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III.Die Freihändige Vergabe, § 3 Satz 1 Nr. 3 VOB/A

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21Die Freihändige Vergabe von Bauleistungen erfolgt ohne ein förmliches Verfahren, an dem auch nur eine begrenzte Zahl von Bietern teilnimmt. Der Auftraggeber geht unmittelbar auf von ihm ausgewählte Unternehmen zu, um die von ihm nachgefragte Bauleistung erwerben zu können, sei es unmittelbar durch Aufforderung zur Angebotsabgabe oder zunächst nur zu Verhandlungen. Dabei steht ihm hinsichtlich des „Erwerbsweges“, also der Ausgestaltung des Vergabeverfahrens, ein weiter Gestaltungsspielraum zu, der allerdings seine Grenzen in den vergaberechtlichen Grundsätzen (Wettbewerb, Transparenz, Gleichbehandlungsgebot und Verhältnismäßigkeit) findet, was nunmehr durch die Formulierung „in einem vereinfachten Verfahren“ in § 3 Satz 1 Nr. 3 VOB/A zum Ausdruck kommt. Im Übrigen darf der Auftraggeber den Zuschlag auch bei der Freihändigen Vergabe nur an ein geeignetes Unternehmen erteilen (§§ 2 Abs. 3, 6a Abs. 1, 6b Abs. 5 VOB/A). Zudem soll der Auftraggeber unter den Unternehmen möglichst wechseln, § 3b Abs. 4 VOB/A. Die Eignungsprüfung erfolgt hier wie bei der Beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb (siehe oben, Rn. 19). Auch hier gilt, dass die Eignung vor der Aufforderung zur Angebotsabgabe feststehen und zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung immer noch (zwingend) vorliegen muss.

22§ 3a Abs. 3 VOB/A definiert, unter welchen Voraussetzungen die Freihändige Vergabe zulässig ist. Die Vorschrift ist auch im Zusammenhang mit dem Zusatz „in einem vereinfachten Verfahren“ wenig geeignet, dieses besonders flexible Instrument der Freihändigen Vergabe und die damit einhergehende maximale Einschränkung des Wettbewerbes einzuhegen. Zum einen ermöglichen die Zulässigkeitsvoraussetzungen, die überwiegend anhand unbestimmter (Rechts-)Begriffe beschrieben werden, dem öffentlichen Auftraggeber einen weiten Handlungsspielraum. Zum anderen sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht abschließend formuliert („besonders“).

23Bei der Anwendung wird der Auftraggeber stets zu berücksichtigen haben, dass die Freihändige Vergabe in dem Maße Abweichungen von den Vorgaben der Vergabe- und Vertragsordnung zulässt, in dem diese durch den jeweiligen Grund für die Wahl dieses Verfahrens gerechtfertigt sind. Dies folgt unmittelbar aus den Vergabegrundsätzen des § 2 VOB/A, deren Ausgestaltung die übrigen Regelungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen dienen, und die nach allgemeiner Meinung auch im Rahmen der Freihändigen Vergabe zu beachten sind.15 Beispielsweise kann eine diskriminierungsfreie und transparente Freihändige Vergabe nur gelingen, wenn der öffentliche Auftraggeber die Bauleistung gemäß § 7 Abs. 1 VOB/A eindeutig und so erschöpfend beschreibt, dass alle Unternehmen die Beschreibung im gleichen Sinn verstehen müssen. Wählt der öffentliche Auftraggeber die Freihändige Vergabe, weil eine dieser Regelung entsprechende Leistungsbeschreibung nicht möglich und daher in einer Öffentlichen oder Beschränkten Ausschreibung keine hinreichend vergleichbaren Angebote erwartet werden können (§ 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 VOB/A), kann er von § 7 Abs. 1 VOB/A abweichen, soweit dies erforderlich ist, das heißt, soweit die Unmöglichkeit der Leistungsbeschreibung reicht. Wird die Freihändige Vergabe dagegen gewählt, weil aus besonderen Gründen nur ein Unternehmen in Betracht kommt (§ 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VOB/A), rechtfertigt dies – schon im Hinblick auf den mit diesem Unternehmen zu schließenden Vertrag – keinesfalls das Abweichen von der Regelung des § 7 Abs. 1 VOB/A.

24Anders als im Bereich des Oberschwellenvergaberecht, darf der Auftraggeber Bestandteile einzelner Verfahren kombinieren: Beispielsweise steht es ihm frei, einen vorherigen öffentlichen Teilnahmewettbewerb durchzuführen, Verhandlungen durchzuführen, deren Gegenstand er selbst bestimmt, Fristen festzulegen, den Bieterkreis sukzessive zu verkleinern, auch frei über die Preise zu verhandeln. Zu beachten ist allerdings, dass der Auftraggeber an den von ihm vorgegebenen Ablauf einschließlich der von ihm aufgestellten Regeln, gebunden ist (Selbstbindung). Aus dem Transparenzgebot folgt schließlich auch, dass alle wesentlichen Verfahrensschritte und die daraus resultierenden Entscheidungen, unter anderem auch hinsichtlich der Wertung und der getroffenen Auswahl, zu dokumentieren sind.16 Abgesehen davon, hat der Auftraggeber die Gründe für die Wahl der Freihändigen Vergabe gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 VOB/A zu dokumentieren.

