach nicht, dass Sabine mit hineingezogen wird. Verstehen Sie das denn nicht? Sie sollte mich nicht so erbärmlich sehen. Ich will mich nicht mehr wie eine Klette an sie hängen.«

»Aber wie soll es denn jetzt in Zukunft weitergehen?«

»Wenn ich das nur wüsste! Ich habe ja solche Angst davor, dass ich mir was zum Trinken besorge, sobald ich wieder laufen kann.«

»Ich weiß, und deswegen müssen wir schleunigst mit der Therapie anfangen.«

»Woraus besteht diese Therapie?«

»Ihnen diesen Gedanken austreiben. Sie müssen Herr über sich selbst werden. Wenn Sie das nicht schaffen, sind Sie verloren!«

»Und Sie meinen, wenn ich mich an Ihr Naturheilverfahren halte, kann ich das schaffen?«

»Leider muss ich Ihnen sagen, dass die meisten Trinker wieder rückfällig werden. Nur ganz wenige schaffen es. Und dann müssen sie für ihr ganzes Leben trocken bleiben. Sie dürfen nie mehr einen Tropfen über die Lippen bringen. Die kleinste Menge Alkohol macht Sie wieder zum Trinker.«

»Das ist ja furchtbar!«

»Ich weiß. Aber so ist es nun mal.«

»Ich will aber nicht mehr. Jetzt, wo ich langsam wieder klar denken kann, merke ich erst einmal, wieviel Zeit ich vertan habe. Das Leben gleitet an mir vorbei, ich war immer nur im Tran. So darf das einfach nicht wieder sein! Ich will nicht!«

»Wenn Sie schon so denken, dann ist das sehr gut. Das bedeutet schon einen riesigen Schritt nach vorn.«

»Mein ganzes Leben«, murmelte Rüdiger. »Das erschreckt mich maßlos. Kann man sich eigentlich so lange beherrschen? Ein Leben lang?«

Dr. Burgstein dachte nach.

Die Zeit, dachte er, das ist es. Die macht ihn verrückt. Wenn ich an die Zukunft denke, und daran, wie sehr man die Umwelt zerstört, packt mich auch das blanke Grausen, und ich habe mitunter keine Lust mehr, weiterzuleben. Und was tue ich dagegen? Ich habe mir angewöhnt, nur noch bis morgen zu denken.

Morgen!

Dr. Burgstein richtete sich auf.

Morgen! Das war so kurz. Das konnte doch jeder. Das konnte man schaffen! Morgen, so leicht lässt sich das versprechen. Nur bis morgen!

Der Doktor blickte Rüdiger an.

Wenn ich ihm doch so ein Losungswort geben könnte, dann wäre für ihn alles leichter zu ertragen, und er würde Mut fassen.

»Ich glaube, Sie hören mir gar nicht zu.«

Dr. Burgstein schreckte hoch.

»Wie? Ich war ganz in Gedanken!«

»Sehen Sie, Sie finden auch, dass es nicht einfach ist. Daran zerbrechen die Trinker. Das schaffen sie einfach nicht, ein ganzes Leben lang.«

Der Doktor wollte Rüdiger schon sagen: Aber es ist doch Ihre Schuld, Sie haben doch zu trinken angefangen. Und jetzt sollen wir uns den Kopf zerbrechen? So einfach machen Sie es sich. Immer die Schuld abwälzen, dann fühlt man sich frei.

Dr. Burgstein wusste, es war ungerecht so zu denken. Trinker und Raucher waren labile Menschen, und aus diesem Grunde konnten sie oft ihre Versprechen nicht halten. In ihrem Hirn hatte eine Veränderung stattgefunden. Die ließ sich nicht mehr rückgängig machen.

Morgen, dachte der Arzt, morgen! Ich muss etwas finden, woran er sich klammern kann. So, wie ich es tue, wenn ich verzweifelt bin. Morgen, ich brauche es nur bis morgen zu schaffen, und plötzlich habe ich wieder Mut. Das sage ich ja auch immer meinen Kranken.

