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III.Abzüge vom Einkommen 1.Abzüge gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1a ZPO

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46Gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1a ZPO sind von dem ermittelten Einkommen bestimmte Beträge abzuziehen. Dieser verweist auf die in § 82 Abs. 2 SGB XII bezeichneten Beträge.

a) Steuern (§ 82 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII). Die Vorschrift gestattet nur die Absetzung von Steuern auf das Einkommen.

Abzusetzen sind daher tatsächlich entrichtete Einkommens‑, Lohn‑, Kirchen‑, Gewerbesteuer221 sowie Solidaritätszuschlag. Es gilt hier insoweit das Tatsächlichkeitsprinzip. Die Wahl der Steuerklasse V indiziert jedoch nicht per se einen Rechtsmissbrauch.222 Ebenso sind Steuervorauszahlungen abzuziehen. Die erst voraussichtlich anfallenden Steuern können nicht abgesetzt werden.

Dagegen sind Umsatz- und Erbschaftssteuer nicht abzuziehen, da diese auf das Vermögen und nicht auf das Einkommen entrichtet werden.

47b) Pflichtbeiträge (§ 82 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII). Beiträge (nur die Arbeitnehmerbeiträge), die gesetzlich zu Sozialversicherungen wie Kranken‑, Pflege‑, Renten‑, Unfall- und Arbeitslosenversicherung ebenso zur Künstlersozialversicherung zu leisten sind sowie die nach dem Gesetz über die Alterssicherung für Landwirte (ALG) und nach dem Handwerkerversicherungsgesetz (HWVG) zu zahlenden Beträge sind vom Einkommen abzuziehen.

Freiwillige Beiträge fallen unter § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII.

48c) Versicherungsbeiträge (§ 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII). Zunächst sind gesetzlich vorgeschriebene Beiträge in Abzug zu bringen. Dies sind z. B. Prämien für die Kfz-Haftpflichtversicherung, wenn ein Pkw für den Rechtsuchenden notwendig ist223 oder auch Prämien zur gesetzlichen Unfallversicherung.

Auch gesetzlich nicht vorgeschriebene Beiträge können im Einzelfall abgesetzt werden, soweit diese nach Grund und Höhe angemessen sind und/oder einer angemessenen Altersvorsorge dienen. Die Angemessenheit derartiger nicht vorgeschriebener Versicherungen ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen, ausgehend von einem durchschnittlichen Bedarf üblicher und notwendiger Vorkehrungen gegen die Risiken des täglichen Lebens, subjektiv betrachtet in der konkreten Situation des Rechtsuchenden. Die Aufwendungen sind dann zu berücksichtigen, wenn durch die Versicherung existenzbedrohende Schäden abgewehrt werden sollen und die Prämien hierfür auch angemessen sind.224

Es darf letztlich nicht die Allgemeinheit zur Zahlung der Versicherungsprämien des Rechtsuchenden herangezogen werden, nur weil dieser überversichert ist. Zu beachten ist hier jedoch, dass gerade Rechtsuchende mit geringem oder keinen Einkommen oftmals nicht in der Lage sind, Risikovorsorge zu treffen und daher erst recht auf einen gewissen Versicherungsschutz angewiesen sind.

Die Beiträge sind nur dann abzuziehen, wenn sie auch tatsächlich aus dem Einkommen des Rechtsuchenden entrichtet werden.

Sofern die Versicherungsverträge erst nach Beginn der Beratungshilfe bzw. Antragstellung abgeschlossen worden sind, sind die entsprechenden Prämien hierfür nicht zu berücksichtigen.225

Der Begriff „ähnliche Einrichtungen“ in § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII besagt, dass es auf die Bezeichnung „Versicherung“ dabei nicht ankommt. Daher fallen auch Sterbegeldkassen oder ähnliche Einrichtungen hierunter.

Grundsätzlich sind somit nur Versicherungen mit Vorsorgecharakter in angemessenem Umfang als besondere Aufwendungen zu berücksichtigen.

Die Versicherungen müssen zur Absicherung typischer Risiken des Alltags erforderlich und wirtschaftlich sinnvoll und dem Grund und der Höhe nach angemessen sein, d. h. zur Abdeckung von Risiken, für die jeder Bürger in der Regel Vorsorge betreibt.

