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Meine Reise durch die Elternschaft
ОглавлениеAls ich fünfzehn war und in Kansas lebte, ging mein Bruder aufs College und ließ ein Buch für mich da, das ich unbedingt lesen sollte. Es hieß Autobiographie eines Yogi von Paramahansa Yogananda. Es stand zwei Jahre lang in meinem Regal, bis ich es eines Tages geradezu verschlang, tief bewegt von der Reise eines indischen Mannes zur Erfahrung des Göttlichen.
Dieses außergewöhnliche Buch rief etwas so Grundlegendes in mir wach, dass ich nach dem Lesen der letzten Seite auf mein Fahrrad stieg, zum Einkaufszentrum fuhr, eine Handvoll Münzen in das öffentliche Telefon warf, die Nummer der Zentrale von Yoganandas Schule in Kalifornien wählte und sagte: „Ich will Gott erfahren.“
Gut ein Jahr lang meditierte ich in Yoganandas Tradition und folgte den Instruktionen, die mich einmal wöchentlich per Post von der Self-Realization Fellowship erreichten. Ich begann mit Yoga und probierte auch andere Meditationstechniken aus, bis ich schließlich bei einer blieb, die zu mir passte. Ein paar weitere Übungen, die mein Herz und meine Seele nährten, flocht ich ebenfalls ein. Ich war so an den Frieden, den mir meine täglichen Meditationen schenkten, gewöhnt, dass ich mich, wenn ich es morgens einmal nicht schaffte zu meditieren, so lange unwohl fühlte, bis ich wieder Gelegenheit zur inneren Einkehr fand.
Achtzehn Jahre später bekam ich ein Kind. Meine einstmals reguläre morgendliche Routine blieb bei meinen Bemühungen, mein Bedürfnis nach innerer Einkehr und die ganz pragmatischen Anforderungen eines Familienlebens unter einen Hut zu bringen, auf der Strecke. Immer, wenn ich stur auf meinen „spirituell erhebenden“ Aktivitäten beharrte, war ich am Ende nur griesgrämig und angespannt. Ich musste einen Weg finden, die Dinge des Alltags – Windeln wechseln, eine Geschichte vorlesen oder nach einer Spieleschlacht aufräumen – nicht nur zu tolerieren, sondern auszukosten.
Einmal stand ich in der Küche und machte für meinen Sohn ein überbackenes Sandwich. Während ich neben dem Ofen stand und darauf wartete, dass der Käse schmolz, wurde mir plötzlich zutiefst bewusst, was in diesem Moment geschah. Dort drüben, auf der anderen Seite des Raumes, saß ein Wunder in Gestalt eines Menschen, den ich mehr liebte als mein Leben, und ich hatte gerade die Gelegenheit, meine Liebe in Form dieses Sandwiches auszudrücken. Ich wurde von Dankbarkeit durchströmt und erkannte, dass dieses Gefühl kein Einzelfall bleiben musste; wenn ich wollte, konnte ich allen Aktivitäten meines Alltags mit dieser Offenherzigkeit begegnen.
Ein Kind großzuziehen erwies sich als die größte transformative Erfahrung meines Lebens. Ich meditierte, so oft ich konnte – anfangs nur selten, doch je älter mein Sohn wurde, desto öfter bot sich die Gelegenheit. Es ist unglaublich schön, aus meinem inneren Brunnen der Stille und der Freude zu trinken und das Meditieren beeinflusst zweifellos auch dieses „Ich“, das sich der Welt zeigt. Doch allmählich begann ich auch zu verstehen, dass spirituell zu leben bedeutet, mein tägliches Leben so zu gestalten, dass ich stets so offen wie möglich für das Spirituelle blieb, egal, welches Ritual ich am Morgen vollzogen hatte.
Mit Kindererziehung im Jetzt möchte ich Sie einladen, sich auf Ihre eigene Reise zu mehr Frieden, Freude und persönlicher Transformation in der täglichen Kindererziehung zu begeben. Sie werden Strategien entdecken, wie man die Höhen und Tiefen der Kindererziehung im wahren Leben bewusster bewältigen kann, und Sie werden lernen, wie man die Knöpfe, die Sie Ihre Gelassenheit verlieren (oder zeitweilig verlegen!) lassen, ungedrückt lässt. Und Sie sind dazu eingeladen, Möglichkeiten zu erkunden, wie sich Spiritualität in Ihren häuslichen Alltag integrieren lässt – auch, wenn Sie nicht religiös sind oder Kinder haben, die alles, was nur im Entferntesten nach Spiritualität riecht, für „uncool“ halten.
Ich werde Ihnen in diesem Buch einige Qualitäten vorstellen, von denen ich glaube, dass sie sehr hilfreich sind, wenn man ein Kind zu einem bewussten, selbstsicheren und liebevollen Erwachsenen erziehen möchte. Schließlich werde ich Ihnen ein paar praktische Werkzeuge in die Hand geben, die Ihnen dabei helfen, als Elternteil gegenwärtig und in Ihren Reaktionen flexibel zu sein, anstatt aus Frust, Wut oder Angst heraus zu handeln.
Wenn die Beziehung zu unseren Kindern von rückhaltlosem Engagement und tief empfundener Gegenwärtigkeit geprägt ist, dann werden sie sich, wenn sie Hilfe und Unterstützung brauchen, viel lieber an uns wenden als an ihre Freunde. Außerdem neigen Kinder, die sich – so wie sie sind – gemocht, gesehen und geschätzt fühlen, ganz natürlich dazu, zu tun, worum ihre Eltern sie bitten; es liegt in der Natur des Menschen, mit denen zu kooperieren, denen wir uns am meisten verbunden fühlen.
Ob Sie nun leidenschaftlich einem spirituellen Weg folgen oder einfach nur Ihre Kinder bewusster erziehen möchten, eine stärkere Gegenwärtigkeit wird Sie dafür öffnen, mehr von der Liebe, dem Lernen und der Freude zu erfahren, die das Abenteuer der Elternschaft uns schenken kann.
Willkommen auf dieser Reise! Fangen wir an.