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c) Das anzuwendende Recht

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§ 24 VwVfG bezieht sich – wie die anderen den Untersuchungsgrundsatz regelnden Bestimmungen – nicht auf das für die Entscheidung der Verwaltung maßgebliche Recht. Die für die ordnungsgemäße Ausübung ihrer Tätigkeit notwendigen Rechtsquellen hat die Behörde zu kennen. Entsprechend dem § 293 ZPO zugrunde liegenden Gedanken sind jedoch Ermittlungen über ausländisches Recht sowie Gewohnheits- und Satzungsrecht zulässig und im Einzelfall geboten.[246]

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EU-Recht. Neben dem innerstaatlichen Recht namentlich in Gestalt von Gesetzen und Verordnungen und der einschlägigen Rechtsprechung gewinnt in immer stärkerem Umfang auch das Recht der Europäischen Union für die behördliche Praxis an Bedeutung. Darunter fallen neben dem Primärrecht der Gründungsverträge vor allem EU-Verordnungen als allgemeine Rechtssätze mit unmittelbarer Geltung in jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union (Art. 288 Abs. 2 AEUV) und die EU-Richtlinien.

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Insbesondere EG-Richtlinien. Nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des EuGH sind Behörden als Organe des Staates, an den sich eine Richtlinie nach Art. 288 Abs. 3 AEUV richtet, verpflichtet, alle zur Erreichung des durch eine Richtlinie vorgeschriebenen Zieles erforderlichen Maßnahmen zu treffen.[247] Dies hat erstens zur Folge, dass nationales Recht, welches eine von einer Richtlinie geregelte Materie betrifft, im Sinne einer effektiven und wirksamen Erreichung der Ziele der Richtlinie ausgelegt werden muss.[248] Zweitens entfalten vom Mitgliedstaat nach Ablauf der Umsetzungsfrist noch nicht umgesetzte Richtlinien für den Einzelnen dem Staat gegenüber unmittelbare Wirkung, wenn die Richtlinie so hinreichend genau formuliert ist, dass sich aus ihr unmittelbar – d.h. ohne Umsetzungsspielraum für den nationalen Gesetzgeber – Rechte herleiten lassen.[249] Drittens – und unabhängig davon – sind die nationalen Behörden im Falle einer fehlerhaften Umsetzung nach Ablauf der Frist objektiv-rechtlich zur Beachtung der Vorgaben einer Richtlinie verpflichtet, wenn deren Bestimmungen so hinreichend klar und bestimmt sind, dass sie unmissverständlich eine konkrete behördliche Verpflichtung begründen.[250]

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Mögliche Schadensersatzpflicht. Die ordnungsgemäße Ermittlung und Anwendung europarechtlicher Bestimmungen darf behördlicherseits nicht auf die leichte Schulter genommen werden, da schwerwiegende Verstöße nach der Rechtsprechung des EuGH Schadensersatzansprüche zur Folge haben können.[251] So hat der Gerichtshof die Möglichkeit einer Staatshaftung bei einem behördlichen Verstoß gegen Art. 34 EGV a.F. (heute Art. 35 AEUV) ausdrücklich bejaht.[252]

B. Allgemeine Grundsätze, Subjekte und Ablauf des Verwaltungsverfahrens › V. Sachverhaltsermittlung im Verwaltungsverfahren › 3. Nicht ermittlungsbedürftige Tatsachen

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