Читать книгу Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe - Stefan Lissner - Страница 31

Оглавление

Rein abstrakte Spekulationen hierzu reichen nicht aus.

88c) Vermögen aus öffentlichen Mitteln (§ 90 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII). Vermögen, das der Rechtsuchende aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder Gründung eines Hausstandes gewährt bekommen hat, fällt unter das Schonvermögen. Wichtig ist, dass die Mittel für diese Zwecke gewährt worden sind und der Zweck auch noch erreicht werden kann. Dem Empfänger soll eine Tätigkeit ermöglicht werden, aus der er später seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Die Bewilligung dieser Mittel kann sich dabei aus Gesetzen, aber auch aus freiwilligen Leistungen einer öffentlichen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ergeben.588

Hierunter fallen vor allem Ausgleichszahlungen nach dem LAG,589 Kriegsopferentschädigungen590 sowie berufsfördernde Leistungen nach dem SGB VI mit entsprechender Zielrichtung.591 Ebenso sind hiervon Leistungen im Hinblick auf eine bestehende sozialhilferechtliche Bedürftigkeit erfasst, z. B. Erstausstattung für die Wohnung und Hausratsgegenstände (§ 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII), Bekleidung und Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII), Klassenfahrten (§ 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII), Hilfe in besonderen Lebenslagen (§ 73 SGB XII). Vermögen aus Leistungen nach dem AFBG (Aufstiegsausbildungsförderungsgesetz) fallen hierunter, da diese Förderung der Teilnahme an berufsqualifizierenden Fortbildungsmaßnahmen dient.592

Private Leistungen fallen nicht unter diesen Schutzzweck.

89d) Staatlich geförderte Altersvorsorge (§ 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII). Der Rechtsuchende wird vor dem Einsatz von Kapital einschließlich seiner Erträge, das seiner zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des § 10a oder des Abschnitts XI des EStG dient und dessen Ansammlung staatlich gefördert wurde, geschützt.593 Dies gilt nur, wenn ansonsten die Alterssicherung unzureichend wird.594 Der Schutz besteht auch, wenn daneben eine reguläre Altersvorsorge in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht.595 In der Begründung des Gesetzentwurfs für das SGB II wird insoweit ausdrücklich auf die „Riester-Anlageformen“ hingewiesen.596 Ebenso zählen die nach Bundesrecht geförderten sog. Rürup-Renten dazu.597 Diese werden damit zum Schonvermögen gerechnet.598 Dies gilt nach § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital.599

Dagegen ist eine Kapitallebensversicherung, die nicht im Rahmen eines staatlich geförderten Sparplans zum Aufbau einer zusätzlichen Altersversorgung angespart wird, kein i. S. d. § 115 Abs. 3 ZPO, § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII geschütztes Vermögen,600 näheres sh. Rn. 98 ff.

90e) Vermögen zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks (§ 90 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII). Hiernach wird das zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines angemessenen Hausgrundstücks angesammelte Vermögen geschützt (z. B. ein Bausparguthaben, Guthaben aus Lebensversicherungsverträgen), wenn es sich dabei um ein angemessenes kleines Hausgrundstück für Menschen mit erheblichen Teilhabeeinschränkungen, blinde oder pflegebedürftige Menschen handelt, §§ 99 SGB IX; 61, 72 SGB XII.

Hierunter fällt auch das Vermögen, dass dem Umbau eines entsprechenden Hausgrundstücks dienen soll.601

Bereits vorliegende Baugenehmigungen, Bauvoranfragen, Bau- und Finanzierungspläne, Aufträge an Bauunternehmen können Anhaltspunkte für eine baldige Beschaffung sein.602

Der Bau bzw. die Erhaltung muss dabei den Wohnzwecken der genannten Personen dienen. Hierunter fällt auch ein behindertengerechter Umbau603 oder eine zweckgerichtete Erhaltung. Anhaltspunkt für die Notwendigkeit kann aber auch die Schwere der vorliegenden Behinderung sein.

Weiter muss der Wohnzweck durch den Einsatz dieses Vermögens konkret gefährdet sein. Der Schutz des Vermögens endet, wenn der Zweck nicht mehr erreicht werden kann.

