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II.Ermittlung des einzusetzenden Einkommens 1.Allgemeines

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23Gem. § 115 Abs. 1 S. 1 ZPO hat der Rechtsuchende sein frei verfügbares Einkommen einzusetzen. Hierzu zählen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert, § 115 Abs. 1 S. 2 ZPO.

Der Einkommensbegriff knüpft an denjenigen des Sozialhilferechts an (vgl. insoweit § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII), da die PKH/VKH eine Form der staatlich gewährten Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege ist. Gem. § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII sind dabei jedoch Leistungen nach dem SGB XII und Grundrenten nach dem BVG ausdrücklich ausgenommen.

Unterhalts- oder steuerrechtliche Bestimmungen sind nicht heranzuziehen.105

Die zu § 82 SGB XII ergangene DVO106 ist in § 115 ZPO nicht genannt. Sie stellt lediglich eine wichtige Beurteilungshilfe zur Ermittlung des verfügbaren Einkommens dar,107 hat jedoch für den Rechtspfleger bei seiner Entscheidung über die Gewährung von Beratungshilfe keine Bindungswirkung. Sie vermittelt vielmehr Anhaltspunkte und Anregungen108 und dient als Orientierungshilfe.109 Es kann jedoch auch die Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (ALG II-VO) in Zweifelsfragen zur Hilfestellung dienen.110

§ 82 SGB XII – Begriff des Einkommens

(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen, und der Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, sind kein Einkommen. Bei Minderjährigen ist das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 34, benötigt wird.

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

1. auf das Einkommen entrichtete Steuern,

2. Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,

3. Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten, und

4. die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben.

Erhält eine leistungsberechtigte Person aus einer Tätigkeit Bezüge oder Einnahmen, die nach § 3 Nummer 12, 26, 26a oder 26b des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind oder die als Taschengeld nach § 2 Nummer 4 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes oder nach § 2 Absatz 1 Nummer 4 des Jugendfreiwilligendienstegesetzes gezahlt werden, ist abweichend von Satz 1 Nummer 2 bis 4 und den Absätzen 3 und 6 ein Betrag von bis zu 250 Euro monatlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Soweit ein Betrag nach Satz 2 in Anspruch genommen wird, gelten die Beträge nach Absatz 3 Satz 1 zweiter Halbsatz und nach Absatz 6 Satz 1 zweiter Halbsatz insoweit als ausgeschöpft.

(3) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag in Höhe von 30 vom Hundert des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28. Abweichend von Satz 1 ist bei einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches von dem Entgelt ein Achtel der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 zuzüglich 50 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Entgelts abzusetzen. Im Übrigen kann in begründeten Fällen ein anderer als in Satz 1 festgelegter Betrag vom Einkommen abgesetzt werden.

(4) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag von 100 Euro monatlich aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten zuzüglich 30 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(5) Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des Absatzes 4 ist jedes monatlich bis zum Lebensende ausgezahlte Einkommen, auf das der Leistungsberechtigte vor Erreichen der Regelaltersgrenze auf freiwilliger Grundlage Ansprüche erworben hat und das dazu bestimmt und geeignet ist, die Einkommenssituation des Leistungsberechtigten gegenüber möglichen Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach den §§ 1 bis 4 des Sechsten Buches, nach § 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte, aus beamtenrechtlichen Versorgungsansprüchen und aus Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in einer Versicherungs- und Versorgungseinrichtung, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet ist, zu verbessern. Als Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge gelten auch laufende Zahlungen aus

1. einer betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,

2. einem nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Altersvorsorgevertrag und

3. einem nach § 5a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Basisrentenvertrag.

Werden bis zu zwölf Monatsleistungen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge, insbesondere gemäß einer Vereinbarung nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 erster Halbsatz des Einkommensteuergesetzes, zusammengefasst, so ist das Einkommen gleichmäßig auf den Zeitraum aufzuteilen, für den die Auszahlung erfolgte.

(6) Für Personen, die Leistungen der Hilfe zur Pflege, der Blindenhilfe oder Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch erhalten, ist ein Betrag in Höhe von 40 Prozent des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 65 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(7) Einmalige Einnahmen, bei denen für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der Einnahme erbracht worden sind, werden im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig zu verteilen und mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. In begründeten Einzelfällen ist der Anrechnungszeitraum nach Satz 2 angemessen zu verkürzen. Die Sätze 1 und 2 sind auch anzuwenden, soweit während des Leistungsbezugs eine Auszahlung zur Abfindung einer Kleinbetragsrente im Sinne des § 93 Absatz 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes oder nach § 3 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes erfolgt und durch den ausgezahlten Betrag das Vermögen überschritten wird, welches nach § 90 Absatz 2 Nummer 9 und Absatz 3 nicht einzusetzen ist.

