Читать книгу Der Riesen Arztroman Koffer Februar 2022: Arztroman Sammelband 12 Romane - Sandy Palmer - Страница 31

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Rüdiger erwachte.

Sein Kopf war schwer und tat ihm höllisch weh. Rüdiger brauchte eine ganze Weile, um zu begreifen, was geschehen war. In seinem Innern tobte wieder ein schrecklicher Kampf. Er fühlte sich erbärmlich. Er konnte sich das gar nicht erklären. Von seinem Saufgelage hatte er keine Ahnung mehr.

Er wusch sich, zog sich an und ging dann nach unten. Dort saßen alle am großen Tisch und frühstückten.

»Hallo«, sagte Rüdiger zaghaft. Sie blickten ihn alle bekümmert an. »Ich weiß gar nicht, was mit mir los ist?«

»Das wissen Sie wirklich nicht?«, sagte Britta erschrocken. »Das ist ja furchtbar!«

Rüdiger sah sie an.

»Nein, mir ist nur so übel!«

»Weil Sie wieder zu trinken angefangen haben«, sagte Frau Schöller ruhig.

Er schaute sie entsetzt an.

»Das ist nicht wahr!«

»Sie können sich nicht daran erinnern?«

Rüdiger blickte den Arzt an.

»Sagen Sie mir, dass es nicht wahr ist! Ich flehe Sie an, das darf nicht wahr sein!«

Dr. Burgstein musterte ihn müde.

»Doch, es ist die Wahrheit. Ich habe sie gestern mit dem Wagen heimholen müssen. Sie haben im Krug getrunken.«

»Oh, mein Gott!«

Stille am Tisch. Niemand sagte ein Wort.

Tiefes Entsetzen machte sich in dem jungen Mann breit. Er konnte es noch immer nicht fassen. Doch dann, ganz tief unten im Herzen, fühlte er es wieder. Dunkel erinnerte er sich an ein paar Bruchstücke des gestrigen Tages, aber nicht an alles.

»Was soll ich jetzt tun?«, flüsterte er gebrochen. »Herr Doktor, helfen Sie mir doch! Ich flehe Sie an, Sie müssen mir helfen!«

Dr. Burgstein sah ihn an. Der Doktor hätte zum ersten Male selbst Hilfe gebrauchen können.

»Ich kann Ihnen nicht mehr helfen«, sagte er leise.

Rüdiger riss seine Augen auf.

»Bitte!«

»Nein, ich kann Ihnen nicht mehr helfen! Tut mir leid! Ich kann Ihnen nicht mehr vertrauen, das geht jetzt über meine Kräfte. Ich kann es nicht mehr, verstehen Sie, Rüdiger? Sie müssen fort von hier. Ich kann die Verantwortung nicht mehr übernehmen. Sie ist einfach zu groß. Ich weiß gar nicht, was ich Sabine Toller sagen soll. Es ist so furchtbar.«

Wie vom Donner gerührt saß Rüdiger da.

»Sabine?«, stammelte er erschrocken. »Aber ...!«

Dr. Burgstein sprang auf.

»Ja, glauben Sie denn wirklich, dass man das verschweigen kann? Das hätten Sie vorher bedenken müssen, mein Lieber. All die Wochen, all die Arbeit war umsonst, ganz umsonst. Alles war vergebens. Alles!«

»Oh, nein, nein«, stammelte der junge Mann verzweifelt. »Bitte, sagen Sie so etwas nicht mehr!«

»Es ist aber so!«

Keiner wagte, sich in das Gespräch einzumischen.

Rüdiger erhob sich langsam.

»Ich bin also ein Versager, das wollen Sie mir doch sagen, Herr Doktor, nicht wahr? Ich habe versagt. Und jetzt verachten Sie mich. Sagen Sie es mir doch! Alle werden es mir sagen, und Sabine«, seine Lippen zitterten. »Sie wird mich auch verachten. Ich habe sie verloren. Für immer!«

Er legte die Hände vor das Gesicht. Dann lief er hinaus.

Britta wollte ihm nachgehen. Dr. Burgstein hielt sie zurück.

»Lassen Sie, er muss jetzt allein sein. Das muss er mit sich selbst ausmachen. Wir können ihm da nicht helfen. Tut mir leid.«

»Aber er ist doch so verzweifelt!«

»Das sind wir alle. Verstehen Sie doch! Das wird immer so weitergehen. Trinken, verzweifelt sein, er wird uns alle damit zerbrechen.«

»Was soll denn jetzt geschehen?« Die Mutter wollte das wissen.

»Ich muss seine Eltern verständigen. Sie müssen dafür sorgen, dass er in eine Trinkerheilanstalt kommt. Vielleicht hat er dann eine Chance.«

Alle blickten aus dem Fenster. Rüdiger wankte durch den Garten.

Brittas Herz blutete. Sie konnte ihm seinen Kummer so gut nachfühlen.

Dr. Burgstein erhob sich.

»Ich muss jetzt in die Praxis.«

»Ja, mein Junge!«

Um die Mittagszeit rief dann Lydia Winter an.

»Hören Sie mal, was ist mit Rüdiger los?«

»Was soll denn schon los sein? Wo haben Sie ihn denn getroffen, meine Liebe?«

»Er kam hier vorbei. Ich habe ihn angesprochen. Er erkannte mich nicht und sah durch mich hindurch. Ganz eigenartig wirkte der Junge. Ich weiß auch nicht warum, aber mir lief es kalt den Rücken herunter.«

»Ja, das kann ich mir denken.«

»Achim, Sie sind so seltsam, nun reden Sie doch endlich, bitte!«

»Sie werden es doch bald erfahren, da kann ich es Ihnen auch gleich sagen - er ist rückfällig geworden.«

»Oh, nein«, stammelte Lydia Winter heiser. »Sagen Sie das nicht! Nicht Rüdiger!«

»Es ist aber die Wahrheit.«

Am anderen Ende der Leitung war es kurze Zeit ganz still.

