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2.4.2. Der Fehlschluss vom Sein auf das Sollen: David Hume
ОглавлениеIm frühen 18. Jahrhundert hat der englische Philosoph David Hume [1711-1776] geschrieben:
„In jedem Moralsystem, das mir bisher vorkam, habe ich immer bemerkt, dass der Verfasser eine Zeitlang in der gewöhnlichen Betrachtungsweise vorgeht (…). Plötzlich werde ich damit überrascht, dass mir anstatt der üblichen Verbindungen von Worten mit ‚ist‘ und ‚ist nicht‘ kein Satz mehr begegnet, in dem nicht ein ‚sollte‘ oder ‚sollte nicht‘ sich fände. Dieser Wechsel vollzieht sich unmerklich; aber er ist von größter Wichtigkeit. Dies sollte oder sollte nicht drückt eine neue Beziehung oder Behauptung aus (…). [Ich] erlaube mir, [diese Vorsicht] meinen Lesern zu empfehlen; ich bin überzeugt, dass dieser kleine Akt der Aufmerksamkeit alle gewöhnlichen Moralsysteme umwerfen (…) würde (…)“. – Kurz: Aus dem „ist“ lässt sich kein „soll“ folgern (Hume 1739/40; Buch III, Abschnitt 1, S. 211f.).
Der Fehlschluss vom Sein zum Sollen wird häufig und in den verschiedensten Zusammenhängen begangen. Der Grund ist naheliegend: Die Bilder, die wir uns von Menschen, von der Gesellschaft, von der Natur usw. machen, sind in der Regel nicht wertfrei, sondern wertgeladen.
In diesen Zusammenhang sei an das alttestamentliche Bildnisverbots erinnert: Bilder, die wir uns von Personen machen, sind fast immer wertend. Sie verleiten uns zu Urteilen, die die Betroffenen ihrer Freiheit berauben, sie entweder abqualifizieren oder auf etwas Bestimmtes festnageln.