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2.4.4. Das Wertfreiheitspostulat (Max Weber)

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Bis in die frühen achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts war das Postulat der Wertfreiheit hoch im Kurs. Dieses Postulat, das auf Max Weber [1864-1920] zurückgeht (Weber 1904 und 1917), stützt sich auf die Annahme, Wissenschaft sei wertfrei, und fordert, dass sie wertfrei betrieben werden solle. Die Wissenschaft – so Weber – erforsche nur Mittel-Zweck-Beziehungen. Es könne also „niemals Aufgabe einer Erfahrungswissenschaft sein (…), bindende Normen und Ideale zu ermitteln, um daraus für die Praxis Rezepte ableiten zu können“ (Weber 1904, S. 149).

Wertungen hängen immer von einer subjektiven Einschätzung ab: „Es gibt keine schlechthin ‚objektive‘ wissenschaftliche Analyse des Kulturlebens (…) unabhängig von speziellen und ‚einseitigen‘ Gesichtspunkten“ (a.a.O., S. 170). Die Geltung von Werten „zu beurteilen, ist Sache des Glaubens“ (a.a.O., S. 152). – Da die Wissenschaft keine Werte liefere, sei eine verbindliche Erkenntnis von Werten unmöglich.

Wie ist diese These selbst zu beurteilen? Karl-Raimund Popper [1902-1994] hält Weber zwei Argumente entgegen:

1. „Wir können dem Wissenschaftler nicht seine Parteilichkeit rauben, ohne ihm auch seine Menschlichkeit zu rauben. Ganz ähnlich können wir nicht seine Wertungen verbieten oder zerstören, ohne ihn als Menschen und als Wissenschaftler zu zerstören“ (Popper 1969, S. 114).

2. Die „Wertfreiheit selbst [ist] ein Wert“ – so, wie auch Wahrheit ein Wert ist – ein innerwissenschaftlicher Wert. Popper folgert: Webers „Forderung der unbedingten Wertfreiheit [ist] paradox“ (a.a.O., S. 115).

Dieser Befund ist nicht weiter erstaunlich. Denn wenn wir festlegen wollen, was Wissenschaft ist, was sie tun darf oder tun muss usw., können wir Tatsachen, Werte und Normen nicht immer systematisch auseinander halten. Dies zeigt sich auch am Wertfreiheitspostulat selber: Die Behauptung, gute Wissenschaft sei wertfrei, erweist sich selber als Zwitterding zwischen einer Aussage und einer Vorschrift.

Popper schlägt deshalb vor, zwischen persönlichen und wissenschaftlichen Wertfragen („nach Wahrheit, Relevanz, Einfachheit und so weiter“) zu unterscheiden und sie nicht zu vermengen. Es sei „eine der Aufgaben der wissenschaftlichen Kritik (…), [solche] Wertvermischungen bloßzulegen und die rein wissenschaftlichen Wertfragen (…) von außerwissenschaftlichen Fragen zu trennen“ (ebd.).

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