Читать книгу Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe - Stefan Lissner - Страница 22
2.Erwerbstätigenbonus (Abzug gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1b ZPO)
Оглавление56Gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1b ZPO erfolgt für Erwerbstätige über die notwendigen berufsbedingten Aufwendungen (§ 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII) hinaus ein weiterer Abzug für einen Mehraufwand, der mit der Erwerbstätigkeit verbunden ist, in Höhe des sog. Erwerbstätigenbonus. Dieser wird neben den gem. § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII berücksichtigten mit der Erzielung des Einkommens verbundenen tatsächlichen Ausgaben gewährt (sh. Rn. 51).
Danach wird ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gem. der Regelbedarfsstufe 1 festgesetzt ist, abgesetzt. Nach § 115 Abs. 1 S. 5 ZPO veröffentlicht das BMJV grundsätzlich jährlich die maßgebenden Beträge der Bedarfssätze sowie des Erwerbstätigenbonus durch die Prozesskostenhilfebekanntmachung.
Zugrunde liegt hier das verfassungsrechtliche Gebot, dass das Existenzminimum der Partei nicht unterschritten werden darf. Erstmals wird seit dem Jahr 2021 hier eine Differenzierung des Betrages nach dem Wohnort des Rechtsuchenden (Anm.: diese gelten auch dann, wenn das Verfahren bei einem auswärtigen Gericht erfolgen würde) vorgenommen.
Gegenwärtig beträgt der monatliche Erwerbstätigenbonus278
Freibetrag Bund | Freibetragin den LandkreisenFürstenfeldbruckund Starnberg | Freibetragim LandkreisMünchen | Freibetragin derLandeshauptstadtMünchen | |
Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 Buchstabe b der Zivilprozessordnung) | 223 Euro | 235 Euro | 235 Euro | 234 Euro |
Der Freibetrag soll die allgemeinen Mehrkosten hinsichtlich Kleidung und Verpflegung außer Haus abdecken. Es kommt dabei nicht darauf an, ob Voll- oder Teilzeit279 gearbeitet wird oder wie hoch das monatliche Einkommen ist. Auch steht eine bezahlte Freistellung einer Berücksichtigung nicht entgegen.280 Der Freibetrag wird für alle selbstständigen und nicht selbstständigen Tätigkeiten gewährt, auch für Auszubildende.281 Auch können hierunter diejenigen fallen, die nahe Familienangehörige mit nicht unerheblichen Aufwand pflegen (Pflegegeld gem. § 37 SGB XI).282 Der Abzug kann jedoch höchstens bis zur Höhe des Einkommens vorgenommen werden; ein negatives Ergebnis existiert nicht.
Als Erwerbseinkommen zählen hier Einkommen aus selbstständiger oder nicht selbstständiger Tätigkeit, nicht jedoch Einkommen aus z. B. Kapitalvermögen, Vermietung, Verpachtung etc.
Der Freibetrag ist auch dann abzusetzen, wenn dieser höher als das Erwerbseinkommen selbst ist (z. B. aus selbständiger Nebentätigkeit) und mindert dann in der überschießenden Höhe auch andere weitere Einkommensquellen, d. h. der Freibetrag ist vom Gesamteinkommen und nicht nur vom erzielten Erwerbseinkommen abzuziehen.283
Bei Bezug von Krankengeld ist zu unterscheiden, ob das Arbeitsverhältnis besteht (hier Bezug gem. §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 44 Abs. 1 SGB V) oder ob es sich um ein beendetes Arbeitsverhältnis handelt und ein neues noch nicht begründet worden ist (hier gem. §§ 5 Abs. 1 Nr. 2, 47b SGB V). Hierbei ist der Sinn und Zweck des Erwerbstätigenfreibetrages zu beleuchten: Dieser soll die erhöhten Aufwendungen eines im Arbeitsverhältnis stehenden Arbeitsnehmers pauschal abfedern. Diese fallen naturgemäß nur an, solange ein Arbeitsverhältnis noch besteht. Daher kommt ein Abzug des Erwerbstätigenfreibetrages nur dann in Betracht, solange das Krankengeld anstelle des Arbeitsentgeltes gezahlt und als Erwerbseinkommen betrachtet wird.284 Befindet sich daher der Rechtsuchende nicht mehr im Erwerbsleben, so wird der Erwerbstätigkeitsbetrag nicht mehr berücksichtigt.285 Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeit und der Bezug von Krankengeld während des bestehenden Arbeitsverhältnisses beginnen und über dessen Ende hinaus fortdauern und das Krankengeld als Arbeitseinkommen berechnet wird.286
Arbeitet ein Strafgefangener in der JVA, so ist auch hier ein entsprechender Freibetrag für Erwerbstätige zu berücksichtigen.
Als nicht erwerbstätig gelten:
Schüler, Studenten,287 Pensionäre oder Rentner, Sozialhilfeempfänger, Arbeitslose, Bundesfreiwilligendienstleistende,288 Praktikanten sowie 1-Euro-Jobber.289
Erwerbstätig sind dagegen:
berufliche Umschüler,290 Auszubildende.291 Hierzu zählen auch diejenigen, die ein Freiwilliges Soziales Jahr ableisten.292