»Ich komme rüber!«

»Lydia, wir können nichts mehr für ihn tun. Gar nichts, verstehen Sie!«

»Ich komme trotzdem!«

»Nun denn!«

Die Praxis war schon leer. Dr. Burgstein saß noch an seinem Schreibtisch, als seine alte Freundin auftauchte.

»Ich will jetzt alles genau wissen!«

»Da gibt es nicht viel zu erzählen.«

Lydia hörte schweigend zu. Als der Name der Gastwirtschaft fiel, kniff sie die Lippen zusammen. Sie stand auf.

»Ich werde das klären!«

»Was gibt es da noch zu klären?«

»Ich glaube einfach nicht, dass es Rüdiger war!«

»Lydia!«

»Ich glaube es nicht!«

»Ich beneide Sie um Ihren guten Glauben.«

»Ich bin gleich wieder zurück.« Damit verließ Lydia Winter den Doktor und machte sich auf den Weg ins Dorf.

Der Wirt stand hinter der Theke, als Lydia das Lokal betrat. Natürlich kannte er die berühmte Sängerin. Sie ging sofort auf ihn zu und sprach ihn an.

»Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Rüdiger nichts zu trinken bekommen darf. Sie haben es mir versprochen! Wie konnten Sie nur? Ich verlange eine Erklärung von Ihnen, mein Lieber! Was haben Sie sich dabei nur gedacht?«

Der Wirt blickte sie bestürzt an.

»Aber ich war doch gar nicht hier! Als ich kam, war Rüdiger schon betrunken. Von mir bekam er nichts! Ich schwöre es!«

»Wer hat es dann getan?«

»Meine Tochter hat hier bedient.«

»Ich will sie sofort sprechen!«

Marie kam. Lydia wandte sich sofort an sie.

»Warum haben Sie das getan?«

Marie war tief erschrocken und sagte: »Er trank nur Mineralwasser: Ich schwöre es! Als er mit dem Mann hereinkam, bestellte er nur Mineralwasser. Aber dann sah ich, wie der Fremde ihm den Schnaps ins Glas schüttete. Ich konnte doch nichts tun! Rüdiger trank das Glas aus, und dann wollte er mehr. Und der Fremde gab ihm mehr. Er hat das getan, und als ich ihm sagte, er solle ihn doch nicht so betrunken machen, das sei nicht schön von ihm, da hat er nur gelacht und mir gesagt, ich solle mich um meine Angelegenheiten kümmern. Er würde schließlich bezahlen.«

Lydia starrte sie an.

»Ein Fremder?«

»Ja, aber Rüdiger schien ihn zu kennen. Sie verhielten sich wie Freunde. Er nannte ihn auch beim Vornamen. Und als Rüdiger betrunken war, hat er die Rechnung bezahlt und ist fortgefahren.«

Lydia dachte: Ich hatte also recht. So war das also. Oh, diesen Unmenschen muss ich finden!

»Erinnern Sie sich an den Namen?«, fragte Lydia.

»Ich weiß nicht genau ...«

»Bitte, es ist sehr wichtig!«, drängte Lydia.

Marie dachte nach.

»Ja, jetzt hab ich es, ja, Bastian hat Rüdiger zu ihm gesagt.«

Lydia nickte.

»Danke, das war sehr lieb von Ihnen.«

Dann fuhr Lydia zum Doktorhaus zurück. Dr. Burgstein sah ihr müde entgegen.

»Was gibt es denn noch?«

»Ich habe die Wahrheit erfahren, Achim! Rüdiger ist unschuldig! Man hat ihn betrunken gemacht.«

»Das sagen sie alle«, meinte der Doktor abwertend.

»Ich habe es nicht von Rüdiger gehört, sondern von der Wirtstochter.«

Achim Burgstein starrte Lydia Winter an. Dann erzählte Lydia alles, was sie wusste.

»Oh, mein Gott!« Dr. Burgstein ballte die Hände zu Fäusten.

»Achim, wir werden diesen Lumpen finden, und dann fangen wir wieder von vorn an. Sabine Toller darf nichts erfahren. Wir müssen auch Rüdiger die Wahrheit sagen!«

Dr. Burgstein sprang auf.

»Kommen Sie!«, befahl er. Er lief in die Küche.

»Wo ist Rüdiger?« Dr. Burgstein fragte das ungeduldig.

»Er ist noch immer nicht zurück«, bekam er zur Antwort.

»Was?«

Vater Burgstein sah seinen Sohn bekümmert an.

»Wohin ist er gegangen?«, fragte dieser weiter.

»Er ging zum Wald.«

Dr. Burgstein starrte den Vater an.

»Rüdiger ist unschuldig! Ich habe ihm Unrecht getan. Er hat keine Schuld. Ich muss es ihm sagen, damit er wieder Mut bekommt, es noch einmal zu versuchen!«

»Hat er nicht gesagt, wann er zurückkommt?«

»Du hast doch gesehen, in welchem Zustand er war, als er fortging.«

Lydia sagte erschrocken: »Ich glaube, es wäre besser, wenn wir ihn alle suchen gingen.«

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