Читать книгу Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe - Stefan Lissner - Страница 5

Vorwort zur 4. Auflage

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Seit dem Inkrafttreten des Beratungshilfegesetzes im Jahre 1981 nimmt die Beratungshilfe einen immer größer werdenden Stellenwert in der juristischen Praxis ein. Durch das aktuelle Pandemiegeschehen seit dem Jahr 2020 ist zudem mit einem Anstieg der Anzahl der Rechtsuchenden zu rechnen.

Neben unseren bisherigen veröffentlichten Auflagen sind zu dieser Thematik nur eine kleine, sehr überschaubare Reihe von Lehrbüchern und Kommentaren veröffentlicht, jedoch liegt hier in der Regel der Schwerpunkt auf dem Prozesskostenhilferecht. Die 1. Auflage hat als Praxishandbuch schwerpunktmäßig die Thematik und Praxisprobleme des Beratungshilferechts übersichtlich und verständlich erläutert. Aufgrund der Vielzahl der gestellten Anträge, der sehr hohen Kosten für die Gewährung von Beratungshilfe sowie der zum Teil sehr unübersichtlichen Verknüpfungen und Berührungspunkten mit anderen Behörden oder Dienstleistungen nimmt das Beratungshilferecht weiterhin einen erheblichen Raum in der täglichen Arbeit von Gerichten, Rechtsanwälten und neuerdings auch anderer Beratungspersonen und Behörden ein. In der juristischen Ausbildung werden die Themengebiete der Beratungshilfe und Prozess-/Verfahrenskostenhilfe oftmals gar nicht oder wenn dann nur sehr oberflächlich behandelt. Hinzu kommt, dass bei den Amtsgerichten diese Dezernate sehr häufig mit Berufsanfängerinnen und Berufsanfängern besetzt werden, denen die Erfahrung im Umgang mit Publikum noch fehlt, und in diesen Rechtsgebieten zu einer Vielzahl von Problemen derart unterschiedliche Rechtsauffassungen wie kaum in einem anderen Bereich existieren.

Aufgrund zahlreicher Reformen in diesem Rechtsgebiet erschien im Jahr 2014 die 2. Auflage. Zum 1.1.2014 traten gerade im Bereich des Beratungshilferechts die wohl umfangreichsten Änderungen seit Bestehen des Beratungshilfegesetzes in Kraft. In der 2. Auflage wurden die umfangreichen Änderungen eingearbeitet, die sich aus mehreren, zum Teil recht kurzfristig vor der Bundestagswahl 2013 noch verabschiedeten Gesetzen und Verordnungen ergaben. Hier sind insbesondere das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts (BT-Drs. 17/11472, 17/13538), das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (BT-Drs. 17/11471, 17/13537), das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte (BT-Drs. 17/11268, 17/13535), das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften (BGBl. Teil I 2012 Nr. 57 vom 11.12.2012, S. 2418), sowie die Anfang 2014 neu in Kraft getretene Beratungshilfeformularverordnung (BerHFV) und Prozesskostenhilfeformularverordnung (PKHFV) zu nennen.

In der 3. Auflage fand ein Wechsel im Autorenteam statt. Neue Ideen, neue Akzente und Blickwinkel fanden in dieser Auflage Einzug. Neben neuen Schwerpunkten insbesondere auch im Bereich der Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfe, wurden weitere Neuerungen in der Rechtsentwicklung, insbesondere die sich in einigen Bereichen verfestigende Rechtsprechung, dargestellt. Die seit den umfangreichen Änderungen im Jahr 2014 gemachten Erfahrungen und damit verbundenen Rückmeldungen aus der gerichtlichen Praxis wurden in die Kommentierung eingearbeitet. Seit der 3. Auflage werden frühere streitige „Altfälle“ nicht mehr weiter im Detail betrachtet bzw. nur noch punktuell erwähnt, wenn dies im Blickwinkel der Gesamtbetrachtung notwendig erscheint.

Die aktuelle 4. Auflage wird um die neuen Entwicklungen in der Rechtsprechung und Literatur erweitert, insbesondere werden die Entwicklungen im Bereich des elektronischen Rechtsverkehrs dargestellt. Auch sind die Änderungen durch das neue Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 (KostRÄG 2021) eingearbeitet. Die Änderungen durch das Gesetz zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften, werden ebenfalls an den entsprechenden Stellen erläutert.

Hier lag seit geraumer Zeit der Gesetzesentwurf (BT-Drucksache 20/21) vor. Der finale Gesetzesentwurf wurde am 10.6.2021 in 3. Beratung im Bundestag verabschiedet. Dabei ergaben sich gegenüber dem Entwurf nur Änderungen bei den Artikeln 15–22 des ursprünglichen Gesetzesvorhabens. Im Übrigen wurde der bisherige Gesetzesentwurf unverändert beibehalten. Zwischenzeitlich hat der Bundesrat in der Bundesratssitzung vom 25.6.2021 dem Entwurf (TOP 36) zugestimmt. Nach Verkündung im BGBl. am 2.7.2021 (BGBl. I 2154) sind die Änderungen gem. Art. 25 zum 1.8.2021 in Kraft getreten.

