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Heute standen die letzten Berge bevor, danach sollte das lange, abschließende Zeitfahren erfolgen. Die Teamsitzung war kürzer als üblich ausgefallen.

Waitz befahl Angriff und bedingungslose Hingabe. Ben lag dreieinhalb Minuten hinter Mulligan und vierzig Sekunden hinter Pellegrini. Der Etappensieg musste her, und das Minimalziel der Mannschaft war, eine Lücke zwischen Ben und Mulligan zu reißen. Pellegrini könne man als schlechteren Zeitfahrer zur Not wegfahren lassen, Mulligan nicht. Während Waitz den Plan vortrug, studierte der Mannschaftsarzt eine Liste mit den aktuellen Leistungsdaten seiner Fahrer. Sein Blick verriet tiefe Besorgnis. Würde es reichen, um diesen Mulligan in Schach zu halten?

Drei Stunden später wusste man Bescheid. Mulligan rollte als Zweiter zeitgleich mit einem Ausreißer, den er eingeholt hatte, ins Ziel, weit vor Ben, der Vierter wurde. Ein kurzer Handschlag, Konvention nach hartem Kampf, und dann das schmerzfreie Gefühl der hoffnungslosen Leere. Enttäuschung, Bitterkeit und Neid – noch waren es ferne, kaum greifbare Empfindungen, die im Dämmerschlaf auf dem Massagebett verborgen lagen, sich aber zeigen würden, wenn die Lebensgeister zurückkämen und die Fahrer, die Ereignisse des Tages rekapitulierend, endlich begriffen, was vorgefallen war.

Ben begriff es nicht. Um ein Uhr nachts stand er auf, klingelte den Teamleiter aus dem Bett und verlangte eine Unterredung. Waitz wies ihn zurück. Worauf Ben den Fuß in die Tür schob und sie gewaltsam aufdrückte. Waitz stieß Ben eine Hand vor die Brust. Wütend packte der seinen Teamchef am Arm.

„Verdammt noch mal, was denkst du, wer du bist!“, schrie Ben. „Die verdammte Transfusion war völlig wertlos; dieser Bastard hätte noch schneller fahren können.“

Waitz zog Ben ins Zimmer.

„Bist du verrückt geworden? Kommst hier rein und setzt mir die Pistole auf die Brust, du dummer Junge? Ein Wort von mir und du siehst kein Land mehr, in der Gosse landest du, kannst für den Rest deines Lebens Tüten kleben in dem Dreckloch, wo du herkommst!“

Ben sah die Wand an.

„Schau mir in die Augen, wenn ich mit dir rede, du Feigling! Ein großer Champion willst du sein, was? Sieh dich doch an, ein Rüpel bist du! Glaubst du im Ernst, wir wüssten nicht, was das Stündlein geschlagen hat? Mulligan hat was Neues, die Amerikaner haben was Neues, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Niemand fährt den Tourmalet mit 460 Watt hoch, niemand, nicht mit herkömmlichen Mitteln.“

Ben setzte sich aufs Bett und kratzte sich am Hals.

„Ja, kratz dich nur, mein Kleiner, du hast richtig gehört. 460 Watt, 40 Minuten lang hat der das getreten. Bei dir warenʼs 440, und du bist optimal eingestellt. Mulligan hat was Neues, sag ich, und damit basta. Was das für uns bedeutet ... wir werden sehen. Aber die Tour ist verloren.“

In Bens Augen standen Tränen der Wut und der Enttäuschung.

„Ja, heul du nur“, spottete der Teamchef, „und find dich damit ab, die Tour ist weg!“ Nachdenklich fügte er hinzu: „Aber nächstes Jahr, verlass dich drauf, da sehen wir uns alle wieder.“

Waitz zog die Jalousien zurück und öffnete das Fenster. Die Nacht war mild und hell und sternenklar. Waitz sah zum Himmel, sein Blick fixierte die Sterne, seine Lippen zuckten leise, als halte er Zwiesprache mit den Göttern. „Nächstes Jahr“, sagte er laut, „packen wir ihn beim Schlafittchen, den sauberen Herrn Mulligan! Du gehst gut trainieren und wir besorgen uns, was der hat, und dann wirst du ihn von der Platte putzen, den sauberen Herrn Mulligan. Den fegst den von der Piste, so wahr ich Eduardo heiße!“

Gelbfieber

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