Читать книгу Leinstermann in Doorn - T. Janssen - Страница 18
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Ein kurzer Schrei, ein Scheppern, begleitet vom Klimpern einer kleinen Glocke. Piet und Holm sehen sich an und machen sich von ihrer Arbeit mit den anderen Männern in die Richtung auf, in der sie den Unfall vermuten.
Es ist der vorletzte Tag des Besuches der Kronprinzen-Familie, und noch immer leidet die Stimmung im Hause unter dem Vater-Sohn-Konflikt. Was für Holm auch nach Annis gestrigen Äußerungen völlig unverständlich ist, sind die Anzahl der konspirativen Zusammenkünfte und der daran beteiligten Personen. Zudem die Briefe, die sich die Familie auf engstem Raum gegenseitig schreibt, anstatt alles in einem persönlichen Gespräch zu klären. In einer kurzen Begegnung mit Ilsemann war dieser ebenso angespannt wie in der nächtlichen Runde vor dem Dienstgebäude.
Die Prinzessin kauert an ihrem Fahrrad und wimmert vor sich hin, als sich Piet und Holm nähern. Diesmal hat die junge Frau weniger Glück gehabt: Schon aus einigen Schritten Entfernung ist erkennbar, das sich ein roter Fleck in Höhe des linken Knies auf der hellen Hosen ausbreitet.
»Ich will Fahrrad fahren, Piet!«, schluchzt Adini dem Holländer entgegen, als er sich zu ihr herunterbeugt. »Aber es geht nicht!« Es klingt wie ein Vorwurf.
»Ich weiß, Prinzessin, ich weiß«, entgegnet Piet und nimmt sich der eigentümlichen jungen Frau an. Holm mustert in der Zwischenzeit das Gefährt und stellt es wieder auf.
Diesmal ist es Ilsemann, dem sein Schützling auf dem Drahtesel entkommen ist. Mit schnellen Schritten und ebenso schnellen Atemzügen nähert er sich der schon bekannten Szenerie, in Körperhaltung und Mimik ernst und angespannt. Holm fühlt sich in eine Situation zurückversetzt, als er zusammen mit anderen Kindern einer Glasscheibe im elterlichen Haus in Hamburg ein Ende gesetzt hatte. Der Flügeladjutant zeigt deutliche Züge seines Vaters, als der zur Züchtigung der Übeltäter heraneilte.
»Prinzessin«, haucht der Flügeladjutant, während er nach Luft schnappt, »bitte geben Sie doch auf sich Acht.«
»Ich will Fahrrad fahren!«, zischt Adini mit stechendem Blick dem unglücklichen Aufpasser entgegen, während sie bereits wieder aufsteht, um nach ihrem stählernen Ross zu greifen.
»NEIN!!!«, brüllt Ilsemann so laut, dass Holm und Piet vor Schreck zusammenfahren.
Prinzessin Alexandrine legt den Kopf auf die Seite und schaut den Major mit funkelnden Augen an. »Warum ist Ilsemännchen so böse?«, fragt sie so aufreizend und herausfordernd, dass Holm für den nächsten Moment erwartet, dass der Major explodieren könnte.
Aber Ilsemann gelingt es, die Fassung zu bewahren. Er ist hin- und hergerissen zwischen seiner Wut über die Ereignisse der letzten Tage und seiner Rolle als Mittler zwischen den familiären Fronten, der Unzufriedenheit als Aufpasser der geistesgebrechlichen Adini und der Abscheu gegenüber der verniedlichenden Anrede, die die Prinzessin bei ihrem Großpapa aufgeschnappt hat. Für einen Moment hält er inne und fragt sich, ob seine Zurechtweisung der Prinzessin über das Ziel hinaus geschossen ist.
Er will etwas sagen, doch es fehlen ihm die Worte. Er schlägt die Hände vor das Gesicht und holt tief Luft. Holm und Piet schauen ihn erwartungsvoll an, so dass ihre Aufmerksamkeit für einen Moment abgelenkt ist.
