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III.
ARISTOTELES’ POETIK. DICHTKUNST ALS ERKENNTNIS37 1. Einleitende Bemerkungen

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Anders als das platonische Denken ist die Philosophie des Aristoteles nicht in der Form von Dialogen überliefert. Seine Dialogwerke sind so gut wie ganz verloren gegangen. Seine Philosophie ist in der Form von Lehrschriften erhalten geblieben, die er im Unterricht benutzte oder die aus dem Unterricht hervorgegangen sind. Der gleichmütige Ton, der Aristoteles’ Schriften kennzeichnet, ist jedoch nicht der Darstellungsform allein zu verdanken, sondern ebenso den im Vergleich mit Plato veränderten Zeitumständen und einem anderen intellektuellen Temperament. Plato ist häufig streitbar, polemisch und satirisch auf seine Zeit bezogen, was seinen Dialogen manchmal eine gewisse einseitige Schärfe, aber auch ironische Doppelsinnigkeit und poetischen Charme verleiht. Aristoteles betrachtet die Dinge hingegen aus einer gewissen Entfernung, sodass sie sich vor dem Leser in allen seinen Aspekten entfalten können. Die kritische Erörterung des üblichen Sprachgebrauchs und gängiger Meinungen sorgt für einen großen Reichtum an Gesichtspunkten, die schließlich in ein sorgfältig komponiertes Bild des Ganzen Eingang finden. Die Ruhe der theoria, der leidenschaftslosen Betrachtung der Phänomene, beherrscht das aristotelische Denken, und es verwundert daher nicht, dass auch die Künste, vor allem die Dichtkunst, in einem weniger polemischen Licht erscheinen, als dies bei Plato der Fall ist.

Bemerkungen über die Kunst (techné), sowohl die des Handwerkes als auch des Künstlers im modernen Sinne, finden sich über zahlreiche Schriften von Aristoteles verstreut. Die Poetik, ein nur fragmentarisch überlieferter, kurzer Text, hat ausschließlich die Dichtkunst zum Thema. Ihr Einfluss auf die Theorie der Dichtung in der europäischen Kultur kann kaum überschätzt werden. Desto mehr jedoch wird der unvorbereitete Leser von der pragmatischen Kürze und der strikten Sachlichkeit dieses Büchleins überrascht sein, das alle poetischen Wirkungen vermeidet. Drei Themen stehen im Mittelpunkt dieser Schrift: Das Wesen der Nachahmung, der mimesis, die Behauptung, die Dichtkunst sei ‚philosophischer‘ als die Geschichtsschreibung und schließlich das Wesen von Epos und Tragödie.

Die Philosophie der Künste

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