Читать книгу Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe - Stefan Lissner - Страница 28

IV.Einsatz des Vermögens 1.Vermögensbegriff

Оглавление

74Gem. § 115 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 90 SGB XII hat der Rechtsuchende zur Bestreitung anfallender Rechtsanwalts- bzw. Gerichtskosten neben seinem Einkommen sein gesamtes Vermögen einzusetzen.

Vorhandenes Vermögen kann jedoch nur dann eingesetzt werden, soweit dieses durch Veräußerung, Belastung oder Beleihung oder auf andere Weise in flüssige Geldmittel umgesetzt werden kann.457

Wie bereits beim Einkommen, kommt auch hier grundsätzlich nur das Vermögen des Rechtsuchenden in Betracht. Der Rechtsuchende muss Eigentümer oder Rechtsinhaber sein.

Bei einem Unternehmer ist auch das Betriebsvermögen maßgeblich (unter Beachtung des Schonvermögens gem. § 90 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII), wenn es um betriebsbezogene Ansprüche geht.458

Hat er sein Vermögen sittenwidrig auf einen Dritten übertragen, kann dieses gleichwohl als Vermögenswert dem Rechtsuchenden zugeordnet werden.459

75Was als Vermögen zu betrachten ist, wird durch die Verweisung auf § 90 SGB XII deutlich. Eine eigene Definition in § 115 ZPO hat der Gesetzgeber nicht getroffen. Gem. § 115 Abs. 3 ZPO ist § 90 SGB XII entsprechend anzuwenden. Die Prüfung des Begriffs „Vermögen“ erfolgt daher anhand der sozialrechtlichen Vorschriften. Der Rechtspfleger ist im Beratungshilfeverfahren aber nicht zwingend an die sozialrechtliche Auslegung der Begriffe gebunden.460

Die Existenzgrundlage des Rechtsuchenden soll erhalten bleiben und das Gericht ihn finanziell nicht allzu sehr bedrängen.

§ 90 SGB XII – Einzusetzendes Vermögen

(1) Einzusetzen ist das gesamte verwertbare Vermögen.

(2) Die Sozialhilfe darf nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung

1. eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,

2. eines nach § 10a oder Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes geförderten Altersvorsorgevermögens im Sinne des § 92 des Einkommensteuergesetzes; dies gilt auch für das in der Auszahlungsphase insgesamt zur Verfügung stehende Kapital, soweit die Auszahlung als monatliche oder als sonstige regelmäßige Leistung im Sinne von § 82 Absatz 5 Satz 3 erfolgt; für diese Auszahlungen ist § 82 Absatz 4 und 5 anzuwenden,

3. eines sonstigen Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks im Sinne der Nummer 8 bestimmt ist, soweit dieses Wohnzwecken von Menschen mit erheblichen Teilhabeeinschränkungen (§ 99 des Neunten Buches) oder von blinden Menschen (§ 72) oder pflegebedürftigen Menschen (§ 61) dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde,

4. eines angemessenen Hausrats; dabei sind die bisherigen Lebensverhältnisse der nachfragenden Person zu berücksichtigen,

5. von Gegenständen, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind,

6. von Familien- und Erbstücken, deren Veräußerung für die nachfragende Person oder ihre Familie eine besondere Härte bedeuten würde,

7. von Gegenständen, die zur Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,

8. eines angemessenen Hausgrundstücks, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll. Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,

9. kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte; dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen.

(3) Die Sozialhilfe darf ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist bei der Leistung nach dem Fünften bis Neunten Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.

76Gem. § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen.

Hierzu zählen vom Grundsatz her alle beweglichen und unbeweglichen Sachen, Gutscheine,461 Forderungen, Nutzungsrechte (z. B. Fischereirecht), Rechte aus Wechseln, Aktien oder Gesellschaftsanteilen sowie sonstige Vermögensrechte (z. B. Urheberrechte, Erfinderrechte, Anwartschaftsrechte). Sie müssen in Geld schätzbar sein und eine gewisse Wertbeständigkeit aufweisen. Rein ideelle Werte zählen nicht hierzu.