Doch das ist ein Fehler! In ungeahnter Geschwindigkeit greift Adini nach dem Fahrrad und lässt Holm ohne Reaktion stehen. Schnell schiebt sie ihr Gefährt außer Reichweite der verdutzten Männer und besteigt den Sattel.
Einige Meter zähmt sie in wildem Ritt das stählerne Ross, dann kommt sie ins Schlingern.
Ein kurzer Schrei, ein Scheppern, begleitet vom Klimpern einer kleinen Glocke.
Scheiße, denken die drei Männer zeitgleich.
*
»Es muss doch eine Lösung geben«, sinniert Piet.
Holm schiebt das Rad nach der gescheiterten Probefahrt wieder in die Garage und schüttelt den Kopf. »Das funktioniert so nicht! Es fährt stabil, aber die Kurven sind ein Problem.« Er wischt sich den letzten Dreck von der Jacke. Er war das zweite Mal seit Kindertagen über den Lenker abgestiegen – jeweils in Doorn. In der Tat, das zusätzliche Vorderrad auf der verlängerten Achse lässt das Gefährt sicherer erscheinen, erschwert das Lenken jedoch enorm.
Nachdem sie ihre Fahrt nach Utrecht gerade beendet haben, kommen Ilsemann und Nazzareno Spetti hinzu.
Holm wendet sich an den Hilfsfahrer: »Wir haben alles so verschraubt, wie Sie es uns gezeigt haben. Aber die Lenkung schlägt nicht ausreichend an, es trägt einen aus der Kurve.«
Spetti mustert den Gärtner und schmunzelt: »Sehe ich!«
Ilsemann ist nicht eingeweiht, betrachtet dennoch aufmerksam das Werkstück. »Ich verstehe die Idee«, sagt er, »aber was würde passieren, wenn man das zweite Rad an der Hinterachse anbringt?«
»Ist schwierig«, entgegnet Spetti, »wegen des Antriebs. Bei Automobilen gibt es ein Differenzialgetriebe, da drehen die Räder in Kurven unterschiedlich schnell. Man müsste ein Rad antreiben, das andere im Freilauf.«
Holm staunt nicht schlecht, hatte er den Italiener bisher noch nie einen so langen, zusammenhängenden Satz sagen hören.
Der Hilfsfahrer ist in seinem Element:
»Wenn nicht, fliegen Sie aus der Kurve – genauso wie Herr Leinstermann.«
Spetti beginnt zu lachen und klopft dem Testfahrer auf die Schulter. Auch Ilsemann und Piet lassen sich anstecken. Holm stellt erstaunt fest, dass ihn das Lachen der Männer keineswegs erzürnt oder kränkt. Im Gegenteil, auch er beginnt über das eigene Missgeschick zu schmunzeln.
Es dauert eine Weile, bis sich die vier Männer wieder beruhigt haben.
Ilsemann wischt mit dem Jackenärmel eine Träne aus dem Auge und atmet ein paar Mal zufrieden durch. Dann erklärt er:
»Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so gelacht habe! Die Scherze seiner Majestät sind auch erheiternd, jedoch neigt der Kaiser leider sehr zu Wiederholungen.«
»Hat sich die Lage etwas entspannt?«, fragt Holm möglichst vieldeutig nach, da er den Flügeladjutanten vor Spetti nicht in Verlegenheit bringen will.
»Kaum, trotzdem Danke der Nachfrage. Es ist und bleibt eine Aufgabe«, antwortet der Major mit einem gequälten Lächeln.
Piet und Spetti konzentrieren sich inzwischen wieder auf das begonnene Projekt.
»Also«, sagt der Italiener und löst die Muttern an der Achse. »Wie bei Ihrer Flottweg geht es nicht.«
»Sicher nicht«, entgegnet der Holländer, »es sei denn, wir schrauben sie ganz auseinander und nehmen den Rahmen.«
»Das würden Sie tun? Ist viel Arbeit!«
Piet nickt. »Ja. Wir müssen die Prinzessin irgendwie abstützen. Sie kann das Gleichgewicht nicht halten.«
Spetti wühlt in den Schubladen der Werkbank herum. »Wir lassen Antrieb und Lenkung, wie sie sind. Müssen uns auf das Stützen konzentrieren.« Er sucht noch einen Augenblick herum, bevor er zwei Metallstreifen hervorzieht.
