Читать книгу Zieht euch warm an, es wird heiß! - Sven Plöger - Страница 32

Unsichtbares Problem, kaum sichtbare Erfolge

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Was wir nicht mit eigenen Augen sehen können, fällt für uns – und das war evolutionär sinnvoll – erst mal kaum ins Gewicht. Beim Klimaschutz erhält dieses »mit den eigenen Augen sehen« eine fast tragische Rolle. Kohlendioxid ist völlig unsichtbar und geruchlos. Stellen Sie sich mal kurz vor, dieses Gas wäre schwarzer Qualm und wir sähen nie mehr die Sonne! Unsere beliebten Urlaubsziele im Mittelmeer oder ferne Traumstrände lägen ständig in bleigrau-dämmrigem Zwielicht. Oder stellen Sie sich vor, das Kohlendioxid hätte den gleichen Geruch wie die Stinkbomben, die wir zu Schulzeiten gerne im Lehrerzimmer hochgehen ließen! Wir müssten mit klobigen Gasmasken herumlaufen, um den widerlichen Gestank auszuhalten. Dann würden wir unser Problem dauerhaft spüren und nicht nur – wie bei Extremwetter – mal hier, mal da und mit längeren Unterbrechungen. Das Thema stünde auf allen politischen Agenden auf Platz 1 und man würde schleunigst nach Lösungen suchen. Und sie auch sofort finden – denn die Nachteile wären so offensichtlich, sie würden die individuellen Vorteile im wahrsten Sinne des Wortes in den Schatten stellen.

Wichtig ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass CO2 natürlich ein für unser Leben sehr wichtiges Gas ist. Ohne es könnten Pflanzen – und das schließt die so wichtigen Algen ein – keine Photosynthese, die Umwandlung von Kohlendioxid und Wasser in Glucose (Traubenzucker), betreiben. Als »Abfall« entsteht, nicht ganz unwichtig, Sauerstoff. Also: Kohlendioxid ist weder ein »böses Gas« noch ein »Klimakiller«, sondern einerseits wichtig und andererseits ein Treibhausgas. Es hat Vor- und Nachteile. Die Dosis macht’s und darum ist ein vernünftiges Gleichgewicht sinnvoll. Wenn wir in Rekordzeit immer mehr CO2 in die Atmosphäre drücken, wird es eben wärmer und die Wetterabläufe ändern sich. So einfach ist das.

Die Unsichtbarkeit spielt auch beim Klimaschutz eine Rolle. Wohnt jemand, der sich stets klimafreundlich verhält, Tür an Tür mit jemandem, den man mit Fug und Recht als Umweltsau bezeichnen würde, so sehen beide die exakt gleiche Welt: Der Erfolg des eigenen Handelns bleibt unsichtbar – so unsichtbar wie das CO2 selbst. Die Erfolge von sinnvollem Klimaverhalten, wenn wir denn kollektiv erfolgreich agieren, sehen wir leider erst mit großer Verzögerung, ebenso wie wir erst jetzt die Folgen unserer früheren Klimaschädigung sehen. Erschwerend kommt hinzu, dass das Erreichen der Klimaziele kein konkretes »Ergebnis« hat, sondern lediglich Schlimmeres abwendet. Das hat eine gänzlich verdrehte Motivationsstruktur zur Folge, vergleichbar mit dem alltäglichen Verhalten vieler Leute, Reparaturen oder Behandlungen nie aufzuschieben, während Vorsorgemaßnahmen gerne schleifen gelassen werden: Der Aufwand hat keinen greifbaren, sondern nur hypothetischen Gegenwert.

Zieht euch warm an, es wird heiß!

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