Читать книгу Madelyn - Ort des Schreckens - Tamara Thorne - Страница 12
8 TOM ABERNATHY
ОглавлениеOben auf der Thunder Road haben wir sogar eigene Geister.« Tom Abernathy sprach mit leiser Stimme, schaute sich langsam am Lagerfeuer um und nahm jeden einzelnen Camper in Augenschein. Einschließlich der acht Kinder waren es etwa zwei Dutzend. Keine schlechte Beteiligung, aber natürlich nichts im Vergleich mit dem, was nächste Woche hier los sein würde, wenn die meisten Schulen wegen der Osterferien schlossen.
»Auf der Thunder Road?«, fragte ein Junge.
»Sie verläuft oberhalb von Fort Madelyn von Osten nach Westen«, erklärte Tom. »Sie heißt Thunder Road, weil die zwanzig Maultiergespanne, die früher das Silber aus der Mine zum Schmelzwerk in Madelyn gebracht haben, so einen Krach gemacht haben, dass es unten im Ort wie ein Gewittergrollen klang. Die Soldaten, die im Fort stationiert waren, sind auch immer über diese Straße marschiert. Manchmal, sagen die Leute im Ort, kann man sie spätnachts noch heute hören.« Tom legte eine Pause ein. Die Flammen warfen unheimliche Schatten auf sein Gesicht. »Wenn ihr euch anstrengt, hört ihr sie heute Nacht vielleicht auch. Aber die Soldaten und die Maultiergespanne sind Dinge, die man nur hört. Die Geister, von denen ich euch heute Abend erzählen möchte, kann man manchmal sogar sehen.« Er deutete nach Nordwesten. »Tagsüber sieht man da drüben die Olive Mesa. Sie wurde von Ephram Carmichael nach seiner Tochter Olive benannt, die im Alter von sechzehn Jahren starb. Ephram und Olive haben um 1860 da draußen gelebt. Ephram war Vorarbeiter in der Moonstone-Mine – heute ist es die Verwunschene Mine im Freizeitpark – und liebte seinen Beruf, aber seine hübsche Tochter liebte er mehr als alles andere. Sie war sein Augapfel. Doch dann ereignete sich die Tragödie.« Tom wartete eine Sekunde und erfreute sich an den großen Augen der Kinder. Dann schüttelte er den Kopf und sagte traurig: »Es war eine schreckliche Sache. Ein grauenhafter Unfall.« Bei diesen Worten rückten einige Erwachsene näher aneinander.
»Es war Anfang Mai. Das Erdbeerfest stand vor der Tür, so wie jetzt. Olive wollte mit einem jungen Mann namens Caleb Gardner tanzen gehen. Die Leute sagten, Caleb wäre ein ziemlich wilder Kerl, aber im Grunde war er nicht übel. Caleb veranstaltete mit seinen Freunden auf der Thunder Road nur gern mal ’n Wettrennen. So wie es manche jungen Leute heute noch machen – nur eben mit Autos statt mit Pferden. Der Sheriff hatte sich Caleb schon einige Male vorgeknöpft, weil er andere Leute auf der Straße in Angst versetzte, so dass ihre Pferde scheuten und so weiter. Deswegen war Ephram nicht sehr begeistert, dass Olive mit ihm zum Tanzen gehen wollte, und das sagte er ihr auch.
Na ja, daraufhin war Olive so unglücklich, dass Ephram sich Caleb vorknöpfte und sagte, er könne Olive nur zum Tanz begleiten, wenn er seinen Gaul vor eine Kutsche spannte und in aller Ruhe zum Tanzboden fahren würde. Caleb versprach es, und sie fuhren los.
Sie kamen unbeschadet an, und Ephram, der mit einer Witwe aus der Ortschaft tanzte, freute sich, dass seine Kleine so glücklich war. Eigentlich wollte er Olive selbst nach Hause bringen, doch sie bat ihn, ihr zu erlauben, mit dem jungen Caleb Gardner zu fahren. Da Caleb sich als Gentleman erwiesen hatte und Ephram auch lieber die Witwe nach Hause bringen wollte, erlaubte er es.«
Tom legte eine dramatische Pause ein. »Es war das letzte Mal, dass jemand Olive und ihren Kavalier lebend sah. Bis heute weiß niemand, was genau passiert ist: Ob Caleb einfach zu schnell mit seinem Einspänner gefahren ist oder ob es ein Rennen gab.« Toms Stimme wurde etwas leiser. »Vielleicht hat ein Berglöwe sein Pferd erschreckt. Oder hinter Dead Man’s Hill hatten sich ein paar Ganoven versteckt. Die meisten glaubten allerdings, Caleb habe einem Rennen nicht widerstehen können.«
»Was ist passiert?«, hauchte eine jugendliche Stimme.