Der Italiener nickt zufrieden. »Müsste gehen! Müssen wir heiß machen, biegen, bohren – ja! Und wir brauchen kleine Räder! So etwas wie das da.« Er zeigt auf die Sackkarre am anderen Ende der Werkstatt. »Ich suche passende Schrauben!«
Der Holländer legt seinen Mitstreitern feierlich die Arme um die Schulter. »Hören Sie, meine Herren? Packen wir es an!«
*
Wie erwartet beäugt Adini die Änderungen an dem geschickt platzierten Gefährt ganz genau. Woher die tapfere Prinzessin immer wieder den Mut zu neuen Anläufen nimmt, ist den Männern völlig schleierhaft, während sie verstohlen aus der Holzhütte am Hackplatz die Prinzessin beobachten. Wie ein Fisch vor dem Angelhaken begutachtet Adini den Köder genau, bevor sie zubeißt.
Die Neugier und der Wille sind größer als die Skepsis, so dass sie zugreift. Adini besteigt vorsichtig das Fahrrad, bringt sich in Position und beginnt, sich mit dem rechten Bein abzustoßen.
»Adini, wo bis Du?«, ruft jemand aus einiger Entfernung. Eine zweite, weibliche Stimme erklingt. »Komm zurück, Adini, wir wollen fahren!«
Das Kronprinzenpaar!
Holm begreift, dass schnelles Handeln notwendig ist und eilt Adinis Eltern entgegen.
Dadurch entgeht seinen Augen, was Piet und Spetti in seinem Rücken beobachten:
Die Prinzessin stößt sich ab, die Füße finden die Pedalen. Von den improvisierten Stützrädern an der Hinterachse gehalten, nimmt sie Fahrt auf – keineswegs ohne Ruckeln oder Schlingern, aber doch getragen von dem nun gutmütigeren Stahlross. In ihrem Gesicht erkennen die Männer zunächst den unbändigen Willen – dann das Erstaunen, dass der nur allzu bekannte Sturz ausbleibt.
Als Holm auf das Kronprinzenpaar trifft, hört er Lachen und Johlen. Adini jauchzt vor Freude, während Piet und Spetti sich aus ihrem Versteck trauen und unter lautem Hurra! jubelnd ihre Mützen in die Luft werfen. Als Holm sich der Szenerie zuwendet, kommt Jan mit den anderen Arbeitern aus dem Rosengarten hinzu. Zunächst ist ihnen nicht klar, was Piet und den Hilfsfahrer so in Entzückung versetzt. Als sie jedoch erkennen, dass die Prinzessin mehr als die üblichen, wenigen Meter auf ihrem Drahtesel bewältigt, gibt es bei ihnen kein Halten mehr: Auch sie werfen Ihre Mützen in die Luft und jubeln Adini zu.
Das Gesicht der Prinzessin leuchtet.
Während die Kronprinzessin regungslos das Geschehen betrachtet, bemerkt Holm, dass sich die Stimmung ihres Gatten in ungewohnte Zustände verändert.
Er stammelt: »Ich ... ich ... Wie haben Sie ...?«
Die Gefühle sind größer als Worte. Er stürmt los, die Arme weit ausgebreitet.
»Adini!«, ruft er seiner Tochter entgegen, die aus Reflex zusammenzuckt. Dann verringert sie ihr Tempo und wendet das Fahrrad im großen Bogen am Eingang zum Rosengarten. Unter dem anhaltenden Jubel der Gartenarbeiter gelingt ihr die Kurve, was Piet und Spetti zufrieden registrieren.
»Ich kann es!«, schreit die Prinzessin in Ekstase, während ihre Beine die Pedalen schneller und schneller drehen. Die Entfernung schrumpft immer weiter, die Prinzessin treibt ihr Gefährt zu Höchstleistungen an.
