Читать книгу Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess - Thomas Elwell Jacob - Страница 53
7. Betreuungs- und Belehrungspflichten der Behörde
Оглавление33
§ 25 VwVfG ist Ausdruck eines gewandelten Verständnisses rechtsstaatlicher Verwaltung: Verwaltung wird begriffen auch als Helfer des Bürgers und ist in dieser Funktion zur Beratung (§ 25 Satz 1 VwVfG) und zur Erteilung von Auskünften verpflichtet.[79]
34
Bezugsgegenstand der in § 25 VwVfG geregelten Pflichten ist das Verwaltungsverfahren, wie sich aus der Stellung des § 25 VwVfG im Teil II der allgemeinen Vorschriften über das Verwaltungsverfahren und der ausdrücklichen Bezugnahme auf den Beteiligten in Satz 2 ergibt.[80] Das bedeutet, dass ein genereller Auskunfts- oder Betreuungsanspruch gegenüber der Behörde außerhalb eines anhängigen Verwaltungsverfahrens ebenso abzulehnen ist wie beispielsweise ein Anspruch auf Überlassung von Vorgängen oder Auskunft über Vorgänge, die nicht mit einem konkreten Verwaltungsverfahren im Zusammenhang stehen.[81] Es besteht deshalb im Grundsatz kein Anspruch auf Überlassung von Verwaltungsvorschriften, die nicht zur Grundlage einer Entscheidung in einem anhängigen Verwaltungsverfahren gemacht werden sollen, mögen die Verwaltungsvorschriften auch in einem thematischen Zusammenhang mit dem Verfahren stehen. Selbstverständlich ist die Behörde nicht gehindert, im Ermessenswege die begehrten Auskünfte zu erteilen oder etwa Verwaltungsvorschriften zu überlassen.[82]
35
Umfang der Belehrungspflicht. Wie weit die Belehrungs- und Betreuungspflichten der Behörde gehen, lässt sich nicht einheitlich für alle Verwaltungsverfahren beantworten. Generell wird die Behörde bei rechtsunkundigen Beteiligten ein erhöhtes Maß an Betreuung leisten müssen; eine Rolle spielt auch, in welcher Weise Rechtspositionen der Beteiligten in einer für die Behörde erkennbaren Weise betroffen sind.[83]
Beispiel:
Hinweis auf Ausschlussfristen in einem subventionsrechtlichen Verwaltungsverfahren.
36
Rechtsfolgen fehlerhafter Beratung oder Auskunft. Die Rechtsprechung verlangt, dass eine Beratung oder Auskunft (unabhängig davon, ob dies im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens oder darüber hinausgehend im Wege des pflichtgemäßen Ermessens geschieht) vollständig, richtig und unmissverständlich erfolgt. Eine fehlerhaft erteilte Auskunft kann zu einer Einstandspflicht der Körperschaft nach den Grundsätzen der Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB) führen[84], dagegen ist es nicht zulässig, einen aufgrund unzureichender behördlicher Beratung anders gestellten Antrag materiell-rechtlich umzudeuten.[85] Allerdings kann im Einzelfall bei Bestehen einer Beratungs- und Aufklärungspflicht eine objektiv fehlerhafte, aber auch eine unklare oder irreführende Auskunft zu Gunsten des Betroffenen dazu führen, ein „unverschuldetes Hindernis“ für die Fristüberschreitung einer Antragstellung anzunehmen.[86] In speziellen Verwaltungsverfahren, insbesondere dem Sozialverwaltungsrecht, kann eine fehlerhafte Auskunft oder Beratung zu einem Folgenbeseitigungsanspruch in der Form des sog. „sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs“ führen.[87] Eine Übertragung dieser Haftungsgrundsätze auf das allgemeine Verwaltungsverfahrensrechtsverhältnis wird abgelehnt.[88]
B. Allgemeine Grundsätze, Subjekte und Ablauf des Verwaltungsverfahrens › I. Allgemeine Grundsätze des Verwaltungsverfahrens › 8. Fristen, Termine und Wiedereinsetzung