Zudem standen und stehen die Jahre 2020 und 2021 unter der Maßgabe zahlreicher weiterer Gestezesnovellierungen, die wegen der Corona-Pandemie in Rekordzeit verabschiedet wurden. Insbesondere im Bereich des Insolvenzrechts fanden die gewichtigsten Änderungen der letzten Jahrzehnte statt. So ist hier das Gesetz zur weiteren Verkürzung der Restschuldbefreiung zu nennen (BT-Drs. 19/25251), welches zwar als unmittelbare Folge der sog. Europäischen Restrukturierungsrichtlinie auf längere Sicht gesehen absehbar war, aufgrund der Pandemie und der daraus erwarteten wirtschaftlichen Folgen jedoch stark vorgezogen wurde. Das Gesetz wurde am 30.12.2020 verkündet und trat rückwirkend zum 1.10.2020 in Kraft. Weiter ist das das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts vom 22.12.2020 zu nennen, welches zum 1.1.2021 in Kraft trat. Dieses Gesetz schafft erstmals in der Bundesrepublik ein vorgerichtliches und außergerichtliches Sanierungsverfahren. Es bleibt abzuwarten, ob sich durch die beiden Reformen im Insolvenzrecht auch Auswirkungen im Beratungshilferecht abzeichnen werden. Zumindest für den außergerichtlichen Einigungsversuch dürfte dies zu einem deutlichen Anstieg an Verfahrenszahlen führen, welcher sich dann auch auf die Anzahl der Beratungshilfeanträge und auch deren Ausgaben niederschlagen wird.

Unser Praxishandbuch wendet sich wie bereits bisher an alle, die im Rahmen der Beratungshilfe sowie der Prozess- und Verfahrenskostenhilfe Berührungspunkte mit diesem komplexen und zum Teil schwer überschaubaren Rechtsgebiet haben. Zum einen soll es diejenigen, die bisher noch keine oder nur sehr wenig Kenntnisse haben, in die Materie der Beratungshilfe einführen und entsprechenden juristischen Sachverstand vermitteln, und bei denjenigen, die bereits Erfahrung auf diesem Gebiet haben, vorhandene Kenntnisse auffrischen und im Detail vertiefen. Die zahlreichen Beispiele, Hinweise und Formulierungsvorschläge sollen helfen, die so erworbenen oder vertieften theoretischen Kenntnisse in der täglichen Praxis einzusetzen. Den Autoren, die alle auf dem Gebiet der Beratungshilfe und Prozess-/Verfahrenskostenhilfe langjährige Praxiserfahrungen haben, ist es ein Anliegen, mit dem Handbuch eine bessere Transparenz bezüglich der einzelnen Verfahrensabschnitte nach den erfolgten umfangreichen Reformen zu schaffen. Bestehende Verständnis- und Akzeptanzschwierigkeiten zwischen den Verfahrensbeteiligten und Behörden sollen durch die klare und verständliche Darstellung beseitigt werden. Im Lichte der Transparenz und Lesbarkeit erlauben sich die Autoren, nachfolgend auf die zusätzliche Nennung der weiblichen Form zu verzichten.

Das Buch richtet sich in erster Linie an Rechtspfleger, Richter, Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer sowie auch an Bürovorsteher und Rechtsanwaltsfachangestellte. Darüber hinaus ist dieses Handbuch auch für alle Behörden, gerade im Bereich der sozial- und familienrechtlichen Angelegenheiten, wie z. B. Jugend- oder Sozialämter, Agenturen für Arbeit oder auch Ausländerbehörden, ein wertvolles Nachschlagewerk im Hinblick auf die Berührungspunkte mit diesen Rechtsgebieten. Das Werk wendet sich zudem aber auch an die Studierenden an den Universitäten und Fachhochschulen sowohl im juristischen als auch sozial-pädagogischen Bereich, um bereits in diesem frühen Stadium der künftigen Tätigkeitsbereiche Grundlagenwissen vermittelt zu bekommen.

Im ersten Teil beschreibt das Buch ausführlich alle Verfahrensabschnitte des gesamten Beratungshilfeverfahrens. Der Leser erhält umfassende und klar strukturierte Informationen über die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Beratungshilfe und die verfahrensrechtliche Umsetzung. Weiterer Schwerpunkt sind die entsprechenden Vergütungstatbestände und das Festsetzungsverfahren. Die Inhalte werden durch viele für die Praxis dienliche Hinweise, Praxistipps, Beispiele und Formulierungshilfen ergänzt. Der zweite Teil des Buches führt den Leser in die Thematik des Prozesskosten- sowie des Verfahrenskostenhilferechts ein. Schwerpunkt der Bearbeitung ist dabei die Darstellung der Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe und der Beiordnung eines Rechtsanwalts. Richter am Bundesgerichtshof Dr. Karsten Schmidt bearbeitet seit der 3. Auflage den zweiten Teil betreffend die Prozess- und Verfahrenskostenhilfe. In der aktuellen Auflage wurde dieser Teil in vielen Bereichen erweitert und teilweise neu gegliedert. Für Kritik, Anregungen und Änderungswünsche sind die Verfasser jederzeit dankbar. Die Gesetzgebung ist bis zum 1.8.2021, die Rechtsprechung, Zeitschriften- und Kommentarliteratur sind bis April 2021 berücksichtigt.

Wir wünschen unseren Lesern auch mit der 4. Auflage eine spannende Lektüre sowie eine für ihre tägliche Arbeit sehr effiziente und effektive Anwendung unserer Ausführungen. An dieser Stelle möchten wir uns insbesondere bei den Leserinnen und Lesern bedanken, die uns für die zurückliegenden Auflagen sehr positive Rückmeldungen und Anregungen gegeben haben und uns damit bei der Entwicklung der jetzigen Auflage unterstützt haben. Für weiteres Feedback und Ergänzungswünsche stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung. Unser Dank gilt ebenfalls dem Verlag, der uns diese weitere Auflage ermöglicht hat. Soweit in diesem Buch auf Internetfundstellen und Webseiten Dritter verwiesen wurde, kann für die Richtigkeit und den Inhalt dieser Seiten keine Verantwortung übernommen werden.

Juli 2021

Die Verfasser

Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe

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