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Unser eigener Wachstumsschmerz

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Manchmal zögern wir, unseren Kindern Grenzen zu setzen, weil wir uns vor ihnen fürchten. Ihre Wutausbrüche sind so furchterregend oder anstrengend, dass wir sie nur noch mit Samthandschuhen anfassen, um bloß keinen dieser Anfälle auszulösen. Dann wiederum haben wir Angst, wir könnten ihre „Seele zerstören“, wenn wir ihnen etwas vorenthalten, das sie gern haben möchten, und erinnern uns dabei vielleicht nur zu gut daran, wie unsere Eltern uns selbst kleingehalten haben. Und schließlich gibt es noch die Momente, da wir unserer Rolle als Kapitän nicht gerecht werden, weil wir nicht so recht wissen, ob wir überhaupt ein offiziell bestätigter Erwachsener sein wollen.

Kinder großzuziehen katapultiert uns unweigerlich in das Erwachsenendasein – oder zumindest bietet es uns die Gelegenheit, erwachsen zu werden, wenn wir denn bereit und willens sind. Doch es kann schon ein wenig schockierend sein zu begreifen, wie viel Verantwortung wir als Eltern tatsächlich zu tragen haben.

Eines Tages, mein Sohn war noch ein Baby und hatte gerade erst angefangen, feste Nahrung zu sich zu nehmen, gab ich ihm gerade sein Frühstück. Kurz darauf überlegte ich schon wieder, was ich ihm ein paar Stunden später zum Mittagessen machen sollte. Mein erster Impuls war, mich im Zimmer nach dem Erwachsenen umzusehen, der für solche Dinge zuständig war – eine offiziell bestätigte erwachsene Person, die für regelmäßiges Frühstück, Mittagessen und Abendbrot sorgen würde. Bevor wir Kinder hatten, waren meinem Mann und mir die Mahlzeiten nicht so wichtig gewesen, wir warfen einfach spontan irgendetwas in den Topf, ohne groß darüber nachzudenken oder zu planen. Als mir dann dämmerte, dass ich dafür verantwortlich war, diesem Kind jeden Tag drei Mahlzeiten zuzubereiten, und zwar für die nächsten achtzehn Jahre, war ich sprachlos!

Offen gestanden hielt ich mich nicht für so reif und organisiert. Doch Tatsache war, sobald ich mein Baby hatte, war die Entscheidung, voll und ganz erwachsen zu werden, bereits für mich getroffen worden. Ich musste mich mit der Realität abfinden, dass ich die Erwachsene hier im Zimmer war und dass ich diese Rolle ebenso gut annehmen konnte. Wenn wir schon Schauspieler auf der Bühne des Lebens sind, dann können wir uns für unsere Rolle auch richtig ins Zeug legen! Und siehe da, die wichtigste Verwandlung meines Lebens vollzog sich, als ich meine Elternrolle immer mehr akzeptierte und dabei feststellte, dass Erwachsenwerden ziemlich großartig ist. Und entgegen meinen Befürchtungen musste ich weder auf meine verspielte noch auf meine spontane Seite verzichten.

Wenn Kinder auf die Welt kommen, sind sie hilflos und brauchen uns. Mutter Natur hat es so eingerichtet, dass Eltern einfach alles tun würden, um das Überleben ihres Nachwuchses zu sichern, bis er eines Tages ohne den Schutz seiner Eltern zurechtkommt. Es ist ganz natürlich, dass Kinder die Grenzen, die wir ihnen setzen, immer wieder austesten, denn sie wollen herausfinden, wie groß ihre Welt ist; ohne diese Grenzen besteht die Gefahr, dass sie sich immer weiter von der Landkarte entfernen. Grenzen zu setzen, hilft uns dabei, Kinder zu erziehen, die mit Enttäuschung umgehen können und dadurch stark, anpassungsfähig und selbstständig sind.

Grenzen zu setzen, hilft uns dabei, Kinder zu erziehen, die mit Enttäuschung umgehen können und dadurch stark, anpassungsfähig und selbstständig sind.

Dies gehört eindeutig zu den schönen Seiten des Elternseins: zu sehen, wie unsere Kinder langsam zu Erwachsenen heranwachsen, die es verstehen, sicher durch die unvermeidlichen Höhen und Tiefen des Lebens zu navigieren. Denn dann wissen wir, dass all die Mühe, die wir uns gemacht haben, um selbst erwachsen zu werden, während wir gleichzeitig zu liebevollen Begleitern unserer Kinder wurden, dass all dies den Wachstumsschmerz wert gewesen ist – sowohl den unserer Kinder als auch unseren eigenen.

Kindererziehung im Jetzt

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