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Die Gier lenken

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Gier steckt in uns allen und der Kapitalismus fördert sie. Diese Gier hat 2008 zur weltweiten Finanzkrise geführt, die mit der Lehman-Pleite begann. Schnell erkannte man, welch schreckliche Fehler unser Finanzsystem enthielt, und beschloss, dass von nun an alles ganz anders werden muss. Im Umfeld des weltweiten Börsenhandels mit seinen exorbitanten Bonuszahlungen ist bis heute allerdings vieles geblieben, wie es immer war – mal abgesehen vielleicht von größerem bürokratischem Aufwand für jene Banken, die am damaligen dramatischen Schaden durch ihr Anlageverhalten gar nicht beteiligt waren. Die Gier hat gewonnen, weil sie in uns steckt. Die Vernunft, die gegensteuern muss, hat verloren. Moralisch bedauerlich, aber eine Tatsache. Wir können unsere Gier nicht abschaffen und sollten keinen Kampf führen, den wir ohnehin nie gewinnen werden. Vielmehr müssen wir die Gier lenken, sie ausnutzen und quasi hinterlistig mit uns selbst sein. Wäre es nicht allemal besser, wenn jemand dadurch richtig reich würde, dass er die Umwelt sauber hält, anstatt ihr zu schaden? Um das zu erreichen, benötigen wir Regeln, die unser Verhalten steuern. Sich auf solche Regeln weltweit politisch zu einigen, sollte die Aufgabe bei den großen Klimakonferenzen sein. Wie lenken wir Kapital in eine von der Weltgemeinschaft gewünschte Richtung? Soll doch die Gier das grüne Geschäft beleben, wenn wir sie schon nicht beseitigen können!

»Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Windmühlen und die anderen Mauern«, sagt ein kluges chinesisches Sprichwort. Der größte Vermögensverwalter stellt nun Windmühlen auf. Denn die Anleger entwickeln rasant ein Bewusstsein dafür, dass der Klimawandel sich massiv auf das Wirtschaftswachstum und den Wohlstand auswirkt, und dass diesem Umstand nun Rechnung getragen werden muss. Der Klimawandel wird dadurch zur Triebfeder für eine tief greifende Veränderung bei der Risikobewertung von Anlagen und vorausschauende Investoren planen eine wesentliche Umschichtung des Kapitals.

Unternehmen, die Billionen Dollar an Vermögen verwalten und damit jeden Tag (!) Millionen Dollar Gewinn einfahren, besitzen erhebliche Macht. Ob das in Ordnung ist, will ich hier nicht bewerten, sondern auf die enorme Hebelwirkung – »Leverage«, wie die Banken das nennen – hinaus, die entsteht, wenn ein solches Unternehmen auf Nachhaltigkeit setzt. Was auch immer die Triebfeder der Akteure ist, ob blanke Gier oder nur der Wunsch, in zinslosen Zeiten den Ruhestand zu sichern – hier werden die Weichen dafür gestellt, dass an Schlüsselstellen Kapital für grüne Technologien zur Verfügung steht.

Ein solcher Weg, begonnen durch einen marktmächtigen Konzern, hat nebenbei auch zur Folge, dass Investoren die wirtschaftliche Unzulänglichkeit einer rückwärtsgewandten Investition ­aufgezeigt wird, da sich die Anleger über kurz oder lang abwenden werden. So können die Kapitalströme – quasi durch einen Schubs – immer mehr in nachhaltige Unternehmen fließen. Schon heute wächst der Anteil »grüner Anlagen« erkennbar: In Großbritannien haben sie 2018 gegenüber dem Vorjahr um 34 Prozent zugenommen, im deutschsprachigen Raum sogar um 45 Prozent statt um vergleichsweise niedrige 9 Prozent wie noch im Jahr davor. Ökologisch, sozial und langfristig sind Stichwörter für die Anlageform, die sich viele Menschen, deren Kapital in Summe nicht zu unterschätzen ist, wünschen. Doch eins muss uns klar sein: Dieser Hebel wirkt nur, wo Profit lockt. Unterprivilegierte Länder, die jetzt schon schier unter den Kosten des Klimawandels zusammenbrechen, versprechen da wenig und sind dieser Form des Kapitals – leider ziemlich wurscht. Also hat auch dieser wichtige Gedanke nicht nur Vorteile, sondern muss ein Element unter vielen sein.

Zieht euch warm an, es wird heiß!

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