Und dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen.

»Ich hab es!«, rief der Doktor aufgeregt.

Rüdiger schaute ihn erschrocken an.

»Was?«

»Wie Sie für alle Zeit nüchtern bleiben können, ohne sich groß anzustrengen.«

Er lachte hart auf.

»Eben haben Sie mir noch gesagt, wie schwer es für uns Trinker ist, ein ganzes Leben lang nüchtern zu bleiben, und jetzt?«

»Aber hören Sie mich doch an! Ich habe mich nur falsch ausgedrückt, daran liegt es.«

»Wie meinen Sie das?«

»Das ganze Leben, daran brauchen Sie gar nicht mehr zu denken. Das vergessen Sie mal ganz geschwind. Streichen Sie es aus ihrem Hirn!«

»Sagen Sie mal, Doktor, sind Sie nicht vielleicht betrunken?«

Dr. Burgstein lachte amüsiert auf.

»Nein!«

»Und was ist es nun? Eine Wunderdroge vielleicht?«

»Nein!«

»Nicht?«

»Noch einfacher!«

»Dann bin ich aber gespannt.«

»Sie brauchen sich jetzt jeden Morgen nur einen Satz vorzusagen, und sich daran halten. Das ist alles.«

»Na, dann man zu!«

»Wenn Sie aufwachen, sagen Sie sich nur vor: Ich muss nur heute das erste Glas stehenlassen, und ich bleibe trocken.«

Rüdiger blickte ihn verdutzt an.

»Wie war das?«

»Ich muss nur heute das erste Glas stehenlassen.« Rüdiger war verdutzt. »Das können Sie doch schaffen, oder?«, fragte der Doktor.

»Nur das erste Glas? Und was ist mit den anderen?«

Burgstein lachte.

»Aber die können Sie doch gar nicht trinken!«

»Nicht? Wenn Sie wüssten!«

»Es kann keine folgenden geben, weil Sie doch das erste Glas nicht trinken, erst wenn Sie das erste trinken, gibt es ein zweites, drittes und so weiter.«

Füller lachte auf.

»Donnerwetter, das ist ja ziemlich raffiniert.«

»Nicht wahr?«

»Und nur heute?«

»Ja, nur heute.«

»Und was ist mit morgen?«

»Morgen früh werden Sie wach, und dann ist doch wieder heute!«

Rüdiger begann zu zittern.

»Aber das ist doch teuflisch einfach!«

»Eben! Sie kommen sich nicht als Versager vor. Sie sagen sich: Nur heute! Wenn ich das nicht schaffe, dann bin ich ein Schwächling.« Dr. Burgstein strahlte Rüdiger an.

»Wenn das stimmt!« Rüdiger lachte leise auf.

»Könnten Sie den Mut aufbringen?«, fragte Dr. Burgstein.

»Nur heute nicht!«

»Das müssen Sie sich immer vorsagen, wenn Sie Alkohol sehen. Pausenlos! Morgen kann ich so viel trinken, wie ich will. Nur heute nicht. Damit trösten Sie sich. Sie freuen sich auf morgen. Morgen dürfen Sie ja, nur nicht heute.«

»Und morgen geht es mit heute wieder los?«

»Die Vertröstung auf den nächsten Tag wird Sie stärken.«

»Du meine Güte, wenn das so einfach ist, dann hätten Sie einen Orden verdient.«

»Noch haben wir es nicht ausprobiert, noch sind Sie hier und sehen keinen Alkohol. Aber sobald Sie mit Ihrem Gipsbein herumlaufen können - und das wird in ein paar Tagen der Fall sein -, müssen wir mit dem Üben anfangen.«

»Wenn ich wieder laufen kann, können die Damen mich ja nicht mehr verwöhnen.«

»Wenn Sie es so gern haben, können wir ja ein wenig schwindeln«, zwinkerte Dr. Burgstein ihm zu.

»Sie sind ganz schön raffiniert, Doktor!«

»Das hat mir noch keiner gesagt.«

»Dann wird es höchste Zeit.«

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