Читать книгу Hugo Bauklotz - Ein Zaun - Tarius Toxditis - Страница 60
Blatt 21: Hm
ОглавлениеDas Lindenbankhaus – Ihre Andere Bank
Auszug 35 159 23 5, Blatt 21
Aktueller Kontostand: ein ßilberling, ein Ende
ßilberling Hm!
RLG Ja, mein ßilberling.
ßilberling Das Mädchen Anne.
RLG Sogar ein Gedicht.
ßilberling Tja, ja.
RLG Also, wenn du willst, kann ich dir noch ein ganz anderes Beispiel präsentieren.
ßilberling Meinetwegen, von mir aus. Wenn‘ s denn unbedingt sein muss.
RLG Es war am letzten Heiligen Abend, ein Tag, an dem selbst die Hochkneipe geschlossen bleibt. Oberhalb die Wohnstube der Wirtsleute, und wo Amalie und Frau Fiel bereits das Weihnachtsmenü zubereiteten: Schweinebraten mit Kartoffelstampf und Rotkohl, zum Dessert sollte Wackerpudding gereicht werden, wahlweise grün oder rot. Derweil schmückte Dimitri den Christbaum, und zwar nur Dimitri, nachdem Radius Lehr bereits nach zehn Minuten eine Zwischenbilanz von drei herunter gepatschten Kugeln vorzuweisen hatte, frei nach dem Motto „bringen Scherben wirklich immer Glück?“.
Stattdessen begab er sich nun mit Anne Hoch auf dem Kirchhof zum elterlichen Grab, was so viel bedeutete, dass der Heilige Abend der einzige Tag des Jahres war, an welchem er sich drum kümmerte. Hatte er sich vor dem Gang mit einer Gießkanne bewaffnet, kam Anne auf dem Kirchhof aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. Nein, nie und nimmer, mit einer blauen Plastikhacke kratzte er ein paar tiefgefrorene Unkräuter vom Beet runter, um dann zwei rote Kerzen, die er eigens aus einem Supermarkt besorgt hatte, aufzusetzen. Spätestens hier war Anne Hochs Kragen am Platzen, um es mal vorsichtig zu formulieren, höchstwahrscheinlich, ja, ja, davon war auszugehen, ja, ja, das war anzunehmen.
Anne Hoch Mann, Radius, so springt man doch nicht mit seinen Eltern um!
RLG Weiterhin erfuhr sie von Radius Lehr keine Gegenwehr, nicht einen Hauch. Nein, er wurde von Anne Hoch bis in Abrahams Laden gezerrt, der an einem solchen Tag immer noch offen hatte. Unter einem seiner Trödel – und Kramtische zog er einen riesigen, hoffnungslos überfüllten Karton hervor. Mit Kerzen aus aller Herren Ländern, ja, die Auswahl unendlich, in der Tat, in der Tat, alle möglichen und unmöglichen Farben und Formen standen zur Verfügung, lange und kurze, dicke und dünne, glatte und gezwirbelte, und fast jedes Exemplar seiner schier unüberschaubaren Sammlung schien ein Unikat zu sein. Anne Hoch drückte Radius Lehr zwei besonders schöne in die Hände. Weiße Kerzen, zurück zum Grab drängte sie ihm auch noch dazu, das „Vater unser“ aufzusagen. Oder wäre in diesem Falle, was die Bezeichnung anging, ihr nachzuplappern treffender gewesen?
Als sie zurück, war inzwischen alles feierlich angerichtet worden, und der Abend verlief ohne weitere Vorkommnisse.
ßilberling Weihnachten feiern - wie schön das sein kann.
RLG Du sagst es, und nach dem Mahl bildeten sich zwei Gruppen.
ßilberling Dein Radius und die Anne.
RLG Ach, natürlich, selbstverständlich, was denn sonst, die beiden hockten unter dem Christbaum und beschäftigten sich mit ihren Geschenken wie Märchenbücher, Malbücher, und so weiter, und so fort.
ßilberling Drei bleiben übrig. Nach Adam Riese.
RLG Genügend für ein gemütliches Sternhalma.“
ßilberling Und gemütlichen Wein – stimmt doch. Oder etwa nicht?
Neuer Kontostand: ein ßilberling, ein Ende