91f) Hausrat (§ 90 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII). Geschützt ist ferner der angemessene Hausrat des Rechtsuchenden. Angemessen ist dieser, wenn er dem Lebensstandard vergleichbarer soziologischer Gruppen entspricht.604

Hierzu gehören die üblichen angemessenen Einrichtungsgegenstände wie Möbel, Teppiche, Geschirr, Lampen, Kleidungsstücke etc. Es sollen die bisherigen Lebensverhältnisse erhalten bleiben.

Nicht hierunter fallen jedoch sehr wertvolle Gegenstände, z. B. wertvolle Wandteppiche, Designer-Möbel, Ölgemälde.

92g) Gegenstände zur Ausübung der Erwerbstätigkeit (§ 90 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII). Gegenstände, die als Grundlage der Ausübung der Erwerbstätigkeit oder Berufsausbildung unverzichtbar sind, sind ebenfalls geschützt. Hierzu gehören z. B. Arbeitsgeräte, Schutzkleidung, Fachliteratur oder sonstige Arbeitsmittel. Es sollen mit dieser Norm insbesondere Selbstständige und Heimarbeiter geschützt werden.

Bei landwirtschaftlichen Maschinen ist zu prüfen, ob diese in ihrer Gesamtheit unverzichtbar sind, ggfs. sind einzelne Teile verwertbar oder beleihbar.605

Weiter sind die unter § 811 Nr. 5 ZPO fallenden Gegenstände mangels Pfändbarkeit unverwertbar.

Nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles kann grundsätzlich ein im Eigentum der Partei stehender Pkw als einzusetzendes Vermögen i. S. d. § 115 Abs. 3 ZPO gelten.606 Benötigt die Partei ihren Pkw jedoch zwingend zur Berufsausübung (z. B. Lieferwagen), so ist dieser nicht einsetzbar. Die Verhältnismäßigkeit ist hier jedoch immer zu prüfen,607 z. B. ob dem Rechtsuchenden nicht zugemutet werden kann, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen oder statt des vorhandenen Luxus-Kfz ein billigeres Fahrzeug zu erwerben und den Differenzbetrag für die Rechtsanwaltskosten einzusetzen, wobei der Schonbetrag zu beachten ist.608 Ein Pkw der Ober- oder Mittelklasse ist in aller Regel verwertbares Vermögen.609

93h) Familien- und Erbstücke (§ 90 Abs. 2 Nr. 6 SGB XII). Familien- und Erbstücke, deren Veräußerung für den Rechtsuchenden oder seine Familie eine besondere Härte bedeuten oder persönlichen Beziehungen zerstören würde (z. B. Schmuck, Möbel, Kunstgegenstände, Sammlungen, Briefe, Bilder etc.), sind vom Vermögenseinsatz ausgenommen. Es muss den Gegenständen ein besonderer Wert beigemessen werden, z. B. aus Gründen der Familientradition oder besonderer Erinnerung.

Bereits seit Generationen weitervererbte wertvolle Gemälde sind, obwohl sie Erbstücke als solche darstellen, kein Schonvermögen.

Hierunter fallen nur Einzelstücke, nicht aber ein auf einer Gesamtrechtsnachfolge beruhendes Kapitalvermögen.610

94i) Gegenstände zur Befriedigung geistiger Bedürfnisse (§ 90 Abs. 2 Nr. 7 SGB XII). Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitet darf der Rechtsuchende durch eine Verwertung von z. B. Büchern, Briefmarkensammlungen, Musikinstrumenten, Malutensilien, Bastelwerkzeugen, Schallplatten- oder CD/DVD/Blue-ray-Sammlungen etc. nicht von der Befriedigung seiner geistigen, insbesondere wissenschaftlichen oder künstlerischen Bedürfnisse abgeschnitten werden. Die Begriffe „wissenschaftlich“ und „künstlerisch“ sind dabei weit zu fassen. Gegenstände, mit denen der Rechtsuchende handwerkliche Tätigkeiten ausübt, ohne dass er mit diesen Werk- oder Dienstleistungen erbringt, sind von der Norm geschützt. Es darf sich nicht um Luxusgegenstände handeln. Gegenstände zur Sportausübung fallen nicht hierunter.611

Der Aufwand und ggfs. zu erzielende Erlös gebrauchter Gegenstände sind immer gegenüber zu stellen.

Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe

Подняться наверх