»Adini!« Unmittelbar vor der Kollision springt der Kronprinz im letzten Augenblick zur Seite, da seine Tochter im Eifer des Gefechts das Bremsen versäumt! Sie rast in Windeseile auf Höhe der Holzhütte am Kronprinzen vorbei. Piet ahnt die Gefahr, entledigt sich seiner Holzklumpen und setzt zum Spurt an. Als er erkennen muss, dass er die Prinzessin nicht mehr einholen kann, schreit er: »Herr Leinstermann! Vorsicht!«
Holm reagiert schnell und stellt sich mitten in den Weg.
Er schwenkt die Arme und ruft laut: »Adini! Bremsen!«
Doch die Prinzessin ist im Rausch, so dass die wilde Fahrt durch kein Hindernis aufzuhalten ist.
»Mama! Ich kann Fahrrad fahren«, ruft sie ihrer Mutter entgegen, die wie Holm keine andere Möglichkeit sieht, als fluchtartig den Weg und damit das Feld zu räumen.
Piet hat inzwischen aufgeholt und schreit, diesmal voll echter Panik: »Vorsicht! Die Gracht!«
Auch der Kronprinz und Spetti versuchen, die Prinzessin durch laute Rufe aus ihrem Rausch zu reißen, doch ohne Erfolg. In wildem Tempo nähert sich die Prinzessin der schmalen Brücke. Außer ihr selbst sehen alle Anwesenden die große Gefahr, dass sie in die Gracht um das Haupthaus stürzen könnte, falls sie die Brücke verfehlt. Zu allem Übel ist die Brücke schmal – sehr schmal.
Würdevoll, mit weißem Strohhut, schreitet der letzte deutsche Kaiser vom Entenfüttern in Richtung des Rosengartens seiner Auguste, aufmerksam geworden durch die lauten Rufe. Als er sich der Brücke über die Gracht nähert, traut er seinen Augen nicht: Adini, die er immer besonders in sein Herz geschlossen hatte, kommt ihm entgegen – auf einem Fahrrad! Die Anstalt in Jena hatte vieles möglich gemacht, aber dieser Herzenswunsch war seiner Enkelin verwehrt geblieben – bisher.
Er klemmt den Spazierstock unter dem versehrten linken Arm ein und schwenkt den Hut zum Gruß. Doch auch der Kaiser muss feststellen, dass sich seine Enkeltochter in einem wahren Geschwindigkeitsrausch befindet. Mit Blick auf die schmale Brücke vor ihm wird ihm klar, dass es nur eine Möglichkeit gibt: vor der Prinzessin die Brücke zu erreichen, um sie, schlimmstenfalls durch einen Zusammenstoß, vor einem Sturz in die Gracht zu bewahren. Nein, er würde nicht noch einmal fliehen, sondern in Kauf nehmen, was er in Kauf nehmen muss, um ihr Leben zu retten. Vieles in Deutschland, selbst innerhalb der Familie, hatte in den letzten Jahren seine Bedeutung verloren – aber Adini gehörte nicht dazu!
Die Schritte des greisen Mannes werden schneller, während er weiterhin seinen weißen Strohhut schwenkt, wie ein Matrose auf einem ablegenden Schlachtschiff, um die Menschen am Kai zu verabschieden.
Nur wenige Meter vor der gefährlich engen Brücke erkennt die Prinzessin plötzlich, wer ihr entgegenkommt. Sie tritt energisch in die Bremse und versucht, viel zu früh abzuspringen, bleibt jedoch mit dem Rock am Sattel hängen.
Sie stürzt heftig zu Boden, das Fahrrad neben sie!
Allen Anwesenden bleibt das Herz stehen – nur einem nicht.