Ein vermögenswertes Recht ist auch im Anspruch auf gewerkschaftlichen Rechtschutz z. B. für arbeitsrechtliche Fragestellungen zu sehen (sh. zur anderweitigen Hilfsmöglichkeit auch Rn. 176);462 ggfs. ist hier die Frage der Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme zu prüfen, z. B. bei einer erheblichen Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen der Gewerkschaft und dem betroffenen Mitglied.463 Der Anspruch stellt solange ein vermögenswertes Recht dar, wie die Gewerkschaft diesen satzungsgemäßen Anspruch nicht abgelehnt hat oder es als sicher gilt, dass sie dies tun wird. Allein der Irrtum des Rechtsuchenden über diese Möglichkeit der Inanspruchnahme zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Beratungshilfe reicht nicht aus.464

77In einigen Fällen kann die Frage der Abgrenzung zwischen Einkommen oder Vermögen durchaus Probleme bereiten, z. B. bei Abfindungs- oder Rentenzahlungen.465

Die Unterscheidbarkeit zwischen beiden Begriffen ist jedoch wichtig, da der Vermögensbegriff aufgrund § 90 Abs. 2 SGB XII stärker geschützt ist. Handelt es sich nämlich um Vermögen, so ist dieses u. U. bis zu einer gewissen Grenze uneingeschränkt geschützt (z. B. Barvermögen als Schonbetrag bis zu 5.000,00 EURO, vgl. Rn. 80), während Einkommen vom Grundsatz her zunächst einmal uneingeschränkt einzusetzen ist und nur über Berücksichtigung von Abzügen gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 bis 5 ZPO vermindert werden kann.

Zum Einkommen gehören damit alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert, die dem Rechtsuchenden im Bedarfszeitraum zur Deckung seines laufenden Bedarfs zufließen (sog. Zuflusstheorie). Dies bedeutet, dass alles das, was der Rechtsuchende in der Bedarfszeit wertmäßig dazu erhält, Einkommen ist, Vermögen das hingegen, was er in der Bedarfszeit bereits hat.466 Leistungen, die der Rechtsuchende bereits vor der Antragstellung erhalten hatte und noch nicht verbraucht hat, gehören damit zum Vermögen.467

Wer zum Zeitpunkt der Trennung über nicht unerhebliches verwertbares Vermögen verfügt, muss hiervon für ein nachfolgendes Scheidungsverfahren Rücklagen zur Deckung der in diesem Verfahren anfallenden Kosten bilden.468 Wenn eine Ehe rechtsmissbräuchlich geschlossen wurde, sind für die Kosten eines bereits absehbaren Eheaufhebungs- oder Scheidungsverfahren Rücklagen zu bilden.469 Ansonsten besteht jedoch grundsätzlich keine Verpflichtung, im Hinblick auf einen bevorstehenden Rechtsstreit Rücklagen zu bilden.

Es ist damit auf den Bestimmungszweck der erhaltenen Leistung abzustellen. Damit gehören nicht nur laufende Leistungen, sondern auch einmalige Leistungen zum Einkommen, sofern diese dem laufenden Lebensunterhalt dienen.470

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der jeweiligen Vermögenswerte ist derjenige Zeitpunkt, zu dem der Rechtspfleger bei seiner ordnungsgemäßen Bearbeitung über den Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe entscheiden muss (Bewilligungsreife).471

Bei dem nachträglichen Antrag auf Beratungshilfe (§ 6 Abs. 2 BerHG) ist hingegen auf den Zeitpunkt der ersten Beratung bei der Beratungsperson abzustellen, vgl. Rn. 261.

Beratungshilfe mit Prozess- und Verfahrenskostenhilfe

Подняться наверх