Zusammengefasst ist daher zu prüfen, ob die Absicherung aus der Sicht eines vernünftig Vorausplanenden in den konkreten Rechtsverhältnissen des Rechtsuchenden ohne überzogenes Sicherheitsbedürfnis ratsam erscheint und dies mit vertretbaren Belastungen einhergeht.

49Folgende Beiträge sind unter Berücksichtigung der dargelegten Punkte als abzugsfähig anerkannt worden:226

– für Ausbildungsversicherungen (als besondere Form der kapitalbildenden Lebensversicherung);227

– für die freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung;228

– für eine übliche Haftpflichtversicherung;229

– für eine angemessene Sterbegeldversicherung;230 diese treten zunehmend an die Stelle einer gesetzlichen Rente;

– für Krankenhaustagegeldversicherung soweit angemessen z. B. bei Selbstständigen wegen Lohnersatzfunktion;231

– für eine Hagelversicherung für Landwirte;232

– für eine Haftpflichtversicherung für Pkw, soweit Nutzung erforderlich ist;233 die Erforderlichkeit kann auch aufgrund einer Gehbehinderung (Merkzeichen aG und G) beruhen;234 auch die Prämie für eine Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung ist abzugsfähig, wenn der Kaufpreis vollumfänglich finanziert wurde;235 liegen keine besonderen Gründe vor und werden keine sozialhilferechtlich anerkannten Zwecke verfolgt (z. B. die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist nicht zumutbar), ist diese nicht zu berücksichtigen;236

– für die private Kranken- und Betriebsausfallversicherung, private Kranken-Zusatzversicherung,237 Rechtsschutzversicherung (sofern diese z. B. aufgrund Erwerbstätigkeit für den Rechtsuchenden erforderlich ist)238 und Hausratsversicherungen;239

– für Gebäudehaftpflichtversicherung (für Hauseigentümer)240 und Feuerversicherung;

– für Glasbruchversicherung;241 nur diejenigen für den Rechtsuchenden, nicht jedoch für ein volljähriges Kind des Rechtsuchenden;242

– für eine Berufsunfähigkeitsversicherung;243

– für private Unfallversicherung;244

– für Lebens- oder Rentenversicherung, die zur Altersvorsorge dienen:

– wenn diese angemessen und sachgerecht sind, können die Beiträge berücksichtigt werden.245 Im Hinblick auf die Entwicklung im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherungen und des allgemein niedrigen Zinsniveaus sind auch bei Arbeitnehmern private Altersvorsorgeversicherungen üblicher geworden;

– bei mehreren vorliegenden Versicherungen ist nur der Beitrag für eine Versicherung berücksichtigungsfähig;246

– dient die Lebensversicherung dagegen nur zur reinen Kapitalbildung, kann keine Absetzung der Beiträge erfolgen;247

– ist der Rechtsuchende bereits in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert und dient die Lebensversicherung daher nur zur Ansammlung zusätzlichen Kapitals, kann ebenfalls keine Absetzung der Prämien erfolgen;248

– ein Abzug für Kapitallebensversicherungsprämien ist allenfalls dann gerechtfertigt, wenn es sich dabei um Prämien im Rahmen eines staatlich geförderten Sparplans zum Aufbau einer zusätzlichen Altersversorgung handelt;249

– Beiträge für eine Lebensversicherung der Kinder: keine Absetzung;250

– Ferner sind staatlich geförderte Altersvorsorgebeträge gem. § 82 EStG abzuziehen (Riester-Rente).251 Diese sind bis zum Höchstbetrag nach § 86 EStG absetzbar.252 Die Verwertung von Vermögen, das aus solchen Beiträgen gebildet wurde, ist unzumutbar.