Der alte Kaiser geht, so schnell es sein Zustand zulässt, über die Brücke. Er wirft Hut und Stock achtlos zu Boden und bemüht sich mit dem immer noch kraftvollen rechten Arm, seiner Enkelin aufzuhelfen. Würden die anderen ihnen näher sein, könnten sie hören und sehen, was ihnen aufgrund der Entfernung vorenthalten bleibt:
»Großpapa, ich kann fahren!«, schluchzt die Prinzessin unter Tränen, während sie sich langsam vom Schreck des Sturzes befreit. Der alte Kaiser schließt seine Enkelin in den Arm. Mit einer Träne in den strahlend blauen Augen streichelt er liebevoll über den Rücken der jungen Frau und flüstert: »Ich bin so stolz auf Dich, meine Große!«
Das Schluchzen wird leiser, während sich die anderen nähern. Sanft, kaum hörbar sagt er: »Du bist mein Gottesgeschenk. Niemand darf Dir jemals etwas tun, dafür sorge ich!«
Als Piet und Spetti die beiden mit einigem Abstand beobachten, meint der Holländer: »Nun, die Idee mit den Stützrädern hat wohl funktioniert.«
»Allerdings ...«, murmelt Spetti. In seiner Brust schlagen in diesem Moment zwei Herzen mit Gefühlen und Erinnerungen, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten.
Piet lächelt verschmitzt: »Eins frage ich mich allerdings.«
Spetti schaut ihn nicht an. »Verraten Sie es mir ...«
Der Holländer imitiert überraschend gut die Stimmlage und Ausdrucksweise von Anni Brandt:
»Piet, wie haben Sie es geschafft, die Sackkarre derart zuzurichten, dass schon wieder eine Neuanschaffung nötig ist? Was haben Sie mit den Rädern gemacht? Denken Sie doch an unser schmales Budget!«
Spetti würde Piet gerne sagen, wie sehr ihn die Unterhaltung stört. Andererseits ist er froh, aus den traurigen Erinnerungen an den Tod seines einzigen Kindes herausgerissen zu werden. Es rührt und schmerzt ihn zugleich, dass die Prinzessin trotz ihrer angeborenen Krankheit das Leben auf ihre Art und Weise leben kann. Solches Glück war seinem kleinen Jungen nicht vergönnt gewesen. Es hatte Spetti das Herz herausgerissen, ihn sterben sehen zu müssen. Seine Frau war daran völlig zerbrochen, als wenn mit dem Tod des Kindes die Sonne für immer unterging. Nur seine allgegenwärtige, aufopferungsvolle Fürsorge hatte Maria vor der völligen Aufgabe bewahrt, da ist sich Spetti sicher. Manchmal fehlt dem Italiener die Kraft dazu – dann muss er fort, raus aus der bedrückenden Enge von Doorn.
Mit den Erinnerungen kommt die Wut zurück: die Wut über den Pfaffen, der immer nur von Erlösung sprach, als sie den kleinen Leano zu Grabe trugen; die Wut über die Nazis, die alles Andersartige und Fehlerhafte ausmerzen. Und die tiefe Verachtung für denjenigen, der ihm seine Trauer verübelte und alles einem höheren Zweck unterordnete: Esterberg!
Immer und immer wieder fuhren sich Spettis Gedanken in den letzten Jahren am gleichen Punkt fest: Was konnte sein Sohn dafür, dass er von dieser Krankheit betroffen war?
Der Junge war ohne Schuld.
Er hätte leben sollen.
»Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragt Piet.
Spetti nickt stumm, bevor er antwortet: »Ja. Hab nur gerade etwas begriffen.«
Piet erkennt den plötzlichen Ernst der Unterhaltung.
»Das merkt man Ihnen an. Ich wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen.«
»Tun Sie nicht, Piet. Habe seit langem nicht mehr so etwas Richtiges getan: mit Leinstermann, dem Major – und mit Ihnen! Hat gut getan!«
»Es war mir eine Ehre«, sagt Piet mit Salut, in betont deutschem Tonfall.
Nicht weit davon betrachtet der Kronprinz den Mut des Kaisers, der Gefahr entgegenzutreten. Seinen alternden Vater, mit dem er die letzten Tage in heftigem Streit über Kreuz gelegen hatte, mit solchem Mut zu sehen, bleibt nicht ohne Wirkung.
Hättest Du damals solchen Mut gehabt, würden die Menschen in Deutschland Dich jetzt als Held verehren, denkt er.
Ein Held, der vor über 20 Jahren für sein Volk an der Front gefallen ist, Seite an Seite mit seinen Soldaten.