»Tja, eine Weile später ritt Ephram schließlich nach Hause. Und als er das Wrack fand, blieb ihm fast das Herz stehen. Die Kutsche hatte einen Unfall gehabt und sich überschlagen. Zuerst sah Ephram nur Caleb Gardner, der halb unter ihr lag. Sein Genick war gebrochen. Ephram glaubte ein paar Minuten, Olive sei unversehrt und habe sich auf den Heimweg gemacht, weil er keine Spur von ihr entdecken konnte. Doch dann fand er sie, und – bei Gott – es war ein schrecklicher Anblick!«
»Was?«, keuchte ein Kind. »Was hat er gesehen?«
Tom zögerte und schaute den Jungen eindringlich an. »Tja, es war so schauerlich, dass ich kaum weiß, wie ich es ausdrücken soll ...«
»Raus damit!«, schrie jemand.
»Bitte!«, bettelten mehrere andere Zuhörer.
»Na schön. Olive war wirklich etwas äußerst Merkwürdiges passiert. Sie wurde ein ziemliches Stück über die Straße geschleudert und landete in einer kleinen Rinne. Doch in der Rinne lag eine rostige alte Säge, und zwar mit dem Sägeblatt nach oben.« Tom legte erneut eine Pause ein. »Als sie aufprallte, wurde ihr der Kopf sauber abgetrennt.«
»Wirklich?«, keuchte es um ihn herum.
»Wirklich. Ihr Vater ist natürlich durchgedreht. Am nächsten Morgen fand man ihn: Er wanderte durch die Wüste und hatte den abgetrennten Kopf seiner Tochter unter dem Arm.« Dann fügte er wehmütig hinzu: »Sie soll wundervolle blonde Locken gehabt haben.«
Tom räusperte sich, legte die Hände auf die Knie und beugte sich vor. »Hin und wieder – meist in dieser Jahreszeit – hören die Leute auf der Thunder Road ein durchgehendes Pferd, das einen Einspänner zieht, den wiederum ein junger Mann lenkt. Manchmal kann man ihn auch sehen. Die Einheimischen glauben, dass es der junge Caleb Gardner ist. Ich weiß nur, dass es sich gespenstisch anhört, wenn man allein da oben ist.«
»Sie haben es schon mal gehört?«
Tom runzelte finster die Stirn. »Sehr oft«, antwortete er und fügte dann hinzu: »Aber dieser Geist ist nichts im Vergleich zu dem anderen Spuk. Viele Menschen sind auf der Thunder Road einer Anhalterin begegnet. Ja, ich kenn sogar jemanden, der hat sie in seinem Laster mitgenommen: ein hübsches Ding; stand allein da und trug ein langes, altmodisches, hellrotes Kleid. Mein Freund dachte, sie arbeitet im Madelyn Park und trägt ein Kostüm, also hat er angehalten. Sie hat ihn ganz lieb gebeten, sie nach Hause zu fahren. Als er fragte, wo das sei, hat sie zur Olive Mesa gezeigt.
Nun ist das Einzige, was es heutzutage da oben gibt, das Anwesen einer Kirche. Mein Freund glaubte, dass sie da wohnt, aber als er hinfuhr, sagte sie ›Nein, da rauf‹ und deutete auf den alten Weg zur Mesa. Mein Freund behielt die Straße im Auge und sagte, er könne seinen Laster da nicht rauf fahren. Da sie aber nicht antwortete, drehte er sich um – und da war sie weg.« Tom hielt inne. »Sie hatte sich einfach in Luft aufgelöst.« Er kratzte sich am Kinn und fügte lässig hinzu: »Das war nicht das erste Mal, dass Olive per Anhalter nach Hause wollte. Und es wird nicht das letzte Mal sein.«
»Ist das wirklich alles wahr?«, fragte ein Erwachsener.
