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3. Verbindung und Trennung von Verwaltungsverfahren
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Das Verwaltungsverfahrensgesetz enthält – anders als das Prozessrecht in § 93 VwGO – keine Regelungen für die Verbindung und Trennung von Verwaltungsverfahren. Die Bedeutung dieser Institute im Verwaltungsverfahren ist geringer als im Prozessrecht. Die prozessrechtlichen Voraussetzungen für eine Verbindung und Trennung von Verfahren brauchen jedenfalls nicht vorzuliegen, ein unmittelbarer Rückgriff auf diese Bestimmungen ist ohnehin nicht geboten. Allenfalls kommt eine Berücksichtigung der diesen Regelungen zugrundeliegenden Grundgedanken in Frage.[225] So ist es nicht erforderlich, dass gem. § 93 VwGO ein „gleicher Gegenstand“ gegeben ist. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass ein „innerer Zusammenhang zwischen den Rechten“ besteht.[226] Allerdings muss für die verschiedenen Verwaltungsverfahren dieselbe Behörde zuständig sein.
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Praktische Bedeutung. Verbindung und Trennung von Verfahren kommen aus Gründen der Verfahrensökonomie in Betracht, zu deren Beachtung die Behörde gem. § 10 VwVfG gehalten ist. Verbindung und Trennung von Verfahren sind möglich sowohl bei einer Mehrheit von Beteiligten (sogleich Beispiel a) als auch bei einer Mehrheit von im Streit stehenden Verwaltungsakten gegenüber demselben Verfahrensbeteiligten (sogleich Beispiel b).
Beispiele:
a) | Die Behörde betreibt baurechtliche Beseitigungsverfügungen gegen mehrere baurechtswidrig aufgestellte Wohnwagen verschiedener Eigentümer. Werden die Verfahren verbunden, ist die Durchführung eines gemeinsamen Ortstermins mit einer gemeinsamen Niederschrift über das Ergebnis der Ortsbesichtigung möglich. Eine Verbindung der Verfahren wäre aber nicht möglich, wenn für die abgestellten Wohnwagen verschiedene Bauaufsichtsbehörden örtlich zuständig wären. |
b) | Ein Gastwirt nimmt den Betrieb eines erlaubnispflichtigen Gaststättengewerbes ohne vorherige Erlaubnis auf. Während des von der Behörde eingeleiteten gaststättenrechtlichen Schließungsverfahrens beantragt der Gastwirt nachträglich die Erteilung der Gaststättenerlaubnis. Hier ist eine Verbindung der beiden Verfahren wegen der Vorgreiflichkeit des Erlaubnisverfahrens sinnvoll. |
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Ermessen. Die Verbindung und Trennung von Verwaltungsverfahren steht im Ermessen der Behörde (vgl. § 40 VwVfG) und ist damit nur den für die Überprüfung von Ermessensentscheidungen geltenden Grenzen unterworfen. Allerdings hat die Behörde für jedes der verbundenen Verwaltungsverfahren die Einhaltung der maßgeblichen verfahrensrechtlichen Bestimmungen sicherzustellen.[227]
Im obigen Fall a) führt die Verbindung dazu, dass ein einheitlicher, gem. § 29 VwVfG allen Verfahrensbeteiligten zur Einsichtnahme zur Verfügung stehender Verwaltungsvorgang angelegt wird. Sofern von einem Beteiligten besondere persönliche Belange einer Abrissverfügung entgegengehalten werden, muss die Behörde bei einem Begehren nach Akteneinsicht dem Schutz der „zum persönlichen Lebensbereich gehörenden Geheimnisse“ des Beteiligten (vgl. § 30 VwVfG) Rechnung tragen. Eine im obigen Beispielsfall b) mit Blick auf die Schließungsverfügung durchgeführte Anhörung nach § 28 VwVfG ersetzt also nicht sogleich die für die Erteilung der Erlaubnis notwendige Anhörung, wenn hier die Entscheidung auf andere Tatsachen gestützt werden soll.[228]
B. Allgemeine Grundsätze, Subjekte und Ablauf des Verwaltungsverfahrens › IV. Ablauf des Verwaltungsverfahrens › 4. Aussetzung von Verwaltungsverfahren