Читать книгу Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess - Thomas Elwell Jacob - Страница 42

1. Die Amtssprache

Оглавление

1

Deutsch. Die Amtssprache des Verwaltungsverfahrens ist deutsch, § 23 Abs. 1 VwVfG. Fremdsprachliche Unterlagen und mündliche Bekundungen von Beteiligten sind daher grundsätzlich ins Deutsche zu übersetzen und nur in dieser Form für das Verfahren relevant, § 23 Abs. 2 bis 4 VwVfG. Mit „Deutsch“ ist grundsätzlich Hochdeutsch gemeint.[1] Ausnahmsweise ist eine Verwendung fremdsprachiger Begriffe der Fachsprache möglich, wenn diese Begriffe in einem Fachgebiet allgemein geläufig sind, wenn sich eine einheitliche und bedeutungsgleiche Übersetzung (noch) nicht herausgebildet hat oder wenn dem (nur) deutsch sprechenden Fachmann ihre Bedeutung ohne weiteres klar ist.[2] Für das gerichtliche Verfahren, das in § 184 GVG die Bestimmung der Gerichtssprache enthält, ist anerkannt, dass Schriftstücke, die in einer fremden Sprache eingereicht werden, unbeachtlich sind und insbesondere den Lauf von Fristen nicht verhindern können.[3] Zuweilen ist in speziellen Regelungen vorgesehen, dass etwa Produkthinweise nur Angaben in einer der Amtssprachen der Europäischen Union enthalten müssen.[4] Dies ist eine Folge des Diskriminierungsverbots des Art. 18 AEUV. Dadurch wird der Grundsatz des § 23 Abs. 1 VwVfG aber nicht in Frage gestellt.

Aus der Verwendung fremdsprachlicher Begriffe können sich durchaus erhebliche Probleme in der Rechtsanwendung, gerade auch unter dem Aspekt der Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 VwVfG) gestattender oder auch belastender Regelungen ergeben.[5]

Beispiele:

a) Der Bauantrag für die Nutzungsänderung einer Jugendstil-Villa in ein „Assessment-Center“ zum Aufbau einer Fachhochschule wurde von der Behörde antragsgemäß beschieden. Im gerichtlichen Verfahren spielte eine wichtige Rolle, was mit einem „Assessment-Center“ überhaupt beantragt bzw. genehmigt werden sollte. Bezeichnenderweise gingen die Vorstellungen der Verfahrensbeteiligten (einschließlich der beschwerdeführenden Nachbarn) hier auseinander.
b) Die Verwendung des Begriffs „Showroom“ in einer baurechtlichen Ordnungsverfügung hielt das OVG NRW noch für bestimmt genug im Sinne des § 23 Abs. 1 bzw. § 37 Abs. 1 VwVfG, weil dies ein in der Modesprache (und anderen Zweigen) eingeführter Begriff sei, über dessen Inhalt Klarheit bestehe, der jedoch in einer bedeutungsgleichen deutschen Fassung bisher nicht existiere. Allerdings lässt sich der Entscheidung entnehmen, dass für das Gericht auch von Bedeutung war, dass dem Adressaten der Ordnungsverfügung der Bedeutungsgehalt vorher klar gewesen sein muss.[6]

2

Fremdsprachliche Erklärungen. § 23 Abs. 3 VwVfG bestimmt, dass eine Frist für das Handeln einer Behörde auf Grund einer Anzeige, eines Antrags oder auf Grund Abgabe einer Willenserklärung (z.B. Ausübung des Vorkaufsrechts binnen zwei Monaten nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB) bei fremdsprachlichen Erklärungen erst mit dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem der Behörde eine Übersetzung der Erklärung vorliegt.

3

Sonderregelung für antragsabhängige öffentlich-rechtliche Leistungen. Müssen Beteiligte innerhalb bestimmter Fristen gegenüber einer Behörde öffentlich-rechtliche Ansprüche geltend machen oder eine Leistung begehren, so gelten nach § 23 Abs. 4 VwVfG auch in fremder Sprache eingereichte Anzeigen, Anträge oder Willenserklärungen als rechtzeitig im Zeitpunkt des Eingangs zugegangen, wenn innerhalb einer von der Behörde gesetzten angemessenen Frist eine Übersetzung vorgelegt wird. Geschieht dies allerdings trotz entsprechenden Hinweises nicht innerhalb der gesetzten Frist, ist der Eingang der Übersetzung maßgeblich, § 23 Abs. 4 Satz 2 VwVfG.

Beispiel:

Gegen die Versagung eines Aufnahmebescheides nach § 26 BVFG wird Widerspruch in russischer Sprache eingelegt.

4

Sonderregelungen für Sorben. Für das gerichtliche Verfahren bestimmt der Einigungsvertrag,[7] dass das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Sprache vor Gericht sorbisch zu sprechen, durch § 184 GVG nicht berührt wurde. Für das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes fehlt eine entsprechende Regelung[8], weswegen der Vorbehalt zugunsten etwa der Sorbischen Sprache nur für den Anwendungsbereich des Landesverfahrensrechts gilt.[9] § 3 Abs. 1 des Sächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes[10] räumte den Sorben (und zwar nicht nur in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung!) das Recht ein, sich gegenüber den Behörden des Freistaates Sachsen und den seiner Aufsicht unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts der sorbischen Sprache zu bedienen. Mittlerweile verweist § 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen[11] in Form einer dynamischen Verweisung auf das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes. Die Privilegierung der sorbischen Sprache blieb aber erhalten, sie findet sich nunmehr in einer eigenständigen gesetzlichen Regelung.[12] In Brandenburg galt dies nur im Siedlungsgebiet der Sorben, das waren im ehemaligen Bezirk Cottbus die Kreise Spremberg, Cottbus, Forst, Guben, Calau und Lübben, vgl. § 23 Abs. 5 VwVfG Brandenburg.[13] Mittlerweile verweist das Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Brandenburg in § 1 ebenfalls auf die Bundesnorm.[14] Muss die Behörde eine Übersetzung anfertigen lassen, weil sie der sorbischen Sprache nicht mächtig ist, trifft die Kostenlast die Behörde, § 23 Abs. 2 Sätze 3 und 4 VwVfG gelten nicht.[15] Abweichend von § 23 Abs. 3 VwVfG beginnt der Lauf einer Frist auch dann, wenn eine Anzeige, ein Antrag oder eine Willenserklärung in niedersorbischer Sprache bei der für das angestammte Siedlungsgebiet zuständigen Behörde eingeht.[16]

5

Rechtsbehelfsbelehrung. Auch gegenüber einem der deutschen Sprache nicht mächtigen Ausländer setzt eine in deutscher Sprache erteilte Rechtsbehelfsbelehrung die Frist in Lauf.[17] Unter Umständen ist dem Ausländer aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn auf Grund fehlender Sprachkenntnis die Einhaltung der Frist unverschuldet war. Der Ausländer ist verpflichtet, sich in zumutbarer Frist um eine Übersetzung zu bemühen. Im Normalfall kann dem Ausländer zugemutet werden, sich über den Inhalt eines erkennbar amtlichen Schriftstückes binnen eines Monats zu informieren.[18] Eine Sonderregelung gilt soweit im Asylverfahrensrecht: Nach § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylG ist der Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, wenn kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt wurde.

B. Allgemeine Grundsätze, Subjekte und Ablauf des Verwaltungsverfahrens › I. Allgemeine Grundsätze des Verwaltungsverfahrens › 2. Grundsatz der Nichtöffentlichkeit

Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess

Подняться наверх