24Maßgebend ist grundsätzlich nur das tatsächliche Einkommen des Rechtsuchenden (Antragstellers).111 Es kommt allein auf seine Bedürftigkeit an. Das Ehegatteneinkommen wird nur im Rahmen des § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2a ZPO berücksichtigt und daher nicht zusammen gerechnet und zwar selbst dann nicht, wenn die Ehegatten als Streitgenossen einen möglichen Rechtsstreit führen müssten.112 Gleiches gilt auch bei einer eingetragenen Lebenspartnerschaft für den Lebenspartner des Rechtsuchenden. Aber gegebenenfalls kommt die Berücksichtigung eines sogenannten Taschengeldanspruchs oder eines Prozesskostenvorschussanspruchs in Betracht.113 Insoweit wird auf Rn. 104 verwiesen.

25Wird eine minderjährige Partei gesetzlich vertreten, kommt es grundsätzlich auf die Vermögenslage des Kindes an.114 Macht ein Elternteil jedoch Unterhalt für ein Kind gem. § 1629 Abs. 3 BGB geltend, sind die Einkommensverhältnisse des Elternteils als Partei und nicht des Kindes maßgebend.115

Kindesunterhalt ist kein Einkommen des Elternteils, bei dem das Kind lebt, sondern zählt zum eigenen Einkommen des Kindes.116

Macht eine für Behördenangelegenheiten bestellte Ergänzungspflegerin einen Anspruch auf Aufwendungsersatz für eine von ihr selbst geleistete selbstbeschaffte Vollzeitpflege geltend, so kommt es im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung auf ihre eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse an und nicht auf diejenigen des von ihr betreuten Kindes.117

Bei häuslicher Gemeinschaft spielt das Einkommen des Lebensgefährten ebenfalls keine Rolle, eine Berücksichtigung im Rahmen von § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2a ZPO findet hier nicht statt,118 ebenso nicht die Unterhaltsrente für ein bei der Partei wohnendes Kind (Berücksichtigung nur im Rahmen des § 115 ZPO).119 Die Zahl der Mitbewohner kann indes bei der Frage der Berücksichtigung der Mietkosten eine Rolle spielen (sh. hierzu Rn. 59).

Der für das Kind zu berücksichtigende Freibetrag kann in diesem Zusammenhang dann jedoch auf null sinken.

Mindert der Rechtsuchende durch die ohne nachvollziehbare Gründe getroffene Wahl einer ungünstigen Steuerklasse (z. B. Steuerklasse V, obwohl er der besser verdienende Ehegatte ist) sein zur Auszahlung kommendes Nettoeinkommen, so muss er sich den Ausgleichanspruch gegen den anderen Ehegatten anrechnen lassen, da die Wahl der Steuerklasse nicht zu Lasten der steuerzahlenden Solidargemeinschaft getroffen werden kann.120 Er ist dann so zu behandeln, als sei sein Arbeitseinkommen gemäß der günstigeren Steuerklasse, z. B. Steuerklasse III oder IV, zu versteuern. Die Wahl der Steuerklasse V indiziert per se jedoch noch keinen Rechtsmissbrauch.121

Für die Ermittlung des einzusetzenden Einkommens ist hierbei zunächst vom Bruttoeinkommen auszugehen, zu dem alle Einkünfte aus Geld oder Geldeswert zählen, unabhängig davon, woher sie stammen, welcher Art diese sind und ob sie steuerpflichtig oder unpfändbar sind.

Hinweis:

In der Praxis bietet es sich dagegen an, auf der Grundlage der vorliegenden Lohnbescheinigungen unmittelbar vom Nettoeinkommen auszugehen.

26Bei Parteien kraft Amtes dürfen die voraussichtlichen Kosten nicht aus der verwalteten Vermögensmasse aufgebracht werden und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten sein, die Kosten aufzubringen, § 116 Nr. 1 ZPO. Bei juristischen Personen oder parteifähigen Vereinigungen ist das Vermögen der am Gegenstand wirtschaftlich Beteiligten ebenfalls mitzuberücksichtigen.122 Ob Miteigentümergemeinschaffen und Erbengemeinschaften beratungshilfeberechtigt sein können, ist umstritten. Die Literatur hat dies insoweit abgelehnt.123 Bejaht man die Befähigung zur Beratungshilfe dieser Gemeinschaften, kann einerseits (s. o.) auf das gesamte Vermögen aller Beteiligten abzustellen sein,124 insbesondere bei Interessenidentität. Wenn der unbemittelte Miterbe von den übrigen lediglich vorgeschoben wird, um die Beratungsleistung auf Kosten der Staatskasse führen zu können, sind grundsätzlich auch die Einkommensverhältnisse der übrigen Miterben maßgebend.125 Eine andere Beurteilung kann dann geboten sein, wenn Interessengegensätze zwischen den Beteiligten bestehen.

Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe

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