§ 3a VOB/AZulässigkeitsvoraussetzungen

(1) 1Dem Auftraggeber stehen nach seiner Wahl die Öffentliche Ausschreibung und die Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb zur Verfügung. 2Die anderen Verfahrensarten stehen nur zur Verfügung, soweit dies nach den Absätzen zwei und drei gestattet ist.

(2) Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb kann erfolgen,

1. bis zu folgendem Auftragswert der Bauleistung ohne Umsatzsteuer1:

a) 50 000 Euro für Ausbaugewerke (ohne Energie- und Gebäudetechnik), Landschaftsbau und Straßenausstattung,

b) 150 000 Euro für Tief-, Verkehrswege- und Ingenieurbau,

c) 100 000 Euro für alle übrigen Gewerke,

2. wenn eine Öffentliche Ausschreibung oder eine Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb kein annehmbares Ergebnis gehabt hat,

3. wenn die Öffentliche Ausschreibung oder eine Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb aus anderen Gründen (z. B. Dringlichkeit, Geheimhaltung) unzweckmäßig ist.

(3) 1Freihändige Vergabe ist zulässig, wenn die Öffentliche Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibungen unzweckmäßig sind, besonders,

1. wenn für die Leistung aus besonderen Gründen (z. B. Patentschutz, besondere Erfahrung oder Geräte) nur ein bestimmtes Unternehmen in Betracht kommt,

2. wenn die Leistung besonders dringlich ist,

3. wenn die Leistung nach Art und Umfang vor der Vergabe nicht so eindeutig und erschöpfend festgelegt werden kann, dass hinreichend vergleichbare Angebote erwartet werden können,

4. wenn nach Aufhebung einer Öffentlichen Ausschreibung oder Beschränkten Ausschreibung eine erneute Ausschreibung kein annehmbares Ergebnis verspricht,

5. wenn es aus Gründen der Geheimhaltung erforderlich ist,

6. wenn sich eine kleine Leistung von einer vergebenen größeren Leistung nicht ohne Nachteil trennen lässt.

2Freihändige Vergabe kann außerdem bis zu einem Auftragswert von 10 000 Euro ohne Umsatzsteuer erfolgen2.

(4) 1Bauleistungen bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von 3 000 Euro ohne Umsatzsteuer können unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ohne die Durchführung eines Vergabeverfahrens beschafft werden (Direktauftrag). 2Der Auftraggeber soll zwischen den beauftragten Unternehmen wechseln.

Amtliche Fußnote:

1 Für Bauleistungen zu Wohnzwecken kann bis zum 31. Dezember 2021 eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb für jedes Gewerk bis zu einem Auftragswert 1.000.000 Euro ohne Umsatzsteuer erfolgen.

2 Für Bauleistungen zu Wohnzwecken kann bis zum 31. Dezember 2021 eine Freihändige Vergabe bis zu einem Auftragswert 100.000 Euro ohne Umsatzsteuer erfolgen.

Übersicht Rn.
A. Die Zulässigkeit der einzelnen Vergabearten 1–5
I. Übersicht 1–3
II. Dokumentationspflicht 4
III. Rechtsschutz bei fehlerhafter Wahl der Vergabeart 5
B. Öffentliche Ausschreibung und Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb, § 3a Abs. 1 VOB/A 6–8
C. Die Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb, § 3a Abs. 2 VOB/A 9–25
I. Übersicht 9
II. Auftragswertgrenzen, § 3a Abs. 2 Nr. 1 VOB/A 10–18
1. Ausbaugewerke (ohne Energie- und Gebäudetechnik), Landschaftsbau und Straßenausstattung, § 3a Abs. 2 Nr. 1 lit. a VOB/A 13–16
2. Tief-, Verkehrswege und Ingenieurbau, § 3a Abs. 2 Nr. 1 lit. b VOB/A 17
3. Alle übrigen Gewerke, § 3a Abs. 2 Nr. 1 lit. c VOB/A 18
III. Vorangegangene Öffentliche Ausschreibung oder Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb ohne annehmbares Ergebnis, § 3a Abs. 2 Nr. 2 VOB/A 19–21
IV. Unzweckmäßigkeit der Öffentlichen Ausschreibung oder der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb aus anderen Gründen, § 3a Abs. 2 Nr. 3 VOB/A 22–25
1. Dringlichkeit der Leistung 23, 24
2. Geheimhaltung 25
D. Die Freihändige Vergabe, § 3a Abs. 3 VOB/A 26–33
I. Übersicht 26
II. Nur ein bestimmtes Unternehmen kommt für die Leistungserbringung in Betracht, § 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VOB/A 27
III. Besondere Dringlichkeit der Leistung, § 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VOB/A 28
IV. Die Leistung kann nicht eindeutig und erschöpfend festgelegt werden, § 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 VOB/A 29
V. Erneute Ausschreibung verspricht kein annehmbares Ergebnis, § 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 VOB/A 30
VI. Geheimhaltungserfordernis, § 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 VOB/A 31
VII. Kleine, nicht ohne Nachteil trennbare, Leistung, § 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 VOB/A 32, 33
E. Direktauftrag, § 3a Abs. 4 VOB/A 34
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