»Aber sicher«, erwiderte Tom. Sein Lächeln besagte freilich, das er ihnen einen dicken Bären aufband. Erstaunlich, wie leichtgläubig manche Leute waren. Irgendwie beneidete er sie um ihre Naivität, denn wenn er wirklich geglaubt hätte, er könne Olives Geist irgendwo auf der Thunder Road begegnen – tja, dann wäre das Leben eindeutig spannender gewesen.
»Es ist Zeit, in die Falle zu gehen.« Tom stand auf und reckte sich. Es war 22.45 Uhr, deswegen konnte er seinen halb garen Plan vergessen, Marie im Rattlesnake Canyon zu besuchen. Vor Mitternacht würde er unmöglich dort ankommen, und sie hatte es gar nicht gern, wenn man ihren Schlaf störte. Trotzdem hatte er irgendwie Lust auf einen Ausritt. Er könnte durch den Spirit Canyon und dann über die Thunder Road nach Hause reiten. Er lächelte vor sich hin. Vielleicht war Olive heute wieder per Anhalter unterwegs.
»Mister ... ähm ...«
»Tom, Ma’am.« Er wandte sich der kleinen Frau zu, die an seinem Ärmel zupfte. »Was kann ich für Sie tun?« Eine dünnere, ebenso kleine Frau stand, einen Säugling auf dem Arm, neben ihr. Hinter ihnen warteten die Ehemänner der beiden, die zwar ebenfalls eindeutig interessiert waren, aber alles taten, um gelangweilt zu wirken.
»Nun, wir haben uns gefragt ...«
»Ja, Ma’am?«
»Es geht um die UFOs.«
»Aha«, sagte Tom. Beim Ertönen des Wortes »UFO« rückten gleich mehrere Leute näher heran. Obwohl Tom eigentlich nichts gegen das UFO-Zeug hatte, ging es ihm ein wenig auf die Nerven, denn zu Cowboys und Pferden passte es so wenig wie Whiskey zu Eiskrem. »Was ist mit den UFOs?«
»Haben Sie schon mal welche gesehen?«
»Ach, na ja, das kann ich eigentlich nicht behaupten«, erwiderte Tom. »Ich habe zwar ein paar Lichter am Himmel gesehen, aber ich neige eher dazu, sie für die Geisterlichter zu halten, von denen die Indianer erzählen.«
»Was sind Geisterlichter?«, fragte die dünne Frau.
»Von denen erzähl ich Ihnen Freitagabend, Ma’am. Aber jetzt muss ich mich wirklich auf den Weg machen.«
Tom tippte an seinen Stetson und ging zu seinem Pferd. Als er Beiles silbernes Zaumzeug tätschelte, wurde ihm bewusst, dass er sich nun eine Geschichte über »Geisterlichter« ausdenken musste. Aber das bereitete ihm keine Sorgen. Wenn er ganz ehrlich war, würde er wohl erst wissen, was Geisterlichter waren, wenn er sich hinsetzte, um die Geschichte zu erzählen.
Belle wieherte leise. Als Tom sich in den Sattel schwang, schnaubte sie. Sein Staubmantel flatterte im Wind. Er hielt das Pferd jedoch im Zaum, denn nun sah er, dass ein Großteil des Publikums ihm gefolgt war. Tom blickte die Menschen an und sagte in seinem ernsthaftesten Tonfall: »Wenn Pferde nachts schnauben, bedeutet es, dass sie einen Geist sehen.« Einige Kinder schauten sich erschreckt um. Tom wurde klar, dass er heute Abend etwas zu dick aufgetragen hatte. »Mach dir keine Sorgen, mein Sohn«, sagte er zu einem Fünfjährigen, der so aussah, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. »Es ist eine altbekannte Tatsache, dass Geister sich freuen, wenn man ihnen ein Liedchen singt. Dann gehen sie wieder und lassen einen für den Rest der Nacht in Ruhe. Ein paar Strophen von ›Home on the Range‹ müssten eigentlich genügen.«
»Bestimmt?«, fragte der Kleine.
