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4 ALEXANDRA MANDERLEY

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Es ist vielleicht für Wochen unsere letzte Chance, eine vernünftige Mahlzeit zu bekommen.« Eric Watson trat auf die Bremse, und der rote Ford Bronco blieb am unteren Ende der verwaisten Ausfahrt nach Madelyn stehen. Ein grünes Highwayschild verkündete, dass der Old Madelyn Highway rechts von ihnen lag. Erics Aufmerksamkeit war jedoch nach links gerichtet, wo sich über Ray’s Truck Stop Café eine riesige Neonreklame drehte. Das Café gehörte zu einem Gebäudekomplex auf einem gigantischen Parkplatz. Eric blickte Alexandra Manderley an. Seine grasgrünen Augen zeigten Hoffnung und Hunger.

»Eine vernünftige Mahlzeit?«, fragte Alexa. Dann lächelte sie ihren jungen Assistenten an. Er war ein hoch aufgeschossener Bursche mit struppigem rotbraunem Haar und sommersprossigen Wangen. Sein Verhalten war schüchtern und jungenhaft und verbarg wirkungsvoll den scharfen, skeptischen Geist, der sie bewegt hatte, ihn zu ihrem Assistenten zu machen. »Klar«, sagte sie. »Gehen wir was essen.«

»Toll.« Erics Grinsen zauberte tiefe Grübchen in seine Wangen, so dass er wie zehn aussah und nicht wie dreiundzwanzig. Er hatte einen Magister in Physik und Luftfahrt. Auf dieser Reise hoffte er das letzte Material für seine Doktorarbeit zu sammeln. Es würde nicht mehr lange dauern, dann brauchte er an der AEFP – der Agentur für die Erforschung Fliegender Phänomene – selbst einen Assistenten. Alexa war wirklich nicht wild darauf, ihn zu verlieren. Wenn sie nur daran dachte, wurde ihr schon mulmig. Immerhin verlierst du ihn an etwas Gutes.

Jack Matthews, ihr vorheriger Assistent, hatte seinen Magister gerade erst in der Tasche gehabt, als er vor vier Jahren auf einer Reise ins White-Sands-Gebiet von New Mexico verschwunden war. Auf einem Ausflug, der dem gegenwärtigen sehr ähnlich war: Sie waren Berichten über UFO-Sichtungen nachgegangen. In der fünften Nacht hatten sie sie gesehen – und eine Meute ihnen folgender Militärhubschrauber. Jack war mitsamt der Videokamera in dem Getümmel verschwunden. Und zwar spurlos. Alexa glaubte nicht, dass er entführt worden war – zumindest nicht von Außerirdischen –, doch sie hatte nie aufgehört, ihn zu suchen, obwohl der Hauptverdächtige – die US-Regierung – sein Bestes tat, um sie zu beschwichtigen. Da das nicht funktioniert hatte, hatte man ihre Forschungsarbeit in Misskredit gebracht.

Es war nun lange her. Der arme Jack. Alexa musterte Eric Watson aus den Augenwinkeln und schwor sich, nicht zuzulassen, dass ihm etwas passierte.

Sie fuhren auf den Parkplatz und stellten sich zu zwei Dutzend schweren Zugmaschinen und einer Hand voll Pkws und Lieferwagen. »Ich könnte ein Pferd fressen«, erklärte Eric, als er den Bronco vor dem Café in eine enge Parklücke bugsierte. Der Laden strahlte einen düsteren Art-déco-Schick aus. Das niedrige Gebäude protzte mit abgerundeten Ecken, Wänden mit verblasstem gelbem Stuck und dunkel getönten Fensterscheiben, wie bei einem altmodischen Personenzug. Über der Chrom-und-Glas-Tür hob die bis in alle Ewigkeit zwinkernde Kellnerin ein Tablett mit der Aufschrift RAY’S über ihren Kopf und lehnte sich an einen senkrechten Pfosten, auf dem gelbe und rote Glühbirnen Truck Stop Café in die Landschaft blinkten. Dass sämtliche Glühbirnen brannten, war ein gutes Omen, vermutete Alexa.

»Hier ist’s bestimmt toll«, verkündete Eric. »Truckfahrer wissen immer, wo man gut essen kann.«

Alexa musterte das fensterlose Nachbargebäude. Auf dem dazugehörigen Schild – es zeigte ein leicht gekipptes Martiniglas – stand RAYS’ TAVERNE. Sie fragte sich, ob Eric Recht hatte oder ob Truckfahrer lieber in Bars verkehrten.

»Ich kann die Zwiebeln schon von hier aus riechen«, sagte Eric und hielt die schwere Glastür für sie auf.

