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1450: vom offenen zum ausschliesslichen Bündnis
ОглавлениеTatsächlich musste die Reichsstadt Zürich zwischen zwei problematischen, aber legitimen Optionen wählen, die ihrer Schaukelstellung seit dem 14. Jahrhundert entsprachen: hier die Eidgenossen um die aggressiven Landleute von Schwyz, dort die auf Revanche bedachten Habsburger, die als adlige, ja königliche Fürsten die natürliche Ordnungsmacht in diesem Reichsgebiet gewesen wären. Folgerichtig drängten jetzt gerade die Schwyzer darauf, dass die Landfriedensbünde des 14. Jahrhunderts eine neuartige, exklusive Verbindlichkeit erhielten, welche die acht Orte am 24. August 1450 in Einsiedeln durch einen gemeinsamen Eid erneuerten. Zudem wurden der Luzerner-, Zürcher- und Zugerbund unter dem ursprünglichen Datum neu ausgestellt – nun aber ohne den Vorbehalt der österreichischen Rechte. Die Originalverträge, in denen er festgehalten war, wurden jetzt vernichtet. Die Glarner mussten noch bis 1473 warten, ehe ein ebenfalls zurückdatierter Bundesbrief die nicht sehr freundeidgenössischen Bestimmungen des «bösen Bunds» von 1352 hinfällig machte.
Mit dem Frieden von 1450 trat die Eidgenossenschaft «in einen neuen Aggregatzustand», aus einem lockeren Bündnisgeflecht wurde ein geschlossener «Bündnisverbund» (Bernhard Stettler). Dies war für das politische Überleben der Eidgenossenschaft unabdingbar in einer Zeit, in der die lockeren Städtebünde gegenüber den erstarkenden Fürstenstaaten rasch an Bedeutung verloren. Wie offen die Situation war, zeigte die Fehleinschätzung der Stadt Bremgarten, die auf der Seite Zürichs und Habsburgs kämpfte und 1443 angeboten bekam, sich als eigener Ort der Eidgenossenschaft anzuschliessen, anstatt belagert (und schliesslich erobert) zu werden. Die Bremgarter lehnten ab, weil sie dachten, «die eydgnosschafft wurde kein bestand haben, und wann si ein ort weren, so möchten si nachmalen desterbas [umso eher] wider vom seyl fallen». Hätten die Bremgarter recht behalten, hätten Zürich, Bern und Luzern sich mit anderen Reichsstädten zurechtfinden und möglicherweise ihr Territorium weiter ausdehnen können, etwa zulasten der Landorte. Von denen wurde dagegen allein Schwyz an den Reichstag eingeladen. Es konnte aber ebenso wenig wie die anderen Landorte erwarten, dass die revanchistischen Habsburger, die fortan fast durchgehend den Kaiser stellen sollten, seine Herrschaftsrechte schützen würden. Doch seit 1450 waren diese in den alt-neuen Bünden mit den Städten fest begründet. Das bundesgemässe Recht der Eidgenossenschaft setzte sich durch, das auf Verhandlungen und Schiedsgerichten fusste und den Innerschweizern mehr Einfluss versprach als die gelehrte, römischrechtliche Jurisprudenz im Reich, die den Zürcher Kaufleuten wohl eher entsprach.