»Ich garantiere es.«
Der Junge wirkte schon glücklicher. »Singen Sie es?«
Bevor Tom in der Öffentlichkeit gesungen hätte, wäre er lieber gestorben. »Mein Freund, wenn ich singe, werfen die Kojoten vor Angst ihr Fell ab.« Der Junge kicherte. »Aber ich wette, der Cowboy da drüben« – Tom deutete auf einen jungen Vater, der schon den ganzen Abend eine Gitarre mit sich herumschleppte und offenbar auf eine Gelegenheit wartete – »ist genau der Typ, der euch bei ein, zwei Liedern den Ton angeben kann. Also, gute Nacht zusammen.«
Er ritt vom Campingplatz und lächelte, als das Klimpern der Gitarre ertönte. Dann vernahm er mehrere Stimmen, die Antilopen und Rotwild besangen, die auf der Weide miteinander spielten. Tom war eigentlich klar, dass er es lieber unterlassen sollte, Geistergeschichten zu erzählen, wenn Kleinkinder anwesend waren, aber dazu brauchte man unheimlich viel Willenskraft – vermutlich mehr, als er besaß.
Er verließ den Campingplatz und lenkte Belle ans andere Ende des hohen, schmalen Spirit Canyon, östlich der Madelyn-Hauptweide, wo Marie die Nacht verbrachte. Sein Pferd verfiel in einen Trab, der erst langsamer wurde, als sie die enge, unbefestigte Straße erreichten, die in den Canyon führte.
Hier war das Mondlicht zwar nicht sonderlich hell, aber Belle kannte die Straße. Sie liebte mitternächtliche Ausritte ebenso wie Tom und wollte gern schneller laufen. Tom musste sie zurückhalten.
Sie legten die drei gewundenen Kilometer in gemächlichem Tempo zurück. Wenn man von den funkelnden Sternen und dem Halbmond am Himmel absah, war die Nacht klar und finster. Tom freute sich, dass am Himmel kein UFO zu entdecken war.
Als er den Campern von den Lichtern erzählt hatte, hatte er nicht geschwindelt. Er hatte sie sogar mehrmals erblickt, fast so wie jeder andere, der hier wohnte. Manche Menschen behaupteten, sie hätten echte UFOs gesehen, große, untertassenähnliche Dinger, nicht nur Lichter in der Ferne. Tom glaubte ihnen: Als Erfinder von Lügengeschichten wusste er selbst, wie leicht es war, seine eigenen Geschichten zu glauben. Je öfter er sie erzählte, desto besser wurden sie. Deswegen hatte er, obwohl er die Existenz von UFOs nicht bestritt, beschlossen, sich eines Urteils zu enthalten, bis er diese Dinger mit eigenen Augen gesehen hatte.
Belle legte plötzlich die Ohren an. Ihre Muskeln spannten sich. Sie zögerte und schnupperte in der Luft.
»Was ist los, Mädchen?«, sagte Tom leise. Witterte sie einen Kojoten? Kurz darauf entspannte sich Belle ein wenig. Dann hörte Tom menschliche Geräusche. »Camper, Belle. Es sind nur Camper.«
Er hielt diese Gegend irgendwie für sein Eigentum, obwohl sie niemandem gehörte. Er teilte den Canyon nicht gern mit Fremden, aber andererseits konnte er auch nicht viel gegen sie unternehmen.
»Na los, Belle«, sagte er und drückte die Fersen in die Flanken der Stute. »Sagen wir mal Howdy.« Die Stute setzte sich gemächlich in Bewegung. Ihre Ohren waren nun nach vorn gerichtet, womit sie signalisierte, dass Fremde ihr hier oben ebenso wenig gefielen wie ihm.
Als sie um die nächste Biegung kamen, erspähte Tom einen rostroten Bronco, ein großes Zelt und einen Haufen ringsum aufgebauter Instrumente. Eine Frau mit einer elektrischen Laterne trat hinter dem Bronco hervor und schaute ihn an.
»Howdy, Ma’am«, sagte Tom langsam. »Was für ’ne schöne Nacht für einen Ausritt.«
»Dr. Manderley?«, kam die Stimme eines jungen Mannes aus dem Zeltinneren. Eine Sekunde später trat er ins Freie. Sein Haar leuchtete rot im Schein der Laterne.
»Sind Sie der Sheriff?«, fragte die Frau. Sie bemühte sich, selbstsicher zu klingen, und hatte auch fast Erfolg damit. Ohne den leichten ausländischen Akzent wäre es ihr nie geglückt.
