Читать книгу Der Riesen Arztroman Koffer Februar 2022: Arztroman Sammelband 12 Romane - Sandy Palmer - Страница 49
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Die Ehe der Trauttendorfs wurde innerhalb kürzester Frist geschieden. Ein glatter, schmerzloser Schnitt, glaubten Freunde und Bekannte.
Daniela Trauttendorf zog in jenes Apartment, das sie sich ausgesucht hatte.
Ohne ihr geliebtes Kind.
Der Trennungsschmerz brachte sie fast um. Sie vergrub sich in der Wohnung, weinte sich die Augen rot und suchte Trost und Vergessen beim Alkohol. Nichts Schlimmeres kann man einer Mutter antun, als ihr das Kind zu nehmen. Schmerzlicher hätte man Daniela nicht treffen können. Tagelang ging sie nicht aus dem Haus, heulte unentwegt, schluchzte unglücklich, schrie verzweifelt und leckte sich die tiefen Wunden, die ihr das grausame Schicksal geschlagen hatte. Die Scheidungsanwälte verbuchten die Angelegenheit als Erfolg.
Und Dr. Ullanus hatte noch einen Erfolg zu vermelden. Aus diesem Grund rief er Dr. Sven Kayser in dessen Praxis an.
Soeben war der Vormittagstrubel zu Ende gegangen. Der letzte Patient hatte sich verabschiedet.
Mittagspause.
Svens Telefon läutete. Er war gerade im Begriff, den Arztkittel auszuziehen. Links war er schon aus dem Ärmel. Er griff mit der rechten Hand nach dem Hörer. „Ja?”
,,’n Anruf für Sie Herr Doktor”, meldete Schwester Gudrun. „Sind Se noch da oder schon jejangen?”
„Kommt darauf an, wer mich sprechen möchte — und in welcher Angelegenheit!” Sven nahm den Hörer in die andere Hand und zog den weißen Kittel vollends aus.
„Wat is doch janz uff die Schnelle ’n türkischer Lanzenreiter, Chef?”
„Ein Ulan.”
„Jenau der will Se sprechen.”
„Ullanus. Dr. Ullanus.”
„Oder so”, stimmte Gudrun Giesecke zu. „Woll’n Se mit dem palavern?”
„Aber natürlich. Sie wissen doch, dass der Mann, der meinen Wagen beschädigte, mir die Schuld dafür in die Schuhe schieben möchte. Dr. Ullanus ist der Anwalt, den ich gebeten habe, mir zu meinem Recht zu verhelfen.”
„Ach, so, ’n Rechtsverdreher ist der Ulan.”
„Sie sollten ihn nicht länger warten lassen, Icke”
„Vastehe Chef. Ick soll den juten Mann durchstellen.”
Sven schmunzelte. „Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie das endlich tun würden, Schwester Gudrun.”
„Is neuerdings auch in der Mittagspause Hektik anjesagt, Chef? Det muss eenem ja mitjeteilt werden.”
Dr. Werner Ullanus sagte gleich darauf: „Ich habe Ihnen eine erfreuliche Mitteilung zu machen, Herr Dr. Kayser: Alexander Hermanns — oder Sascha, wie er sich nennt — ist umgefallen.” Sven verstand den Anwalt absichtlich falsch. „Hat er sich weh getan?”, fragte er lachend.
„Ich meine, er hat die Behauptung, Sie wären schuld daran, dass er Ihren Wagen gestreift hat, widerrufen, und es gibt auf einmal auch keinen Zeugen mehr, der Sie belastet.”
„Großartig”, sagte Sven erfreut. „Wie haben Sie das so rasch hingekriegt?”
„Och, ich habe den beiden lediglich klargemacht, welche Rahmenstrafe das Gericht über Personen, die bewusst falsch aussagen, verhängen kann.”
„Und da ist ihnen die Lust, die falsche Behauptung aufrechtzuerhalten, vergangen, wie?”
Dr. Ullanus lachte dröhnend. „Sie sagen es.”
„Ich danke Ihnen für Ihre Mühe.”
„Ich bitte Sie, das war doch keine Mühe. Wie wär’s, wenn wir gelegentlich essen gingen?”
„Gute Idee”, antwortete Sven. „Morgen Mittag?”
„Wenn ich rechtzeitig aus der Praxis komme, sehr gern. Ich rufe Sie kurz vor elf Uhr an. Da lässt sich's dann schon abschätzen.”
„Herr Gorbach hat mir erzählt, dass er sich in der Seeberg-Klinik an der Bandscheibe operieren lassen muss.”
„Das ist richtig”, bestätigte Sven.
„Bitte, verzeihen Sie einem Laien die dumme Frage: Ist das eine schwierige Operation?”
„Nicht für einen geübten Operateur”, antwortete Sven. „Und ein solcher ist Dr. Morena zweifellos. Er hat meines Wissens schon mehr als tausend Ischiaswurzelentlastungsoperationen entweder selbst durchgeführt, oder verantwortlich überwacht, und es ist noch kein einziges Mal zu einem lebensbedrohenden Zwischenfall gekommen.”
„Das hört sich beruhigend an”, sagte Dr. Ullanus am andern Ende der Leitung. „Vielleicht haben wir morgen Gelegenheit, uns ein wenig ausführlicher darüber zu unterhalten.”
„Gibt es einen besonderen Grund für Ihr Interesse, Herr Ullanus? Meinen Sie etwa, Ihre Bandscheiben könnten auch nicht mehr ganz in Ordnung sein?”
Der Anwalt lachte. „O nein, nein. Ich bin gottlob kerngesund. Ich möchte lediglich meine Wissbegier befriedigen. Das ist alles.”
Nach der Mittagspause war Max Kabel, der Hypochonder, der erste Patient.
„Heute jeht es ihm besonders dreckig”, kündigte ihn Schwester Gudrun bei Dr. Felix Brunner an. „Sagt er. Aber lassen Se sich von dem bloß nicht verkackeiern. Mäxchen war noch nie jesünder”
Der junge Assistenzarzt sah Sven Kayser amüsiert an und fragte die rundliche Schwester „Woran glaubt er denn diesmal zu leiden?”
„Er hat mir janz lang und schön breit erklärt, wat ’ne Herzdilatation is. Dat man darunter ’ne Herzerweiterung vasteht, wie se als Folge eener lang dauernden Hochdruckkrankheit häufig vorkommt. Und jenau det macht ihm im Aujenblick angeblich unheimlich zu schaffen. Wird ’n hartes Stück Arbeit, ihm det wieder auszureden. Da sind Se wirklich keen bissken zu beneiden, Felix.”
Dr. Brunner setzte eine ernste Miene auf und sagte: „Na schön, Schwester, schicken Sie den Patienten herein.”