50Dagegen sind z. B. folgende Beiträge nicht abziehbar:

– für eine Direkt-Versicherung (der Abzug erfolgt direkt vom Bruttolohn);

– für eine reine Risikolebensversicherung253 (allgemeine Risikoabsicherung, daher keine Anrechnung);

– für eine Tierhaftpflichtversicherung (es sei denn, eine außergewöhnliche Notwendigkeit der Tierhaltung liegt vor, z. B. Blindenhund);254

– für eine Tier-Krankenversicherung;

– für eine private Zahnzusatzversicherung;255

– für die Kaskoversicherung:256

– für eine Verkehrsrechtsschutzversicherung;

– für eine Auslandskrankenversicherung;257

– für eine Auslandsreisekrankenversicherung des volljährigen und in Ausbildung befindlichen Kindes.258

51d) Werbungskosten (notwendige Ausgaben, die mit der Einkommenserzielung verbunden sind, § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII). Die Ausgaben, die mit der Einkommenserzielung verbunden sind, können nur dann als notwendige Ausgaben berücksichtigt werden, wenn diese über die allgemeinen Lebensführungskosten hinaus zur Berufsausübung auch erforderlich sind.

Die Aufwendungen müssen vom Rechtsuchenden geltend gemacht werden, von Amts wegen werden diese nicht berücksichtigt.

Erfolgt eine Lohnsteuerrückerstattung, die im Wesentlichen auf diesen Aufwendungen beruht, kann eventuell insoweit keine Absetzung erfolgen.

Die Werbungskosten können zusätzlich zu den Freibeträgen für Erwerbstätige abgezogen werden.259

Mangels anderweitiger Angaben können aufgrund fehlender gesetzlicher Grundlage nicht pauschal 5 % des Nettoeinkommens abzogen werden.260

52(1) Erforderliche Aufwendungen zur Erhaltung des Arbeitsplatzes. Hierzu zählen (auch bei selbstständiger Tätigkeit) notwendige Aufwendungen für Kleidung, Werkzeuge, Arbeitsmittel, Fachbücher, Beiträge zu Berufsverbänden (z. B. zu einer Gewerkschaft261 oder zum DBB), nicht jedoch für politische Parteien, Aufwendungen für eine berufliche Aus- und Fortbildung (soweit dies nach den persönlichen Verhältnissen der Partei angemessen ist).262

Hier kann eine Pauschale für Arbeitsmittel in Höhe von 5,20 EURO/Monat gem. § 3 Abs. 5 VO zur Durchführung des § 82 SGB XII263 in Ansatz gebracht werden.

53(2) Aufwendungen für Fahrten zur Arbeit. Neben dem Erwerbstätigenfreibetrag ist auch ein weiterer Abzug für berufsbedingte Aufwendungen in Form von Fahrtkosten zu berücksichtigen.264

Die Frage, in welcher Höhe die notwendigen Kosten anzuerkennen sind, ist dabei strittig:

Zur Ermittlung sollte nach der herrschenden Meinung265 § 3 Abs. 6 VO zur Durchführung des § 82 SGB XII herangezogen werden, da PKH in der Sache als Sozialhilfe angesehen wird und die entsprechende Regelung in der genannten VO getroffen wurde. Ist ein Pkw erforderlich, kann hiernach eine monatliche Pauschale von 5,20 EURO/km (einfache Wegstrecke), max. mit 40 km und monatlich höchstens mit 208,00 EURO angesetzt werden. Eine Begrenzung auf max. 40 km ist allerdings anders als im Sozialhilferecht hier nicht anzuwenden, da es sich bei der Beratungshilfe nur um eine punktuelle Unterstützung handelt.266 Die DVO ist zwar nicht bindend, jedoch gibt diese konkrete Anhaltspunkte für eine entsprechende Berechnung;267 eine Anwendung ist nicht zwingend geboten, sondern es ist jeweils auf der Grundlage der Einzelfallumstände zu prüfen.268

Beiträge für eine Kfz.-Haftpflichtversicherung und Kfz.-Steuer269 sowie – soweit angemessen – auch für eine Kaskoversicherung können gesondert abgesetzt werden.270 Werden zusätzlich konkrete Anschaffungskosten für einen PKW nachgewiesen, so können diese darüber hinaus als besondere Belastungen berücksichtigt werden.271

Für die Benutzung eines Kleinkraftwagens von nicht mehr als 500 ccm beträgt die Pauschale 3,70 EURO, für Motorräder/Motorroller 2,30 EURO und für Fahrräder mit Motor 1,30 EURO, jeweils pro km.

Arbeitet der Rechtsuchende nicht den vollen Monat, so sind die Beträge anteilsmäßig zu kürzen.