Tom lachte freundlich. »Warum fragen Sie? Sind Sie Revolverhelden auf der Flucht?«
Die Frau entspannte sich. »Was würden Sie von einer Tasse Kaffee halten?«
»Ich hätte nichts dagegen.« Tom schwang sich von Belles Rücken und band sie an der Stoßstange des Bronco fest. »Tom Abernathy«, sagte er und streckte die Hand aus. »Mir gehört die El-Dorado-Ranch unten am Old Madelyn Highway.«
»Alexa Manderley.« Ihr Griff war angenehm und fest. »Das ist Eric Watson. Wir hoffen, wir können ein paar Ihrer UFOs auf Film bannen.«
»Hallo«, sagte Watson. »Dr. Manderley gehört zu den angesehensten Forschern auf unserem Gebiet.« Er sah Tom unsicher an.
»Nett, Sie kennen zu lernen, Mr. Watson«, sagte Tom freundlich. »Wenn Sie UFOs suchen, sind Sie hier genau richtig. Heute Abend scheint allerdings nicht viel los zu sein.«
»Freut mich, das zu hören«, sagte Alexa, stellte die Laterne neben dem Zelt auf einen Kartentisch und bedeutete Tom mit einer Geste, Platz zu nehmen. Sie setzte sich ihm gegenüber hin. »Wir hören Gerüchte über irgendeinen Ort, aber man weiß nie, was man da findet. Danke, Eric«, fügte sie hinzu, als der junge Mann eine Kaffeekanne vom Coleman-Ofen nahm und ihnen einschenkte. »Nehmen Sie sich einen Stuhl«, sagte sie, als er sich unsicher umschaute, als wisse er nicht, ob er bleiben oder gehen sollte.
»UFOs gibt’s an vielen Orten«, sagte Tom. »Wie sind Sie gerade auf Madelyn gekommen?« Im Flackern des Laternenlichts fiel ihm auf, dass Alexa Manderley eine atemberaubend schöne Frau war. Kein Wunder, dass der junge Watson sich wie ein hochgradig nervöser Welpe aufführte.
»Madelyn zählt zu den angesagtesten Regionen des Landes«, erklärte Alexa. »Hier gibt es seit vielen Jahren Sichtungen – einige Ermittlungen des Projekts Blaubuch haben hier stattgefunden, und seit den letzten beiden Jahren gehört die Anzahl der Sichtungen zu den höchsten im ganzen Land.« Sie lächelte. »Doch der wichtigste Grund, weshalb wir diesen Ort ausgesucht haben, ist der, dass das Militär ihn geheim zu halten versucht.«
»Nach allem, was ich so höre«, erwiderte Tom, »möchte das Militär alles und jedes geheim halten.«
Alexa lachte. »Das ist wahr, Mr. Abernathy ...«
»Tom.«
»Tom. Ich bin Alexa. Nun, es stimmt, aber an einigen Orten bemühen sich die Militärs mehr als an anderen, uns draußen zu halten. In Madelyn, zum Beispiel.«
»Was soll das heißen, ›uns draußen zu halten‹? Nach dem, was ich gehört habe, soll das hier ein freies Land sein.«
»Das Militär hält Informationen zurück und lässt sich sehr viel einfallen, um Sichtungen als Geschwafel hinzustellen. Es ist auf dämliche Art ziemlich subtil, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Tom lachte. »Und ob.«
»Sie kennen nicht zufällig einen Colonel Dole?«, fragte Alexa.
»Sieht der fast so aus wie Richard Nixon zur Zeit der Watergate-Affäre?«
»Ja! Das ist er. Wissen Sie irgendwas über ihn?«
»Er hat uns nämlich im Café belauscht«, erläuterte Eric Watson.
»Colonel Dole, hm?« Tom kratzte sich am Kinn. »Ich seh ihn und seine Handlanger hin und wieder hier in der Gegend rumfahren. Könnte sogar sein, dass ich ihn heute auf der Thunder Road gesehen hab. Ray Vine sagt, er hängt zwar oft in seinem Lokal rum, gibt den Kellnerinnen aber nie Trinkgeld.«
»Wir haben Mr. Vine kennen gelernt.« Alexa grinste. »Er hat ein paar spitze Bemerkungen über das Militär gemacht – genau vor Colonel Doles Nase.«
»Ray nimmt nie ’n Blatt vor den Mund«, erklärte Tom, »nicht mal, wenn Uniformen anwesend sind. Die können ihn nämlich alle mal ...«