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b) Festsetzung der Zwangsmittel
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Notwendigkeit. Nach § 14 VwVG und § 64 VwVG NRW müssen – außer im Falle des sofortigen Vollzugs – alle Zwangsmittel vor ihrer Anwendung von der Vollzugsbehörde festgesetzt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Festsetzung allerdings ausnahmsweise entbehrlich, wenn der Pflichtige auf die Schutzmöglichkeiten verzichtet, die ihm eine vorherige Festsetzung bietet. Dies ist etwa der Fall, wenn er nach vorheriger ordnungsgemäßer Zwangsmittelandrohung ernstlich und endgültig erklärt, er werde der Grundverfügung nicht Folge leisten.[128] Eine besondere Festsetzung sehen nicht alle Vollstreckungsgesetze vor, häufig ist nur beim Zwangsgeld eine Festsetzung notwendig.[129] Nach bayerischem Vollstreckungsrecht ist nicht einmal in diesem Fall eine Festsetzung erforderlich. Hier stellt die Androhung des Zwangsgeldes einen Leistungsbescheid dar, die Forderung wird fällig, wenn sie nicht bis zum Ablauf der Frist erfüllt worden ist (Art. 31 Abs. 3 Sätze 2, 3, Art. 23 Abs. 1 BayVwZVG).
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Rechtsnatur. Die Festsetzung ist die Anordnung der Vollzugsbehörde, dass das angedrohte Zwangsmittel nunmehr angewendet werden soll. Nach ganz überwiegender Auffassung stellt sie einen Verwaltungsakt dar und muss mithin dem Betroffenen ordnungsgemäß bekanntgegeben werden (§ 41 Abs. 1 VwVfG).[130] Für die Zwangsgeldfestsetzung ist dies unstreitig. Der Festsetzung kommt aber auch im Hinblick auf die anderen Zwangsmittel Regelungswirkung zu, da einmal festgestellt wird, dass die Anwendung von Zwang nunmehr zulässig ist und der Adressat ferner zu dessen Duldung verpflichtet wird.[131] Nur dieses Verständnis der Festsetzung gewährleistet im Übrigen, dass der Entschluss der Behörde, zur Zwangsanwendung überzugehen, dem Betroffenen – gewissermaßen als letzte Warnung – zur Kenntnis gelangt. Die Festsetzung kann folglich mit Widerspruch und Anfechtungsklage angegriffen werden, wobei diese Rechtsbehelfe nach den Gesetzen der meisten Länder (etwa § 112 Satz 1 JustG NRW) keine aufschiebende Wirkung entfalten.
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Form und Inhalt. Diese sind von den verschiedenen Zwangsmitteln abhängig. Ein Zwangsgeld wird durch Erlass eines Leistungsbescheides festgesetzt, worin dem Pflichtigen u.U. nach Landesrecht (z.B. § 60 Abs. 2 VwVG NRW) eine angemessene Zahlungsfrist eingeräumt werden muss. Im Falle der Ersatzvornahme besteht die Festsetzung in der Mitteilung an den Betroffenen, dass die vertretbare Handlung auf seine Kosten von einem beauftragten Dritten oder der Behörde selbst vorgenommen wird. Beim unmittelbaren Zwang ist die Festsetzung die Mitteilung an den Betroffenen, dass die Vollzugsdienstkräfte zur Zwangsanwendung angewiesen würden.[132] Eine Anhörung des Pflichtigen darf im Übrigen gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG unterbleiben.
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Voraussetzungen. Für die Festsetzung eines Zwangsmittels sind (1) eine unanfechtbare oder sofort vollziehbare Grundverfügung, (2) die Androhung des Zwangsmittels, (3) die Nichterfüllung der Verpflichtung innerhalb der gesetzten Frist, soweit eine Fristsetzung erforderlich ist,[133] und (4) das Fehlen von Vollstreckungshindernissen erforderlich. Ist die Androhung unanfechtbar geworden, kommt es nicht mehr auf ihre Rechtmäßigkeit, sondern nur noch auf ihre Wirksamkeit (§ 43 VwVfG) an. Ein anderes als das zuvor angedrohte Zwangsmittel darf die Vollzugsbehörde nicht festsetzen. Im Übrigen muss sie bei der Festsetzung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten, etwa prüfen, ob sie ausnahmsweise nochmals eine Frist setzt und erst nach Fristablauf das Zwangsmittel anwendet. Ansonsten ist das behördliche Ermessen dahin intendiert, dass die Festsetzung des Zwangsmittels die regelmäßige Folge der Androhung ist.[134] Ferner ist die Vollstreckungsbehörde bei der Durchsetzung von Handlungsgeboten mit dem Mittel des Zwangsgelds nicht verpflichtet, zunächst die Beitreibung eines nicht gezahlten Zwangsgelds durchzuführen, bevor sie ein weiteres Zwangsgeld festsetzt.[135]