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Der Alte Zürichkrieg

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Mit dem Tod Friedrichs VII., des Grafen von Toggenburg, erlosch 1436 eines der letzten hochadligen Geschlechter auf Schweizer Gebiet. Er hinterliess Besitzungen, die sich südlich des Bodensees im Rheintal und zwischen dem Zürichsee und Davos befanden. Für Zürich war dies die zentrale Verkehrsachse zu den Bündner Pässen und damit nach Süden. Für Schwyz dagegen bildete dieses Gebiet die Brücke zu den verbündeten, sozial und kulturell nahestehenden Appenzellern. Wegen dieser strategischen Bedeutung hatten die Schwyzer bereits 1417 Friedrich VII. von Toggenburg in ihr Landrecht aufgenommen, während seine Gemahlin und Universalerbin Elisabeth 1433 Zürcher Ausburgerin wurde. Als Friedrich ohne Kinder und ohne Testament starb, standen sich damit zwei Parteien mit vertretbaren, aber nicht soliden Erbansprüchen gegenüber. Schwierig wurde die Lage Zürichs, als die Ausburgerin Elisabeth auf ihr Erbe verzichtete. Damit gerieten die Gebiete zwischen Zürich- und Walensee (Grafschaft Uznach, Vogtei Windegg/Gaster) an Schwyz und seinen engsten Verbündeten Glarus, die sie fortan als Gemeine Herrschaft verwalteten. Die Zürcher reagierten 1438 mit einer Kornsperre. Da die Innerschweizer Viehzüchter existenziell von Getreidelieferungen abhängig waren, entstand daraus der Alte Zürichkrieg (1440-1450), in dem sich die übrigen Eidgenossen auf die Seite der Schwyzer stellten. Insbesondere wollte Bern verhindern, dass sich Zürich ähnlich erfolgreich in den Alpenraum vorschob wie es selbst.

Allein gelassen, schaute sich Zürich nach ersten Niederlagen und einem erzwungenen Frieden nach neuen Verbündeten um. Die «keiserliche Stadt», wie sie sich seit Sigismunds Privilegien von 1433 nannte, ging dazu den König und späteren Kaiser Friedrich III. an – mit dem aber seit 1440 wieder ein Habsburger im Reich herrschte. Friedrich war interessiert, einerseits als Pfandherr einiger Gebiete des verstorbenen Grafen von Toggenburg; andererseits deshalb, weil er die Habsburger Stammlande zurückgewinnen wollte. Damit und ebenso mit der Rückgabe der Grafschaft Kyburg erklärten sich die Zürcher im Bündnis einverstanden, das sie mit Friedrich im Juni 1442 «ze ewiger zit» schlossen.

Trotz österreichischer Hilfe blieb Zürich in der Defensive. Nachdem es die Vorladung zu einem Schiedsgericht verweigert hatte, das im Bundesvertrag vorgesehen war, verwüsteten die Eidgenossen das Umland. Der Wortführer gegen Schwyz, Bürgermeister Rudolf Stüssi, fiel vor den Toren der Stadt in der Schlacht bei St. Jakob an der Sihl, die Besatzung der Zürcher Festung Greifensee wurde nach der Eroberung hingerichtet. Dieser «Mord von Greifensee» erregte viel Aufsehen, weil bisher ähnliche Bluttaten unter Eidgenossen unterblieben waren. Entlastung ergab sich dank einer anderen «Schlacht von St. Jakob», an der Birs in der Nähe von Basel, wo gleichzeitig (von 1431 bis 1449) das Konzil tagte. An der Birs stellten sich gut tausend Eidgenossen den Armagnaken in den Weg, Söldnern des französischen Thronfolgers, des späteren Ludwig XI. In einer Ruhepause des Hundertjährigen Kriegs zogen sie plündernd gegen das Mittelland, wozu Friedrich III. sie aufgefordert hatte. Die eidgenössischen Truppen wurden zwar völlig aufgerieben, doch verzichtete der Dauphin auf den weiteren Vormarsch. Nachdem König Friedrich III. den Reichskrieg ausgerufen hatte, griff stattdessen sein Bruder, Erzherzog Albrecht VI., der Regent in den Vorlanden, mit südwestdeutschen Adligen zusammen in die Kämpfe ein, die sich nun als Entscheidung zwischen habsburgischer Nobilität und «Schwyzer» Bauern präsentierten. Militärisch blieb es aber beim Patt, bis Bern als unumgänglicher, da mächtiger Vermittler 1450 einen Frieden herbeiführte, der Zürich fast alle besetzten Gebiete ohne Kriegsentschädigung zurückgab. Auch die Landvogtei Kyburg kam als Pfand wieder dauerhaft an die Stadt. Dies war ein Grundzug selbst der bittersten Kriege unter Eidgenossen und sollte es bleiben: Am territorialen Besitzstand der Verlierer wurde im Prinzip nicht gerüttelt, wie der Blick auf die heutigen Kantonsgrenzen lehrt, die zumeist jahrhundertealten Linien folgen. Die Bünde konnten nur dauerhaft werden, wenn sie die gemeinsame Sicherung der einzelörtischen Herrschaft gewährten. Expansion auf Kosten anderer Orte musste diesen Grundkonsens zerstören.

Entgegen der Zürcher Leseweise der älteren Bundesbriefe wurde jedoch die dort vorbehaltene Bündnisfreiheit eingeschränkt, sodass Zürich seine Allianz mit Österreich auflösen musste. Diese Verbindung wurde als Verstoss gegen die eidgenössischen Pflichten interpretiert, weil inzwischen Habsburg in der Argumentation der Innerschweizer zu einem historischen Erbfeind stilisiert wurde, gegen den bereits die Bündnisse des 14. Jahrhunderts gerichtet gewesen seien. Diese hatten indes ganz unterschiedliche, zeitbedingte Ziele und vor allem kein langfristiges Gesamtkonzept verfolgt, sondern gegenseitige Kontrolle und Absicherung der Herrschaftsinteressen gegen innen und aussen. Das konnte grundsätzlich ebenso gut mit wie gegen Habsburg geschehen. Die Zürcher hatten Ersteres versucht, und das machte sie im Innerschweizer Rückblick zu abtrünnigen Verrätern, die einen «Bürgerkrieg» provoziert hatten – ein Bild, das im künftigen Geschichtsverständnis der Schweizer haften blieb.

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