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Im folgenden Jahr ging Ben als haushoher Favorit in die Tour. Die Vorbereitungsphase war „ordentlich“ verlaufen, wie es aus Insiderkreisen hieß. Den Winter hatte er mit zwei leichten Erkältungen und ein paar Tagen Trainingsausfall überstanden und im Juni die Tour de Suisse gewonnen. Es gab eine Reihe ernstzunehmender Konkurrenten, allen voran waren das ein Spanier und ein Italiener, die aber beide als schwächere Zeitfahrer galten. Ben würde die eine oder andere Sekunde in den Bergen verlieren, in der Endabrechnung aber vorne bleiben. Die Zeichen standen also wieder auf Sieg, zumal auch seine Mannschaftskollegen auf hohem Niveau fuhren und helfen würden, wenn es einmal eng werden sollte.

Die Tour begann und Ben gewann das erste Zeitfahren, aber nur denkbar knapp vor Johnny Mulligan, einem irischen Fahrer im Dienst der amerikanischen Mannschaft ArgusOne. Er war kein Unbekannter, aber so stark hatte ihn niemand auf der Rechnung gehabt, zumal er, von schmächtiger Statur und relativ leicht, kein geborener Zeitfahrer war. Mulligan war einer, auf den man schauen musste, aber er war kein Grund zu echter Besorgnis.

In den Pyrenäen wurden erste Ausrufezeichen gesetzt. Am letzten Anstieg zum Col du Tourmalet hatte sich eine Gruppe von zehn Fahrern gebildet, die sechs Kilometer vor dem Ziel ein Ausscheidungsrennen begannen. Ben fuhr am Hinterrad von Juan Pedro Gonzales und Francesco Pellegrini, seinen größten Konkurrenten um den Gesamtsieg. Es folgten Benito Carlos, ein starker Mann von Team Albistar, und Johnny Mulligan. An einer Rampe mit zwölf Prozent Steigung sprang Gonzales vier Kilometer vor dem Ziel weg, Pellegrini ließ abreißen und Ben fuhr mit Carlos und Mulligan im Schlepptau hinterher. Gonzales war bald wieder eingeholt, aber nun trat Mulligan an, und er tat es, als habe er eine Rakete gezündet. Die Rechtskurve nahm er extrem eng, wodurch er einige Meter gewann, um den Preis einer noch höheren Steigung, die ihm aber nichts anzuhaben schien. Er kurbelte die schwere Übersetzung wie eine Wassermühle und manchmal war es, als hebe er ab, es war einfach unglaublich. Ben gelang es, einige Meter zwischen sich und die Verfolger zu bringen, aber an Mulligan kam er nicht heran.

Waitz brüllte minutenlang ins Mikrofon, aber ohne Wirkung. Ben hörte nicht mehr. Reize unterhalb der Schmerzschwelle kann nicht wahrnehmen, wer sich auf der anderen Seite befindet, am Anschlag, dort wo Höllenfeuer lodern.

Als Ben das Ziel erreichte, gab Mulligan bereits sein erstes Interview.

Ben verschwand im Mannschaftswagen, so schnell er konnte. Nach Reden war ihm nicht zumute, man hätte ihn ohnehin nur nach Mulligans Leistung gefragt. Bei der obligatorischen Urinabgabe begegnete er seinem Bezwinger noch einmal. Für einen kurzen Moment kreuzten sich ihre Blicke.

In der folgenden Nacht lag Ben lange wach. Das unverschämte Grinsen des Iren ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Es war ihm völlig schleierhaft, weshalb er, Ben Abraham, der Stärkste von allen, das Grinsen dieses Iren nicht aus dem Kopf bekam.

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