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„Der irische Hammer schlägt zu“, „Mulligan demütigt Abraham!“, „Veni, Vidi, Mulligan“, „Mulligan entreißt Abraham die Krone des Radsports“. So titelten die Gazetten an diesem neunzehnten Juli 2012. Sie schrieben, dass Mulligan sich von in kurzen, harten Antritten von Abraham, Pellegrini und Carlos gelöst hatte, und von breiten Lücken zwischen ihm und den Verfolgern. Sie schrieben darüber, wie Mulligan sich umgedreht, den leidenden Abraham angesehen hatte. Von lässiger Überlegenheit im Blick des Iren war zu lesen, und davon, dass Abraham fröstelte unter seinem eisigen Hauch.

Abends noch rasten Bens Gedanken. Wie konnten sie wissen, ob ihn fröstelte, ob ihm heiß war oder kalt im Anblick Mulligans, wie konnten sie auch nur ansatzweise ermessen, wie er sich fühlte? In einem wütenden Impuls griff er nach der Nachttischlampe, er war wie ein Tier, das von einem Jäger gehetzt und in äußerste Not gekommen war. Vom Krach der zerschellenden Lampe beunruhigt, eilten zwei Mannschaftskollegen herbei, die, wie sie später berichteten, Abraham in einem grauenhaften Zustand vorfanden, das Gesicht verwelkt wie das eines sterbenden Alten. Den ratlosen Männern blieb nur der Rückzug, in diesem Zustand war dem Jungen nicht beizukommen.

Langsam beruhigte sich Ben, seine Gedanken ordneten sich. Wo waren die Ärzte? Noch war es nicht zu spät, noch war die Tour nicht verloren. Zwei, drei Gelegenheiten zur Revanche blieben noch, und die wollte er nutzen, koste es, was es wolle. Ben wollte in Gelb nach Paris, und er wollte es mehr als alles in der Welt, und wenn er seine Seele dafür opferte, das Gelbe Trikot war es wert und viel mehr noch als das.

Mit Hilfe von Dr. Maler, einem jungen Assistenzarzt aus Nürnberg, verschaffte Ben sich Zutritt zu dem Zimmer, in dem die Medikamente lagerten. Ben hatte ihm mit Entlassung gedroht, falls Maler ihm nicht helfen wolle; er war sich für keine Erpressung zu schade. Als dies nicht half, bot er fünftausend Euro. Daraufhin stimmte Maler zu, er stand Schmiere, während Ben sich an dem Kühlschrank, der mit einem Metallschloss versehen war, zu schaffen machte. Endlich gab das Schloss nach, Ben wurde fündig und beide schlichen verstohlen auf ihre Zimmer zurück.

Ben klebte sich Testosteronpflaster auf die Hoden. Die Hose hing ihm noch über die Knie, als es an der Zimmertür klopfte. Er erschrak, doch schon stand der Eindringling im Raum. Wortloses Staunen, dann ungläubige Blicke, die durch das Zimmer flogen.

Der Sturm brach los: „Was machst du da, um Gottes willen, was machst du denn da?“, rief der Teamchef entgeistert, und dann ging er auf den armen Jungen los, der, hilflos wie ein Kind der väterlichen Wut auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, sich die Hose bis zu den Füßen herunterziehen ließ.

Ben war mehr tot als lebendig. Waitz riss die Pflaster ab, schleuderte sie schäumend in den Mülleimer. „Wie lange hast du das schon auf den Eiern, du Idiot? Hast du auch nur den Schimmer einer Ahnung, wie schnell du auffliegst, wenn du das drauflässt? Die kriegen dich am selben Tag noch, du ... ich kann es nicht glauben! Wie dumm, um alles in der Welt ...“ Hier versiegten dem Teamchef die Worte.

Ben versuchte Rechtfertigung: Er öffnete den Mund, heraus kam unverständliches Gestammel.

„Halt die Klappe, halt bloß die Klappe!“, schrie Waitz. „Wie lange war das Pflaster drauf, sagʼs mir!“

Ben sagte, fünf Minuten vielleicht, er habe es eben erst draufgetan.

„Dann wollen wir bloß hoffen, dass das nicht schon zu lange war! Ich hole jetzt Liebermann und du rührst dich nicht von der Stelle, hast du verstanden!“

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