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Blatt 7: Also, ich bin
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Auszug 35 159 23 5, Blatt 7
Aktueller Kontostand: ein ßilberling, ein Ende
RLG Also, ich bin.
ßilberling Nur aussprechen, die frei gepustete Bühne. Alles extra für dich, sprich dich ruhig aus.
RLG Also, ich bin.
ßilberling Und man muss sich überhaupt nicht genieren.
RLG Eigentlich das von dem, aus dem ich geflohen. Gewiss, gewiss, auf der Tastatur ratzend, gewiss, gewiss.
ßilberling Ein noch so feinfühliges Sägewerk könnte dies auch nicht besser gelingen, wenn man mich fragen würde – na ja.
RLG Also, das ist – das ist doch Radius Lehr.
ßilberling Was für ein Name, allein er will mir nichts sagen.
RLG Na ja – und eigentlich gehöre ich ja auch zu ihm, sein ganzes Leben lang bin ich sein treuer Begleiter gewesen, in guten Tagen, wenn man so will, in schlechten Tagen, schließlich ist dies ja auch mein ureigener Job – gewiss, gewiss. Und ich wäre ja auch in ihm geblieben, bis zum Ende gar, Bestimmung ist nun mal Bestimmung, gewiss, gewiss. Denn was jetzt für so etwas wie mich noch übrigbleibt, gilt noch zu erkunden. Wenn überhaupt, keine Frage, aber es war einfach zu viel. Schlichtweg, in letzter Zeit vor allem, aber mit diesen Dingen möchte ich dich keineswegs langweilen, kleiner ßilberling.
ßilberling Nicht doch, außerdem haben wir sowieso nichts Besseres zu tun. Hier auf unserem Motherboard.
RLG Auf welchem unsere beiden Schicksale miteinander verknüpft sind? Miteinander wohlgemerkt, auf Gedeih, auf Verderb, gleich dem Gestrandeten auf jener einsamen Insel?
ßilberling Bei solchen Vergleichen habe ich lediglich eine Bitte: verwechsle mich nie nicht mit Freitag.
RLG Wieso denn eigentlich nicht, gab es nicht immerhin ein Happy – End?
ßilberling Als ob du mir Hoffnung machen möchtest. Na ja, ein Schlimmer bist du wahrlich nicht, auch wenn man nicht weiß, wie du aussiehst.
RLG Wir sind uns einig, ist das nicht schön?
ßilberling Schluss mit Schmusekurs, erzähle lieber weiter.
RLG Erzählen? Was denn noch?
ßilberling Oh je.
RLG Wo ich doch bereits alles gesagt habe.
ßilberling Hach.
RLG Also schön, von mir aus, aber was willst du denn noch hören? Dass wir zum Beispiel ein ganz normales Leben geführt haben? Bisher zumindest?
ßilberling Mit einem einfachen Kitzeln aus der Nase scheint‘ s bei dir wohl auch nicht immer getan.
RLG Meinetwegen, also schön, aber das mit dem normalen Leben habe ich ja gerade schon erwähnt. Mit ein paar kleineren Schrammen, so wie sie sich jeder im Laufe der Zeit einhandelt. Mehr oder minder, Radius Lehr ist aber einer gewesen, der eigentlich immer sein geregeltes Einkommen hatte, vom Auskommen ganz zu schweigen, im Grunde war alles Friede, Freude, Eierkuchen, bis – bis ja.
Ja, bis er auf diese völlig hirnrissige Schreibidiotie gestoßen ist. Was noch nicht einmal allzu lang zurückliegt, ganz im Gegenteil, ganz im Gegenteil. Seither tritt er von einem Fettnäpfchen ins nächste, das Unheil nahm seinen Anfang, nein, schlimmer hätte es wirklich nicht kommen können. Die Sache mit dem Ali und dem Scheck hast du ja bereits erfahren, ach du meine Güte, denn eigentlich ist dies nur die berühmte Spitze auf dem noch berühmteren Eisberg. Ach ßilberling, ach ßilberling, wenn das wirklich schon alles gewesen wäre!
ßilberling Wieso – war‘ s das noch nicht?
RLG Ich befürchte, dass es dich doch zu sehr langweilt.
ßilberling Nein, nein, sprich dich ruhig aus, außerdem kann auch ich etwas leiser stöhnen.
RLG Ach, lieber ßilberling, was gibt es denn sonst noch zu erzählen? Annes Abwesenheit etwa? Eine allzeit treue Weggefährtin, auch ich habe ihre Nähe stets gerne gehabt, dazu hat er Herrn Lembel auch noch einen völlig unnötigen Vertrag abgeschwatzt. Ohne ein jegliches Ehrgefühl, ohne gar nichts einfach, und dass alles nur wegen dieser idiotischen Schreibidiotie. Wie einer, der auf einen Ameisenhaufen gefallen ist, und völlig unabhängig davon weiß er ja noch nicht einmal, über was er eigentlich schreiben soll. Oder doch, irgendetwas über einen gewissen Hugo Bauklotz, völlig aus der Luft gegriffen; denn wer das sein soll, weiß er nämlich selbst nicht. Und ich lege meine Hand ins Feuer, dass sich daran nichts ändern wird. Hugo Bauklotz ist in Wahrheit nicht mehr wie eine leere Namenshülse. Eine willkürlich zusammengefügte Buchstabenfolge, im wahrsten Sinnsinn, dazu noch dieser dämliche Zaun. Ja, ein nichtssagender Name und ein hundsgewöhnlicher Allerweltzaun, das ist alles, was bisher erarbeitet worden ist. Und das Ganze nur, um den Lembel eine Million nach der anderen abzuknöpfen. Mehr oder minder wohlgemerkt.
ßilberling Ein hoffnungsloser Spinner, dein Radius. Wenn du mich fragst.
RLG Ach, kleiner ßilberling, triffst den Nagel durchaus auf den Kopf. Durchaus, durchaus, ja, aus der Seele du mir sprichst. Und wie schön du zugehört hast, wahrlich, wahrlich.
ßilberling Wieso – war‘ s das denn schon?
RLG In der Tat, mehr gibt es nicht.
ßilberling Sicher?
RLG Natürlich, du weißt doch jetzt alles. Über mich, über Radius Lehr.
ßilberling Wer‘ s glaubt, wird selig.
RLG Ach, mein lieber ßilberling.
ßilberling Ich blättere schnell noch mal um.
RLG Nein, das ist doch nun wirklich nicht mehr nötig.
ßilberling Das Zwischenfingern.
RLG Das sind Geschichten, bei welchen man nicht weiß, ob sie gefallen.
Neuer Kontostand: ein ßilberling, ein Ende