»Danke.« Alexa trat über die Schwelle und gelangte auf einen abgetretenen, aber makellos schwarz-weißen Schachbrettboden. Als sie den Geruch von Hamburgern und Pommes wahrnahm, knurrte ihr Magen. Aus der Jukebox dudelte leise Westernmusik. Einige Familien hatten die Nischen mit den altmodischen, grau gesprenkelten Resopaltischen und dick gepolsterten, rosafarbenen Kunststoffsitzen in Beschlag genommen, die an den äußeren Wänden des L-förmigen Cafés standen. Die in der Mitte des Raumes verstreuten, vom Alter mitgenommenen Tische und Stühle aus Ahorn waren nicht besetzt. Kräftige Männer – viele trugen Cowboyhüte – saßen an der Theke über Teller gebeugt, unterhielten sich, rauchten und lachten. Ein übergewichtiger Mann, der Nacken knallrot, sein Hemd schweißfleckig, warf den Neuankömmlingen einen Blick zu, und seine Schweinsäuglein tasteten Alexa von oben nach unten ab. Alexa richtete sich zu voller Größe auf und setzte ihre strenge »Ich bin Wissenschaftlerin«-Miene auf, doch das führte nur dazu, dass der Mann sie noch intensiver angaffte und seinem Nebenmann den Ellbogen in die Rippen stieß. Der Nebenmann schaute anerkennend unter seiner schmutzigen Baseballkappe hervor und stieß einen Pfiff aus. Hier und da wandten sich andere Köpfe zu Alexa um. »Ist der Rotschopf da nicht ’n bisschen jung für dich?«, rief der Kappenträger.

Alexa wollte Eric gerade sagen, dass sie auf der Stelle gehen würden, als eine tiefe Stimme sagte: »Benimm dich, Roscoe!« Ein Mann, der wie James Earl Jones’ jüngerer Bruder aussah, warf dem Trucker vom Küchenfenster her einen ermahnenden Blick zu. Er hatte die Arme vor einer weißen Schürze verschränkt; der Spachtel in seiner Hand ragte wie ein Lineal in die Luft.

»’tschuldigung, Ray«, sagte der Pfeifer. Er warf Alexa einen letzten verstohlenen Blick zu. Das Gelächter seines Nachbarn wurde von einem ernsten »Das gilt für alle: Benehmt euch« des Kochs abgeschnitten. Die beiden Männer hielten die Klappe.

Ray nickte Alexa und Eric entschuldigend zu. »Die Kellnerin ist gleich bei euch, Leute.«

Kurz darauf kam eine kecke kleine Blonde, die höchstens siebzehn war, zu ihnen. »Tut mir Leid«, flötete sie. »Ich hab mir ’n Nagel abgebrochen und musste ihn mit Superkleber festmachen.« Sie glättete ihre weiß-rosa-farbene Uniform.

»Macht nichts«, sagte Eric schnell und fügte »Christie« hinzu, da der Name der Kellnerin auf ihre Brusttasche gestickt war. Alexa lächelte vor sich hin. Erfreulich, dass Eric nicht nur an Naturwissenschaften dachte.

Das Mädchen schenkte ihnen ein strahlendes Lächeln. »Jedenfalls willkommen bei Ray. Tisch, Tresen oder Nische?«

»Eine Nische, bitte«, sagte Alexa rasch. »Nichtraucher.«

Christie schaute sich mit gefurchten Brauen um, dann kehrte ihr Grübchenlächeln zurück und sie deutete auf die Nischen an der Wand gegenüber. »Wie wär’s da drüben?«

»Das geht in Ordnung, danke«, sagte Alexa. Drei der Nischen waren leer. In der vierten saß ein Mann in der Uniform eines Luftwaffenoffiziers und stierte angestrengt in eine Kaffeetasse. Neben seiner Hand lag ein Notizbuch aus schwarzem Leder. Es überraschte Alexa nicht: Wo UFOs gesichtet wurden, war das Militär nie fern.

»Dann mal hier entlang.« Christie nahm zwei Speisenkarten mit und geleitete sie durch den Raum zu der Nische neben dem Uniformierten.

Alexa stand am Tischrand und wollte gerade darum bitten, in einer anderen Nische platziert zu werden, als der Luftwaffenoffizier aufschaute, ihren Blick sah und sie finster musterte. Sein Blick sollte sie abschrecken, doch Alexa legte ihn unter Herausforderung ab. Sie nahm Platz und behielt den Mann im Auge, bis Eric ihre Sicht blockierte.

»Kaffee?«, erkundigte sich die Kellnerin.

»Ja, gern.« Alexa schlug ihre Speisenkarte auf. Eric nickte. Das Mädchen eilte in Richtung Küche.

»Dr. Manderley?«

»Ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, dass wir uns mit dem Vornamen ansprechen, solange wir nicht im Institut sind, Eric.«

Der junge Mann errötete. »Ich weiß. Es kommt mir nur wie eine Art ... Gotteslästerung vor.«

Alexa lachte. »Das müssen Sie überwinden. Immerhin sind Sie schon fast selbst Doktor.« Im gleichen Moment merkte sie, dass der Luftwaffenoffizier – ein Colonel, sein Name war Dole – sich zu ihnen herüberbeugte und die Ohren spitzte. Hoffentlich hatte er ihren Namen nicht verstanden, denn sie wusste, dass sein Verein nicht gut auf sie zu sprechen war.

Madelyn - Ort des Schreckens

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