Die Gegenmeinung272 orientiert sich dabei an den Sätzen des § 5 JVEG (0,35 bzw. 0,42 EURO/km) und den unterhaltsrechtlichen Leitlinien (derzeit 0,30 EURO/km), da der Betrag von 5,20 EURO/km zu gering bemessen sei und die Berechnungen gem. der DVO nicht mehr der heutigen Zeit entspricht. Mit dem Verweis auf § 82 SGB XII werde nicht auch auf die Verordnungsermächtigung in § 96 Abs. 1 SGB XII und die entsprechende Durchführungsverordnung verwiesen.273

Die in den unterhaltsrechtlichen Leitlinien aufgeführten Beträge bieten einen realistischen Ansatz, damit sind nach dieser Meinung von derzeit 0,30 EURO/km abzusetzen. Damit sind alle mit der Nutzung des Fahrzeugs entstandenen Kosten (auch Anschaffungs- und Finanzierungskosten, Kfz-Steuer sowie Versicherungskosten) abgegolten.

Der Rechtsuchende ist grundsätzlich gehalten, den kostengünstigsten Weg zur Arbeitsstelle zu beschreiten.274 Ist der Arbeitsplatz zu Fuß erreichbar, entfällt eine Berücksichtigung der Ausgaben. Ist er mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar, müssen grundsätzlich diese für den Arbeitsweg in Anspruch genommen werden, es sei denn, deren Inanspruchnahme ist unzumutbar oder unmöglich (z. B. wegen einer notwendigen Flexibilität im Arbeitseinsatz).

Bei notwendiger Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel kann der Betrag in Höhe der Kosten der tariflich günstigsten Zeitkarte in Ansatz gebracht werden.

Fahrtkosten, die der Rechtsuchende von seinem Arbeitgeber erhält, sind kein Einkommen (diese gleichen regelmäßig nur die tatsächlichen und üblichen Aufwendungen des Einzelnen aus).

Inwieweit Aufwandsentschädigungen (z. B. Spesen, Verpflegungszuschüsse) zu behandeln sind, ist umstritten. Ob diese als anzurechnendes Einkommen gewertet werden, sh. hierzu Rn. 26a. Werden die gleichen Grundsätze wie im Unterhaltsrecht zugrunde gelegt, so können mit der Aufwandsentschädigung zusammenhängende Aufwendungen vermindert um die häusliche Ersparnis, soweit sie konkret dargelegt werden, abgezogen werden.275 Nach anderer Ansicht276 können diese in Höhe der steuerfreien Pauschalen vom Einkommen abgezogen werden, die häusliche Ersparnis ist hier bereits mitberücksichtigt.

54(3) Sonstiges. Die durch die Führung eines doppelten Haushalts nachweislich entstehenden Mehrausgaben kann gem. § 3 Abs. 7 der genannten DVO als ein weiterer Betrag bis zu 130,00 EURO/Monat abgesetzt werden. Dabei darf dem Rechtsuchenden weder ein Umzug noch die tägliche Rückkehr zum eigentlichen Hausstand zugemutet werden.

Bei der Einkunftsart „Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung“ zählen als Werbungskosten z. B. Schuldzinsen, Steuern vom Grundbesitz, sonstige öffentliche Abgaben sowie der Erhaltungsaufwand (z. B. Ausgaben für Instandsetzung und Instandhaltung) gem. § 7 der genannten DVO.

Eine Winterbauumlage als Ausgleich von Mehraufwendungen für die Beschäftigung im Winter kann abgesetzt werden.277

55e) Freibetrag bei ehrenamtlicher Tätigkeit (§ 82 Abs. 2 S. 2 und 3 SGB XII). Hierunter fallen die gem. § 3 Nr. 12, 26, 26a oder 26b EStG aufgelisteten steuerfreien nebenberuflichen Aufwandsentschädigungen (Ehrenamtspauschale) für leistungsberechtigte Personen (z. B. Übungsleiter, Betreuer etc.). Mit dem Freibetrag von bis zu 250,00 EURO sind alle Absetzbeträge nach § 82 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 bis 4, Abs. 3 und 6 SGB XII abgegolten. Die gilt auch für das gem. § 2 Abs. 4 BFDG und gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 JFDG gezahlte Taschengeld.

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