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Die vier Modalitäten der Interaktion

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Wenn wir mit anderen Menschen interagieren, befinden wir uns meistens in einer von vier Kategorien: Wir sind entweder passiv, aggressiv, passiv-aggressiv oder durchsetzungsfähig.

Wir sind passiv, wenn wir das, was wir eigentlich empfinden, unterdrücken und so tun, als sei alles in Ordnung. Wenn wir passiv sind, sagen wir Ja, obwohl wir Nein meinen, stellen die Bedürfnisse anderer über unsere eigenen und haben Angst, jemanden zu verärgern. Passive Eltern fürchten sich vor den Wutausbrüchen ihrer Kinder und wollen verzweifelt von ihnen gemocht werden, weshalb sie ihren Forderungen nachgeben.

Wenn wir aggressiv sind, gehen wir mit Drohungen und Einschüchterungen auf unsere Kinder los, um sie unserem Willen zu unterwerfen. Nach außen hin mag das effektiv erscheinen – das schlechte Benehmen hört auf –, doch dieser Ansatz fordert einen hohen Preis. Unsere Kinder können keine Nähe zu uns empfinden, weil wir ihnen keine emotionale Sicherheit bieten.

Passiv-aggressive Eltern kontrollieren ihre Kinder durch Scham und Schuld. Sie sind nicht übermäßig aggressiv, doch ihre Art, sie zu manipulieren und Schuldgefühle zu wecken, ist extrem schädlich für das sich entwickelnde Selbstempfinden ihrer Kinder. Diese Kinder fühlen sich auf unangemessene Weise für die Bedürfnisse und das Glück ihrer Eltern verantwortlich, anstatt die eigenen Bedürfnisse zu spüren. Wenn Sie einem Kind sagen „Du bist das einzige Kind in dieser Familie, das es nicht hinzukriegen scheint, den Tisch ordentlich zu decken“, haben Sie es damit beschämt. Wenn Sie ihm sagen „Heute Nacht habe ich kein Auge zugetan, weil ich nicht weiß, wie ich diese Klassenfahrt bezahlen soll, auf die du unbedingt mitfahren musst“, hat es gar keine andere Wahl, als sich schuldig zu fühlen. Das ist ein äußerst ungesunder Umgang mit Kindern.

Durchsetzungsfähig sind wir, wenn wir im Leben unserer Kinder– wie ich es nenne – der Kapitän des Schiffes sind (mehr dazu in Kapitel 2). In diesem Modus setzen wir unseren Kindern klare Grenzen, gestehen ihnen ihre Bedürfnisse, Wünsche, Gefühle und Vorlieben zu, ohne sie schlecht zu machen, wenn sie nicht haargenau unseren eigenen entsprechen. Wir sind nicht darauf angewiesen, dass unsere Kinder uns mögen, und wir fürchten uns auch nicht vor ihrer Unzufriedenheit, denn wir haben erkannt, dass wir, wenn wir all ihre Probleme für sie lösen, nur verhindern, dass sie echte Widerstandskraft entwickeln. Unsere Kinder wissen, dass sie um ihrer selbst willen geliebt werden und nicht für das, was sie für uns tun können, oder weil ihre Erfolge uns vor anderen gut dastehen lassen.

Wenn wir durchsetzungsfähig sind, können wir auch akzeptieren, dass unsere Kinder vielleicht nicht tun wollen, worum wir sie bitten, ohne ihre Beschwerden persönlich zu nehmen oder die Meinungsverschiedenheit zu einem Machtkampf werden zu lassen. Wir fühlen uns in ihre Lage ein, gestehen ihnen zu, dass sie fühlen, was sie fühlen, zögern aber nicht, Grenzen zu setzen, die ihnen möglicherweise nicht gefallen.

Während meiner Arbeit mit Catherine konzentrierten wir uns zunächst darauf, die schöne und liebevolle Kindheit zu betrauern, die sie nie gehabt hatte. Während dieses Prozesses war sie sehr verwundbar, doch sie war auch fest entschlossen und stellte sich tapfer ihren alten Gefühlen.

Wenn wir durchsetzungsfähig sind, können wir auch akzeptieren, dass unsere Kinder vielleicht nicht tun wollen, worum wir sie bitten, ohne ihre Beschwerden persönlich zu nehmen oder die Meinungsverschiedenheit zu einem machtkampf werden zu lassen.

Dann fingen wir an, gemeinsam Bestimmtheit zu üben. Da sie weder in ihrer Kindheit noch in ihrer Ehe Erfahrungen damit machen konnte, war das für sie unerforschtes Gebiet. Doch wir hatten eine Menge Spaß. Wir spielten verschiedene Szenarien durch, in denen sie üben konnte, ihre Wünsche zu äußern, ohne dabei aggressiv (mit durchgetretenem Gaspedal), passiv (erstarrt und still verharrend) oder passiv-aggressiv (durch Schuldzuweisung oder Demütigung) zu sein. Catherine liebte das Gefühl, das sie durchströmte, wenn sie ihre Bedürfnisse mit Bestimmtheit äußerte.

Infolge der Aufarbeitung ihres emotionalen Gepäcks verloren Catherines Bitten an Schärfe und Verzweiflung und Shay fiel es leichter, den Bitten ihrer Mutter Folge zu leisten. Catherine arbeitete daran, mit ihrer Tochter auf Augenhöhe zu kommunizieren (ich bezeichne dies als Kindererziehung 1. Akt), indem sie ihr signalisierte, dass sie Verständnis für ihre Ansicht hatte, dass es doch gar nicht so schlimm sei, wenn sie ihre Sachen in ihrem Zimmer herumliegen lasse. „Du glaubst vielleicht sogar, da es sich um dein Zimmer handelt, solltest du das Recht haben, dort zu schalten und zu walten, wie es dir gefällt.“ Da Shay sich von ihrer Mutter verstanden und ernst genommen fühlte, verhielt sie sich weniger defensiv und war empfänglicher.

„Doch leider, mein Schatz“, fuhr ihre durchsetzungsfähige Mutter fort, „stört es mich, wenn ich dein Zimmer betrete und dort überall Sachen herumliegen, und da ich nun einmal die Miete zahle, hätte ich gern, dass du dir mehr Mühe gibst, Ordnung zu halten. Ich möchte, dass du dir abends fünf oder zehn Minuten Zeit nimmst, um deine Sachen wegzuräumen, bevor du ins Bett gehst. Und es wäre auch toll, wenn du das Badezimmer so hinterlässt, wie du es vorgefunden hast – das heißt, du räumst deine Handtücher in den Wäschekorb!“

Bevor Catherine bewusst wurde, was sich hinter ihrer erhöhten Sensibilität im Umgang mit ihrer Tochter verbarg, hatte sie das Gaspedal entweder überhaupt nicht gefunden (und passiv den Mund gehalten, während sie vor unterdrückter Wut und Verbitterung kochte) oder sie hatte es voll durchgetreten (und war aggressiv mit Kritik und Wut auf ihre Tochter losgegangen).

Nachdem sie sich dafür entschieden hatte, ihre Tochter als wunderbare Lehrerin zu betrachten, die den Auftrag hatte, ihr beizubringen, wie sie ihre eigene Stimme wiedergewinnen und dazu nutzen konnte, respektvoll um das zu bitten, was sie wollte, fühlte sich Catherine Shay sogar noch näher. Und im Haus war es jetzt auch ordentlicher!

Kindererziehung im Jetzt

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