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Um an brauchbare Informationen über den Fortgang der Ermittlungen zu kommen, musste ich behutsam vorgehen. Ich hatte begriffen, dass mein Protest dem Wunsch nach Aufklärung zuwiderlief. Die Polizei durfte auf keinen Fall zu dem Schluss kommen, ich hätte die Kontrolle über mich verloren. Also meldete ich mich bei der die Ermittlung führenden Dienststelle nur noch einmal pro Woche.

Der Verzicht auf die täglichen Anrufe hatte jedoch Folgen für die Beziehung zu meiner Frau. Es fehlte ein Behältnis, das unsere Verzweiflung auffing, es fehlte ein Fenster zur Außenwelt, die Licht spendende Kraft der täglichen Auseinandersetzung mit den spärlichen Informationen, die uns zugänglich waren, es fehlte ein Stück Hoffnung und es tat sich ein Abgrund auf, den wir beide mit den gleichen wirkungslosen Mitteln zu überbrücken suchten.

Bald begannen gegenseitige Schuldzuweisungen, und nur allzu schnell war der Punkt erreicht, an dem die Vorwürfe, mit denen wir uns gegenseitig quälten, unverzeihlich wurden; wir waren am Kern des gemeinsamen Traumas angelangt.

Bereits vor Monaten hatten wir für dieses Frühjahr einen Urlaub geplant. Hierzu warf Natalie mir Folgendes vor:

„Hättest du nicht immer nur an deine blöde Arbeit gedacht, dann könnten wir jetzt alle zusammen auf Teneriffa im Café sitzen und Cocktails schlürfen. Wir würden im Atlantik baden und am Strand ihren Geburtstag feiern. Und sie würde uns anrufen, mit ihrem eigenen Handy. Du weißt schon, das kleine grüne mit dem coolen Display, das du partout nicht kaufen wolltest, weil du glaubtest, mit acht sei sie zu jung dafür. Aber das war sie nicht. Ein paar Monate früher … sie wäre damit zur Schule gegangen … man hätte es doch orten können!

Ich konterte: „Orten? In einem Mülleimer vielleicht, oder im See? Gibst du etwa mir die Schuld an Carolinas Entführung? Du bist ja verrückt. Das wäre doch alles nicht passiert, wenn du nicht seit Jahren zu faul wärst, sie von der Schule abzuholen.“

Ich sah in ein Gesicht aus grauem Granit. Natalie verließ wortlos den Raum.

Am nächsten Tag war sie fort.

Ich machte mir aber nicht viel daraus, ging stattdessen in die Universitätsbibliothek, ließ mir Bücher über forensische Psychiatrie aushändigen und versank unter der Last der Lektüre alsbald in eine Art wacher Winterstarre, ein durch und durch unwirklicher Zustand. So verharrte ich über Stunden.

Am 25. April rief mich der örtliche Ermittlungsleiter an und erklärte, dass man in Stockach einen Mann gefasst habe, der aller bis dahin vorliegenden Erkenntnis nach der Täter sein könnte. Man habe ihn im Garten seines Hauses am Stadtrand verhaftet. Er habe sich nicht zur Wehr gesetzt und sei freiwillig, auf eine eigenartige Weise heiter gestimmt, in den Wagen gestiegen.

Der Schlitten

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